sey nicht ins Beth gekommen, sagte das Kind im Augenblik, o mein Gott, -- o mein Gott! es hat gefehlt, und raufte sich die Haare, und konnte fast nicht erzehlen, daß er gerad ehe es eingeschlafen, wie Abschied von ihm genoh- men, und vor schwerem Herzen fast nicht mehr zur Kammer hinaus können.
Jezt trägt das arme Kind Tag und Nacht, wo es gehet und stehet, den guten Vater im Herzen, und wenn die Mutter um Mitternacht meynt, es schlafe in seinem Beth, so ist es in der einsamen Wildniß bey seinem Grab.
Das liegt zwischen Felsen und Dornen; ob ihm ist eine steile Bergwand, und unter ihm ein Abgrund. Ein schwarzer Bach mit grauem Schaum rauschet neben dem Grab hin, und fällt unter ihm in ein Beken in Abgrund. Zwi- schen alten Tannen und grauen Eichen, ist der weite Himmel hier eng, und die Morgensonne kommt erst gegen Mittag von der Felswand herab, und bald Nachmittag verbirgt sie sich wieder hinter den Buchen. Da auf moosigten Steinen liegt das Kind ganze Nächte.
Und hat zwischen Dornen und Steinen auf seinem Grab, und rund herum Blumen ge- pflanzet, so viel und so schön, als in diesem Schattenloch wachsen. -- Blaue Veilchen, blasse grünlichte Tulpen, helle weisse Sternen- blumen, blasse rothe Rosen; -- in der Mitte
O
ſey nicht ins Beth gekommen, ſagte das Kind im Augenblik, o mein Gott, — o mein Gott! es hat gefehlt, und raufte ſich die Haare, und konnte faſt nicht erzehlen, daß er gerad ehe es eingeſchlafen, wie Abſchied von ihm genoh- men, und vor ſchwerem Herzen faſt nicht mehr zur Kammer hinaus koͤnnen.
Jezt traͤgt das arme Kind Tag und Nacht, wo es gehet und ſtehet, den guten Vater im Herzen, und wenn die Mutter um Mitternacht meynt, es ſchlafe in ſeinem Beth, ſo iſt es in der einſamen Wildniß bey ſeinem Grab.
Das liegt zwiſchen Felſen und Dornen; ob ihm iſt eine ſteile Bergwand, und unter ihm ein Abgrund. Ein ſchwarzer Bach mit grauem Schaum rauſchet neben dem Grab hin, und faͤllt unter ihm in ein Beken in Abgrund. Zwi- ſchen alten Tannen und grauen Eichen, iſt der weite Himmel hier eng, und die Morgenſonne kommt erſt gegen Mittag von der Felswand herab, und bald Nachmittag verbirgt ſie ſich wieder hinter den Buchen. Da auf mooſigten Steinen liegt das Kind ganze Naͤchte.
Und hat zwiſchen Dornen und Steinen auf ſeinem Grab, und rund herum Blumen ge- pflanzet, ſo viel und ſo ſchoͤn, als in dieſem Schattenloch wachſen. — Blaue Veilchen, blaſſe gruͤnlichte Tulpen, helle weiſſe Sternen- blumen, blaſſe rothe Roſen; — in der Mitte
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ſey nicht ins Beth gekommen, ſagte das Kind
im Augenblik, o mein Gott, — o mein Gott!
es hat gefehlt, und raufte ſich die Haare, und
konnte faſt nicht erzehlen, daß er gerad ehe es
eingeſchlafen, wie Abſchied von ihm genoh-
men, und vor ſchwerem Herzen faſt nicht mehr
zur Kammer hinaus koͤnnen.
Jezt traͤgt das arme Kind Tag und Nacht,
wo es gehet und ſtehet, den guten Vater im
Herzen, und wenn die Mutter um Mitternacht
meynt, es ſchlafe in ſeinem Beth, ſo iſt es in der
einſamen Wildniß bey ſeinem Grab.
Das liegt zwiſchen Felſen und Dornen; ob
ihm iſt eine ſteile Bergwand, und unter ihm ein
Abgrund. Ein ſchwarzer Bach mit grauem
Schaum rauſchet neben dem Grab hin, und
faͤllt unter ihm in ein Beken in Abgrund. Zwi-
ſchen alten Tannen und grauen Eichen, iſt der
weite Himmel hier eng, und die Morgenſonne
kommt erſt gegen Mittag von der Felswand
herab, und bald Nachmittag verbirgt ſie ſich
wieder hinter den Buchen. Da auf mooſigten
Steinen liegt das Kind ganze Naͤchte.
Und hat zwiſchen Dornen und Steinen auf
ſeinem Grab, und rund herum Blumen ge-
pflanzet, ſo viel und ſo ſchoͤn, als in dieſem
Schattenloch wachſen. — Blaue Veilchen,
blaſſe gruͤnlichte Tulpen, helle weiſſe Sternen-
blumen, blaſſe rothe Roſen; — in der Mitte
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/231>, abgerufen am 25.11.2024.
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