Ich will euch diese Freude gern lassen, er- wiederte der Junker.
Ja, sagte die Reinoldin, wir haben heut schon im Sinn gehabt, ihnen zu lassen was unser ist. -- Aber wir haben gemeynt, weil die Kinder so unordentliche Eltern haben, so seye es ihnen besser, wir machen sie alles wieder zurükbringen, damit wir dazu sehen können, daß sie es in der Ordnung halten, aber wir hätten, es ihnen doch an den Son- tagen, oder wenn sie es sonst brauchen, wie- der gegeben.
Aber wollet ihr mir es nicht auch so machen, wenn ich ihnen etwas neues kaufe? sagte der Junker.
Warum das nicht? sagten die Weiber.
Und der Junker: -- es ist zehenmal mehr werth, als alles was man ihnen geben kann, wenn ihr sie lehret Sorge dazu zu tragen.
Diese Sorgfalt rührte den Junker. Er sagte den Weibern, ich bin euch Dank dafür schuldig, aber es ist fast eine Schand, wenn man Leuthen, die von sich selber etwas gutes thun, viel dafür danket. Aber dieses kann und muß ich euch doch sagen, daß ich alles, was ihr für die Armen in euerm Dorf thut, so aufnemme, wie wenn ihr es mir und meiner eigenen Haushaltung, und da dem lieben Bu- ben thun würdet.
Ich will euch dieſe Freude gern laſſen, er- wiederte der Junker.
Ja, ſagte die Reinoldin, wir haben heut ſchon im Sinn gehabt, ihnen zu laſſen was unſer iſt. — Aber wir haben gemeynt, weil die Kinder ſo unordentliche Eltern haben, ſo ſeye es ihnen beſſer, wir machen ſie alles wieder zuruͤkbringen, damit wir dazu ſehen koͤnnen, daß ſie es in der Ordnung halten, aber wir haͤtten, es ihnen doch an den Son- tagen, oder wenn ſie es ſonſt brauchen, wie- der gegeben.
Aber wollet ihr mir es nicht auch ſo machen, wenn ich ihnen etwas neues kaufe? ſagte der Junker.
Warum das nicht? ſagten die Weiber.
Und der Junker: — es iſt zehenmal mehr werth, als alles was man ihnen geben kann, wenn ihr ſie lehret Sorge dazu zu tragen.
Dieſe Sorgfalt ruͤhrte den Junker. Er ſagte den Weibern, ich bin euch Dank dafuͤr ſchuldig, aber es iſt faſt eine Schand, wenn man Leuthen, die von ſich ſelber etwas gutes thun, viel dafuͤr danket. Aber dieſes kann und muß ich euch doch ſagen, daß ich alles, was ihr fuͤr die Armen in euerm Dorf thut, ſo aufnemme, wie wenn ihr es mir und meiner eigenen Haushaltung, und da dem lieben Bu- ben thun wuͤrdet.
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Ich will euch dieſe Freude gern laſſen, er-
wiederte der Junker.
Ja, ſagte die Reinoldin, wir haben heut
ſchon im Sinn gehabt, ihnen zu laſſen was
unſer iſt. — Aber wir haben gemeynt, weil
die Kinder ſo unordentliche Eltern haben,
ſo ſeye es ihnen beſſer, wir machen ſie alles
wieder zuruͤkbringen, damit wir dazu ſehen
koͤnnen, daß ſie es in der Ordnung halten,
aber wir haͤtten, es ihnen doch an den Son-
tagen, oder wenn ſie es ſonſt brauchen, wie-
der gegeben.
Aber wollet ihr mir es nicht auch ſo machen,
wenn ich ihnen etwas neues kaufe? ſagte der
Junker.
Warum das nicht? ſagten die Weiber.
Und der Junker: — es iſt zehenmal mehr
werth, als alles was man ihnen geben kann,
wenn ihr ſie lehret Sorge dazu zu tragen.
Dieſe Sorgfalt ruͤhrte den Junker. Er
ſagte den Weibern, ich bin euch Dank dafuͤr
ſchuldig, aber es iſt faſt eine Schand, wenn
man Leuthen, die von ſich ſelber etwas gutes
thun, viel dafuͤr danket. Aber dieſes kann
und muß ich euch doch ſagen, daß ich alles,
was ihr fuͤr die Armen in euerm Dorf thut,
ſo aufnemme, wie wenn ihr es mir und meiner
eigenen Haushaltung, und da dem lieben Bu-
ben thun wuͤrdet.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/287>, abgerufen am 24.11.2024.
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