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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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umschlug, hatten sie auch eine Ankenbraut, und
da war des Maurers Heirlj der brävste.

Der Schneiderin Annelj (die Kinder sagen
ihm nur den Namen Schwarbel Annj) hatte
ihm zwischen den Tischen, an die es gestossen,
die Hand verklemmt, daß sie aufschwoll wie ein
Küssen, und blutete. Der gute Bub aber über-
wand sich, sobald es anfieng zu schreyen, und
sagte, es habe es nicht mit Fleiß gethan, und
suchte den ganzen Morgen die geschwollene Hand
vor dem Schulmeister und der Margreth zu
verbergen, damit das Kind nicht eine Strafe
ausstehen müsse, und daheim dann noch geschla-
gen werde. -- Es that ihm aber so weh, daß er
mit dem Spinnen nicht fortkam, und die Mar-
greth auf diese Art endlich es merkte.

Dafür war er heute der brävste, und hatte
diese Freude mit der Ankenbraut. Diesmal kam
der Junker selber zu ihrem Abendessen.

Heute mußte der Wassergraben zu der neuen
Matten, die er anlegen wollte, endlich abgesto-
chen werden.

Die Quellen im Moosgrund waren nun vol-
lends aus und zusammen gegraben, und ihr
Wasser floß in diken Strömen über die Felder,
die alle grünten, wo es hinfloß.

Der Lieutenant nahm auch zu dieser Arbeit
etliche von seinen Buben mit sich, und sagte, eh
er mit Feldtisch und Visir an seine Arbeit gieng,

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umſchlug, hatten ſie auch eine Ankenbraut, und
da war des Maurers Heirlj der braͤvſte.

Der Schneiderin Annelj (die Kinder ſagen
ihm nur den Namen Schwarbel Annj) hatte
ihm zwiſchen den Tiſchen, an die es geſtoſſen,
die Hand verklemmt, daß ſie aufſchwoll wie ein
Kuͤſſen, und blutete. Der gute Bub aber uͤber-
wand ſich, ſobald es anfieng zu ſchreyen, und
ſagte, es habe es nicht mit Fleiß gethan, und
ſuchte den ganzen Morgen die geſchwollene Hand
vor dem Schulmeiſter und der Margreth zu
verbergen, damit das Kind nicht eine Strafe
ausſtehen muͤſſe, und daheim dann noch geſchla-
gen werde. — Es that ihm aber ſo weh, daß er
mit dem Spinnen nicht fortkam, und die Mar-
greth auf dieſe Art endlich es merkte.

Dafuͤr war er heute der braͤvſte, und hatte
dieſe Freude mit der Ankenbraut. Diesmal kam
der Junker ſelber zu ihrem Abendeſſen.

Heute mußte der Waſſergraben zu der neuen
Matten, die er anlegen wollte, endlich abgeſto-
chen werden.

Die Quellen im Moosgrund waren nun vol-
lends aus und zuſammen gegraben, und ihr
Waſſer floß in diken Stroͤmen uͤber die Felder,
die alle gruͤnten, wo es hinfloß.

Der Lieutenant nahm auch zu dieſer Arbeit
etliche von ſeinen Buben mit ſich, und ſagte, eh
er mit Feldtiſch und Viſir an ſeine Arbeit gieng,

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[401/0423] umſchlug, hatten ſie auch eine Ankenbraut, und da war des Maurers Heirlj der braͤvſte. Der Schneiderin Annelj (die Kinder ſagen ihm nur den Namen Schwarbel Annj) hatte ihm zwiſchen den Tiſchen, an die es geſtoſſen, die Hand verklemmt, daß ſie aufſchwoll wie ein Kuͤſſen, und blutete. Der gute Bub aber uͤber- wand ſich, ſobald es anfieng zu ſchreyen, und ſagte, es habe es nicht mit Fleiß gethan, und ſuchte den ganzen Morgen die geſchwollene Hand vor dem Schulmeiſter und der Margreth zu verbergen, damit das Kind nicht eine Strafe ausſtehen muͤſſe, und daheim dann noch geſchla- gen werde. — Es that ihm aber ſo weh, daß er mit dem Spinnen nicht fortkam, und die Mar- greth auf dieſe Art endlich es merkte. Dafuͤr war er heute der braͤvſte, und hatte dieſe Freude mit der Ankenbraut. Diesmal kam der Junker ſelber zu ihrem Abendeſſen. Heute mußte der Waſſergraben zu der neuen Matten, die er anlegen wollte, endlich abgeſto- chen werden. Die Quellen im Moosgrund waren nun vol- lends aus und zuſammen gegraben, und ihr Waſſer floß in diken Stroͤmen uͤber die Felder, die alle gruͤnten, wo es hinfloß. Der Lieutenant nahm auch zu dieſer Arbeit etliche von ſeinen Buben mit ſich, und ſagte, eh er mit Feldtiſch und Viſir an ſeine Arbeit gieng, C c

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/423>, abgerufen am 23.11.2024.