den Leuthen vor Hochmuth kaum guten Tag und gute Nacht sagen, gar lustig.
Sie hatten eine rechte Freude daran zu se- hen, wie er in seinem rothen Rok durch und durch naß werde, und bildeten sich ein, er mö- ge es keine Viertelstund erleiden, und werde ihnen augenbliklich rufen, ob ihm dann Nie- mand helfen könne?
Aber da er fortmachte, wie wenn keine Kaze, geschweige ein Mensch um ihn herumwohne, der ihm helfen könnte, und Haar und Kleid, und alles an ihm tropfte, und er immer noch keinen Schatten Ungeduld zeigte, und immer noch ein Kind nach dem andern hinüber lupfte, fiengen sie doch an hinter ihren Fensterscheiben zu sagen: -- er muß doch ein guter Narr seyn, daß er so lang fort macht, und wir müs- sen uns, scheint es doch, geirret haben; wenn er hochmüthig wäre, so hätte er schon lang aufgehört.
Endlich krochen sie gar aus ihren Löcheren hervor, stuhnden zu ihm zu, und sagten, sie haben es nur nicht eher gesehen, daß er sich so viel Mühe mache, er solle doch heimgehen, und sich troknen, und sie wollen die Kinder schon hinüber lupfen, mögen es eher am Re- gen erleiden als er, sie seyen sich eher gewohnt.
Noch mehr, sie wollen noch, eh die Schul aus seye, ein paar Tannen zuführen, daß wie- der ein Steg sey, wie vor altem.
den Leuthen vor Hochmuth kaum guten Tag und gute Nacht ſagen, gar luſtig.
Sie hatten eine rechte Freude daran zu ſe- hen, wie er in ſeinem rothen Rok durch und durch naß werde, und bildeten ſich ein, er moͤ- ge es keine Viertelſtund erleiden, und werde ihnen augenbliklich rufen, ob ihm dann Nie- mand helfen koͤnne?
Aber da er fortmachte, wie wenn keine Kaze, geſchweige ein Menſch um ihn herumwohne, der ihm helfen koͤnnte, und Haar und Kleid, und alles an ihm tropfte, und er immer noch keinen Schatten Ungeduld zeigte, und immer noch ein Kind nach dem andern hinuͤber lupfte, fiengen ſie doch an hinter ihren Fenſterſcheiben zu ſagen: — er muß doch ein guter Narr ſeyn, daß er ſo lang fort macht, und wir muͤſ- ſen uns, ſcheint es doch, geirret haben; wenn er hochmuͤthig waͤre, ſo haͤtte er ſchon lang aufgehoͤrt.
Endlich krochen ſie gar aus ihren Loͤcheren hervor, ſtuhnden zu ihm zu, und ſagten, ſie haben es nur nicht eher geſehen, daß er ſich ſo viel Muͤhe mache, er ſolle doch heimgehen, und ſich troknen, und ſie wollen die Kinder ſchon hinuͤber lupfen, moͤgen es eher am Re- gen erleiden als er, ſie ſeyen ſich eher gewohnt.
Noch mehr, ſie wollen noch, eh die Schul aus ſeye, ein paar Tannen zufuͤhren, daß wie- der ein Steg ſey, wie vor altem.
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den Leuthen vor Hochmuth kaum guten Tag
und gute Nacht ſagen, gar luſtig.
Sie hatten eine rechte Freude daran zu ſe-
hen, wie er in ſeinem rothen Rok durch und
durch naß werde, und bildeten ſich ein, er moͤ-
ge es keine Viertelſtund erleiden, und werde
ihnen augenbliklich rufen, ob ihm dann Nie-
mand helfen koͤnne?
Aber da er fortmachte, wie wenn keine Kaze,
geſchweige ein Menſch um ihn herumwohne,
der ihm helfen koͤnnte, und Haar und Kleid,
und alles an ihm tropfte, und er immer noch
keinen Schatten Ungeduld zeigte, und immer
noch ein Kind nach dem andern hinuͤber lupfte,
fiengen ſie doch an hinter ihren Fenſterſcheiben
zu ſagen: — er muß doch ein guter Narr
ſeyn, daß er ſo lang fort macht, und wir muͤſ-
ſen uns, ſcheint es doch, geirret haben; wenn
er hochmuͤthig waͤre, ſo haͤtte er ſchon lang
aufgehoͤrt.
Endlich krochen ſie gar aus ihren Loͤcheren
hervor, ſtuhnden zu ihm zu, und ſagten, ſie
haben es nur nicht eher geſehen, daß er ſich ſo
viel Muͤhe mache, er ſolle doch heimgehen,
und ſich troknen, und ſie wollen die Kinder
ſchon hinuͤber lupfen, moͤgen es eher am Re-
gen erleiden als er, ſie ſeyen ſich eher gewohnt.
Noch mehr, ſie wollen noch, eh die Schul
aus ſeye, ein paar Tannen zufuͤhren, daß wie-
der ein Steg ſey, wie vor altem.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/334>, abgerufen am 24.11.2024.
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