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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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alles gefallen, weil sonst niemand da war, und
der Pfarrer ihm vorher das Ehrenwort gethan,
er soll es doch nicht achten, er richte sonst mit
dem alten Narren nichts aus.

Es hatte im Anfang auch den Anschein, wie
wenn es dem Pfarrer nicht fehlen wollte.

Das Triefaug soff drauf los, und sieng an
so gesprächig zu werden, daß dieser meynte, er
werde, ehe er vom Plaz aufstehe, auskramen,
was er im hintersten Winkel wisse.

Es war nichts weniger; er redte kein wahres
Wort, und schnitt auf, daß der Miller, wenn
ihm schon der Pfarrer einmal über das andere
winkte, und ihn noch mit den Füssen unter dem
Tisch stoßte, daß er schweige, sich doch nicht
mehr halten konnte, und ihm wiedersprach.

Nun wars aus; das Triefaug sieng jezt an
ihn anzuschnauzen: wenn ers besser wisse, so
solle er reden, und er wolle schweigen; doch
sah er, so sehr er einen Rausch hatte, es dem
Pfarrer an, wie wehe es ihm gethan, daß es
so gehe; aber es machte ihm so viel als einer
Kaz, wenn man ihr kaltes Wasser angeschüttet.
Er blieb nur noch um die Gläser zu leeren.

Das war schon längst tod in ihm, was den
Menschen warm macht, wenn sie sehen, daß
sie jemand kränken; -- das plagte ihn nicht
mehr.

Was ihn plaget, ist die Langezeit, die er

alles gefallen, weil ſonſt niemand da war, und
der Pfarrer ihm vorher das Ehrenwort gethan,
er ſoll es doch nicht achten, er richte ſonſt mit
dem alten Narren nichts aus.

Es hatte im Anfang auch den Anſchein, wie
wenn es dem Pfarrer nicht fehlen wollte.

Das Triefaug ſoff drauf los, und ſieng an
ſo geſpraͤchig zu werden, daß dieſer meynte, er
werde, ehe er vom Plaz aufſtehe, auskramen,
was er im hinterſten Winkel wiſſe.

Es war nichts weniger; er redte kein wahres
Wort, und ſchnitt auf, daß der Miller, wenn
ihm ſchon der Pfarrer einmal uͤber das andere
winkte, und ihn noch mit den Fuͤſſen unter dem
Tiſch ſtoßte, daß er ſchweige, ſich doch nicht
mehr halten konnte, und ihm wiederſprach.

Nun wars aus; das Triefaug ſieng jezt an
ihn anzuſchnauzen: wenn ers beſſer wiſſe, ſo
ſolle er reden, und er wolle ſchweigen; doch
ſah er, ſo ſehr er einen Rauſch hatte, es dem
Pfarrer an, wie wehe es ihm gethan, daß es
ſo gehe; aber es machte ihm ſo viel als einer
Kaz, wenn man ihr kaltes Waſſer angeſchuͤttet.
Er blieb nur noch um die Glaͤſer zu leeren.

Das war ſchon laͤngſt tod in ihm, was den
Menſchen warm macht, wenn ſie ſehen, daß
ſie jemand kraͤnken; — das plagte ihn nicht
mehr.

Was ihn plaget, iſt die Langezeit, die er

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[349/0371] alles gefallen, weil ſonſt niemand da war, und der Pfarrer ihm vorher das Ehrenwort gethan, er ſoll es doch nicht achten, er richte ſonſt mit dem alten Narren nichts aus. Es hatte im Anfang auch den Anſchein, wie wenn es dem Pfarrer nicht fehlen wollte. Das Triefaug ſoff drauf los, und ſieng an ſo geſpraͤchig zu werden, daß dieſer meynte, er werde, ehe er vom Plaz aufſtehe, auskramen, was er im hinterſten Winkel wiſſe. Es war nichts weniger; er redte kein wahres Wort, und ſchnitt auf, daß der Miller, wenn ihm ſchon der Pfarrer einmal uͤber das andere winkte, und ihn noch mit den Fuͤſſen unter dem Tiſch ſtoßte, daß er ſchweige, ſich doch nicht mehr halten konnte, und ihm wiederſprach. Nun wars aus; das Triefaug ſieng jezt an ihn anzuſchnauzen: wenn ers beſſer wiſſe, ſo ſolle er reden, und er wolle ſchweigen; doch ſah er, ſo ſehr er einen Rauſch hatte, es dem Pfarrer an, wie wehe es ihm gethan, daß es ſo gehe; aber es machte ihm ſo viel als einer Kaz, wenn man ihr kaltes Waſſer angeſchuͤttet. Er blieb nur noch um die Glaͤſer zu leeren. Das war ſchon laͤngſt tod in ihm, was den Menſchen warm macht, wenn ſie ſehen, daß ſie jemand kraͤnken; — das plagte ihn nicht mehr. Was ihn plaget, iſt die Langezeit, die er

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/371>, abgerufen am 24.11.2024.