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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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Fehler den er bestrafen wollte, durch sich selber
abhelfen sollten.

Wer aus Trägheit fehlte, mußte ihm zu der
Schüzenmauer die er den grössern Buben bey
der Sandriesi machen wollte, Stein tragen,
oder Ofenholz in Vorrath spalten.

Der Vergeßliche mußte ihm Schulbott seyn,
und 3-4-5 Tag je nachdem er fehlte, ihm im
Dorf ausrichten, was er darinn auszurichten
hatte.

Er war mitten im Strafen gut mit den Kin-
dern und redte fast nie mehr mit ihnen, als
während sie ihre Strafe litten.

Ists dir nicht besser, sagte er denn oft zu dem
Vergeßlichen, du lehrest auch deine Sinnen
bey dem was du thust, beyeinander halten,
als daß du alle Augenblike alles vergessest,
und denn alles doppelt thun müssest? Und
man sah dann manchmal Kinder mit Thrä-
nen sich an ihn anschmiegen, und ihre zitternde
Hand in der seinen, ja! Lieber Herr Schul-
meister! zu ihm sagen. Gutes Kind, antwor-
tete ihm dann der Mann, weyne nicht! aber
gewöhne dich anderst, und sage deinem Vater
und deiner Mutter, sie sollen mir helfen, dir
deine Vergeßlichkeit oder deine Trägheit auch
abzugewöhnen.

Ungehorsam, der nicht Vergeßlichkeit war,
strafte er darmit daß er 2-3 und 4 Tag mit

Fehler den er beſtrafen wollte, durch ſich ſelber
abhelfen ſollten.

Wer aus Traͤgheit fehlte, mußte ihm zu der
Schuͤzenmauer die er den groͤſſern Buben bey
der Sandrieſi machen wollte, Stein tragen,
oder Ofenholz in Vorrath ſpalten.

Der Vergeßliche mußte ihm Schulbott ſeyn,
und 3-4-5 Tag je nachdem er fehlte, ihm im
Dorf ausrichten, was er darinn auszurichten
hatte.

Er war mitten im Strafen gut mit den Kin-
dern und redte faſt nie mehr mit ihnen, als
waͤhrend ſie ihre Strafe litten.

Iſts dir nicht beſſer, ſagte er denn oft zu dem
Vergeßlichen, du lehreſt auch deine Sinnen
bey dem was du thuſt, beyeinander halten,
als daß du alle Augenblike alles vergeſſeſt,
und denn alles doppelt thun muͤſſeſt? Und
man ſah dann manchmal Kinder mit Thraͤ-
nen ſich an ihn anſchmiegen, und ihre zitternde
Hand in der ſeinen, ja! Lieber Herr Schul-
meiſter! zu ihm ſagen. Gutes Kind, antwor-
tete ihm dann der Mann, weyne nicht! aber
gewoͤhne dich anderſt, und ſage deinem Vater
und deiner Mutter, ſie ſollen mir helfen, dir
deine Vergeßlichkeit oder deine Traͤgheit auch
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[316/0338] Fehler den er beſtrafen wollte, durch ſich ſelber abhelfen ſollten. Wer aus Traͤgheit fehlte, mußte ihm zu der Schuͤzenmauer die er den groͤſſern Buben bey der Sandrieſi machen wollte, Stein tragen, oder Ofenholz in Vorrath ſpalten. Der Vergeßliche mußte ihm Schulbott ſeyn, und 3-4-5 Tag je nachdem er fehlte, ihm im Dorf ausrichten, was er darinn auszurichten hatte. Er war mitten im Strafen gut mit den Kin- dern und redte faſt nie mehr mit ihnen, als waͤhrend ſie ihre Strafe litten. Iſts dir nicht beſſer, ſagte er denn oft zu dem Vergeßlichen, du lehreſt auch deine Sinnen bey dem was du thuſt, beyeinander halten, als daß du alle Augenblike alles vergeſſeſt, und denn alles doppelt thun muͤſſeſt? Und man ſah dann manchmal Kinder mit Thraͤ- nen ſich an ihn anſchmiegen, und ihre zitternde Hand in der ſeinen, ja! Lieber Herr Schul- meiſter! zu ihm ſagen. Gutes Kind, antwor- tete ihm dann der Mann, weyne nicht! aber gewoͤhne dich anderſt, und ſage deinem Vater und deiner Mutter, ſie ſollen mir helfen, dir deine Vergeßlichkeit oder deine Traͤgheit auch abzugewoͤhnen. Ungehorſam, der nicht Vergeßlichkeit war, ſtrafte er darmit daß er 2-3 und 4 Tag mit

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/338>, abgerufen am 24.11.2024.