te sie erwerbsam, damit sie nicht nachsüchig seyn müßten. -- Er machte sie treu, damit sie Glau- ben fänden. -- Er machte sie vernünftig, da- mit sie sich trauen dörften; und legte auf diese Art den Grund zu dem heitern offenen Wesen, das er von ihnen forderte, wenn sie ihm vor Augen kamen. Kurz er lehrte sie als ein Mann, der etwas ist, wo man ihn hinstellt, und ma- chen will, daß auch sie etwas seyen, wo man sie hinstellt. Und das heißt freylich, er lehrte sie ganz anderst, als Leuthe lehren, die nur mit dem Maul etwas sind, und auf dem Papier etwas können.
Er hatte auch das, daß er den Kindern seine Liebe so lang und so viel er wollte, verbarg, und sie ihnen nur zeigte nach Maßgebung, als sie alle Kräfte anspannten, das zu werden, was sie einst seyn sollten. Und es ist ungläublich, was er damit ausrichtete. Sie wußten im Grund, daß sie ihm lieb waren, und seine Kaltblütig- keit war ihnen wie ein Vorwurf, daß sie nicht seyen, was sie seyn sollten; sie konnten sie nicht ausstehen, und verdoppelten ihre Kräfte, bis er ihnen zeigte daß er mit ihnen zufrieden. Auch gieng ihnen der Kopf unter seinen Händen auf, daß es ungläublich war.
Das zeigte sich nicht blos in ihren nächsten Berufen. Wenn sie Zeit hatten, war ihnen bald auch das Fremdeste nicht mehr fremd, und von
te ſie erwerbſam, damit ſie nicht nachſuͤchig ſeyn muͤßten. — Er machte ſie treu, damit ſie Glau- ben faͤnden. — Er machte ſie vernuͤnftig, da- mit ſie ſich trauen doͤrften; und legte auf dieſe Art den Grund zu dem heitern offenen Weſen, das er von ihnen forderte, wenn ſie ihm vor Augen kamen. Kurz er lehrte ſie als ein Mann, der etwas iſt, wo man ihn hinſtellt, und ma- chen will, daß auch ſie etwas ſeyen, wo man ſie hinſtellt. Und das heißt freylich, er lehrte ſie ganz anderſt, als Leuthe lehren, die nur mit dem Maul etwas ſind, und auf dem Papier etwas koͤnnen.
Er hatte auch das, daß er den Kindern ſeine Liebe ſo lang und ſo viel er wollte, verbarg, und ſie ihnen nur zeigte nach Maßgebung, als ſie alle Kraͤfte anſpannten, das zu werden, was ſie einſt ſeyn ſollten. Und es iſt unglaͤublich, was er damit ausrichtete. Sie wußten im Grund, daß ſie ihm lieb waren, und ſeine Kaltbluͤtig- keit war ihnen wie ein Vorwurf, daß ſie nicht ſeyen, was ſie ſeyn ſollten; ſie konnten ſie nicht ausſtehen, und verdoppelten ihre Kraͤfte, bis er ihnen zeigte daß er mit ihnen zufrieden. Auch gieng ihnen der Kopf unter ſeinen Haͤnden auf, daß es unglaͤublich war.
Das zeigte ſich nicht blos in ihren naͤchſten Berufen. Wenn ſie Zeit hatten, war ihnen bald auch das Fremdeſte nicht mehr fremd, und von
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0410"n="388"/>
te ſie erwerbſam, damit ſie nicht nachſuͤchig ſeyn<lb/>
muͤßten. — Er machte ſie treu, damit ſie Glau-<lb/>
ben faͤnden. — Er machte ſie vernuͤnftig, da-<lb/>
mit ſie ſich trauen doͤrften; und legte auf dieſe<lb/>
Art den Grund zu dem heitern offenen Weſen,<lb/>
das er von ihnen forderte, wenn ſie ihm vor<lb/>
Augen kamen. Kurz er lehrte ſie als ein Mann,<lb/>
der etwas iſt, wo man ihn hinſtellt, und ma-<lb/>
chen will, daß auch ſie etwas ſeyen, wo man ſie<lb/>
hinſtellt. Und das heißt freylich, er lehrte ſie<lb/>
ganz anderſt, als Leuthe lehren, die nur mit<lb/>
dem Maul etwas ſind, und auf dem Papier<lb/>
etwas koͤnnen.</p><lb/><p>Er hatte auch das, daß er den Kindern ſeine<lb/>
Liebe ſo lang und ſo viel er wollte, verbarg, und<lb/>ſie ihnen nur zeigte nach Maßgebung, als ſie<lb/>
alle Kraͤfte anſpannten, das zu werden, was<lb/>ſie einſt ſeyn ſollten. Und es iſt unglaͤublich, was<lb/>
er damit ausrichtete. Sie wußten im Grund,<lb/>
daß ſie ihm lieb waren, und ſeine Kaltbluͤtig-<lb/>
keit war ihnen wie ein Vorwurf, daß ſie nicht<lb/>ſeyen, was ſie ſeyn ſollten; ſie konnten ſie nicht<lb/>
ausſtehen, und verdoppelten ihre Kraͤfte, bis<lb/>
er ihnen zeigte daß er mit ihnen zufrieden.<lb/>
Auch gieng ihnen der Kopf unter ſeinen Haͤnden<lb/>
auf, daß es unglaͤublich war.</p><lb/><p>Das zeigte ſich nicht blos in ihren naͤchſten<lb/>
Berufen. Wenn ſie Zeit hatten, war ihnen bald<lb/>
auch das Fremdeſte nicht mehr fremd, und von<lb/></p></div></body></text></TEI>
[388/0410]
te ſie erwerbſam, damit ſie nicht nachſuͤchig ſeyn
muͤßten. — Er machte ſie treu, damit ſie Glau-
ben faͤnden. — Er machte ſie vernuͤnftig, da-
mit ſie ſich trauen doͤrften; und legte auf dieſe
Art den Grund zu dem heitern offenen Weſen,
das er von ihnen forderte, wenn ſie ihm vor
Augen kamen. Kurz er lehrte ſie als ein Mann,
der etwas iſt, wo man ihn hinſtellt, und ma-
chen will, daß auch ſie etwas ſeyen, wo man ſie
hinſtellt. Und das heißt freylich, er lehrte ſie
ganz anderſt, als Leuthe lehren, die nur mit
dem Maul etwas ſind, und auf dem Papier
etwas koͤnnen.
Er hatte auch das, daß er den Kindern ſeine
Liebe ſo lang und ſo viel er wollte, verbarg, und
ſie ihnen nur zeigte nach Maßgebung, als ſie
alle Kraͤfte anſpannten, das zu werden, was
ſie einſt ſeyn ſollten. Und es iſt unglaͤublich, was
er damit ausrichtete. Sie wußten im Grund,
daß ſie ihm lieb waren, und ſeine Kaltbluͤtig-
keit war ihnen wie ein Vorwurf, daß ſie nicht
ſeyen, was ſie ſeyn ſollten; ſie konnten ſie nicht
ausſtehen, und verdoppelten ihre Kraͤfte, bis
er ihnen zeigte daß er mit ihnen zufrieden.
Auch gieng ihnen der Kopf unter ſeinen Haͤnden
auf, daß es unglaͤublich war.
Das zeigte ſich nicht blos in ihren naͤchſten
Berufen. Wenn ſie Zeit hatten, war ihnen bald
auch das Fremdeſte nicht mehr fremd, und von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/410>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.