Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Und wer dann das schönste wort zum Lob
des Bauernstands und zum Trost der Armen
gesagt, der mußte hinaufsizen, oben an Tisch
zum lieben Ahnherrn, und war ihm das ganze
Jahr durch wegen des Worts der liebste.

Während dem sie so erzählte, nahm der Jun-
ker die beste Flasche die in der Laube stuhnd,
und das größte Glas und schenkte einen Ro-
then ein, der dem Schweizerblut gleichet.

Und als sie ausgeredt, hielt er sein Glas
auch hoch wie der Ahnherr und sagte, Gott
segne die hölzernen Schüsseln, und die so dar-
aus essen!

Dann bot er Theresen den Becher, und sie
hielt ihn auch hoch auf wie die Ahnfrau, und
sagte: es geht dem Herzog wohl, und den Ed-
len im Land, wenn die hölzernen Schüsseln
gesegnet, und die so daraus essen.

Dann both sie ihn weiter, und ein jedes
mußte ein Wort sagen, zum Lob des Bauern-
stands und zum Trost der Armen.

Der Pfarrer sagte: stark und braun wird
der Bub der aus Holz ißt, und rund und schlank
wird das Mädchen, das keinen silbernen Löf-
fel wünscht.

Denn die Pfarrerin: die Milch macht feißt,
und das Brod macht stark, die Schüssel und
die Löffel sind nichts.

Der Rollenberger sagte: wer ohne Sor-

Und wer dann das ſchoͤnſte wort zum Lob
des Bauernſtands und zum Troſt der Armen
geſagt, der mußte hinaufſizen, oben an Tiſch
zum lieben Ahnherrn, und war ihm das ganze
Jahr durch wegen des Worts der liebſte.

Waͤhrend dem ſie ſo erzaͤhlte, nahm der Jun-
ker die beſte Flaſche die in der Laube ſtuhnd,
und das groͤßte Glas und ſchenkte einen Ro-
then ein, der dem Schweizerblut gleichet.

Und als ſie ausgeredt, hielt er ſein Glas
auch hoch wie der Ahnherr und ſagte, Gott
ſegne die hoͤlzernen Schuͤſſeln, und die ſo dar-
aus eſſen!

Dann bot er Thereſen den Becher, und ſie
hielt ihn auch hoch auf wie die Ahnfrau, und
ſagte: es geht dem Herzog wohl, und den Ed-
len im Land, wenn die hoͤlzernen Schuͤſſeln
geſegnet, und die ſo daraus eſſen.

Dann both ſie ihn weiter, und ein jedes
mußte ein Wort ſagen, zum Lob des Bauern-
ſtands und zum Troſt der Armen.

Der Pfarrer ſagte: ſtark und braun wird
der Bub der aus Holz ißt, und rund und ſchlank
wird das Maͤdchen, das keinen ſilbernen Loͤf-
fel wuͤnſcht.

Denn die Pfarrerin: die Milch macht feißt,
und das Brod macht ſtark, die Schuͤſſel und
die Loͤffel ſind nichts.

Der Rollenberger ſagte: wer ohne Sor-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0260" n="238"/>
        <p>Und wer dann das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te wort zum Lob<lb/>
des Bauern&#x017F;tands und zum Tro&#x017F;t der Armen<lb/>
ge&#x017F;agt, der mußte hinauf&#x017F;izen, oben an Ti&#x017F;ch<lb/>
zum lieben Ahnherrn, und war ihm das ganze<lb/>
Jahr durch wegen des Worts der lieb&#x017F;te.</p><lb/>
        <p>Wa&#x0364;hrend dem &#x017F;ie &#x017F;o erza&#x0364;hlte, nahm der Jun-<lb/>
ker die be&#x017F;te Fla&#x017F;che die in der Laube &#x017F;tuhnd,<lb/>
und das gro&#x0364;ßte Glas und &#x017F;chenkte einen Ro-<lb/>
then ein, der dem Schweizerblut gleichet.</p><lb/>
        <p>Und als &#x017F;ie ausgeredt, hielt er &#x017F;ein Glas<lb/>
auch hoch wie der Ahnherr und &#x017F;agte, Gott<lb/>
&#x017F;egne die ho&#x0364;lzernen Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;eln, und die &#x017F;o dar-<lb/>
aus e&#x017F;&#x017F;en!</p><lb/>
        <p>Dann bot er There&#x017F;en den Becher, und &#x017F;ie<lb/>
hielt ihn auch hoch auf wie die Ahnfrau, und<lb/>
&#x017F;agte: es geht dem Herzog wohl, und den Ed-<lb/>
len im Land, wenn die ho&#x0364;lzernen Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;eln<lb/>
ge&#x017F;egnet, und die &#x017F;o daraus e&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Dann both &#x017F;ie ihn weiter, und ein jedes<lb/>
mußte ein Wort &#x017F;agen, zum Lob des Bauern-<lb/>
&#x017F;tands und zum Tro&#x017F;t der Armen.</p><lb/>
        <p>Der Pfarrer &#x017F;agte: &#x017F;tark und braun wird<lb/>
der Bub der aus Holz ißt, und rund und &#x017F;chlank<lb/>
wird das Ma&#x0364;dchen, das keinen &#x017F;ilbernen Lo&#x0364;f-<lb/>
fel wu&#x0364;n&#x017F;cht.</p><lb/>
        <p>Denn die Pfarrerin: die Milch macht feißt,<lb/>
und das Brod macht &#x017F;tark, die Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el und<lb/>
die Lo&#x0364;ffel &#x017F;ind nichts.</p><lb/>
        <p>Der Rollenberger &#x017F;agte: wer ohne Sor-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0260] Und wer dann das ſchoͤnſte wort zum Lob des Bauernſtands und zum Troſt der Armen geſagt, der mußte hinaufſizen, oben an Tiſch zum lieben Ahnherrn, und war ihm das ganze Jahr durch wegen des Worts der liebſte. Waͤhrend dem ſie ſo erzaͤhlte, nahm der Jun- ker die beſte Flaſche die in der Laube ſtuhnd, und das groͤßte Glas und ſchenkte einen Ro- then ein, der dem Schweizerblut gleichet. Und als ſie ausgeredt, hielt er ſein Glas auch hoch wie der Ahnherr und ſagte, Gott ſegne die hoͤlzernen Schuͤſſeln, und die ſo dar- aus eſſen! Dann bot er Thereſen den Becher, und ſie hielt ihn auch hoch auf wie die Ahnfrau, und ſagte: es geht dem Herzog wohl, und den Ed- len im Land, wenn die hoͤlzernen Schuͤſſeln geſegnet, und die ſo daraus eſſen. Dann both ſie ihn weiter, und ein jedes mußte ein Wort ſagen, zum Lob des Bauern- ſtands und zum Troſt der Armen. Der Pfarrer ſagte: ſtark und braun wird der Bub der aus Holz ißt, und rund und ſchlank wird das Maͤdchen, das keinen ſilbernen Loͤf- fel wuͤnſcht. Denn die Pfarrerin: die Milch macht feißt, und das Brod macht ſtark, die Schuͤſſel und die Loͤffel ſind nichts. Der Rollenberger ſagte: wer ohne Sor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/260
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/260>, abgerufen am 24.11.2024.