ster Kind etwas im Kopf stekte und fragte ihns wo es fehle, daß es sint dem Mittag immer herum stehe wie wenn es nicht heim dörfe.
Das Kind fieng im Augenblik an zu wei- nen, bekennte alles, und bath sie dann daß sie doch auch mit ihrer Mutter rede, es dörfe ihr nicht unter die Augen -- u. s. w.
Ich will freylich mit ihr reden und ihr sagen was du für ein Mensch bist, sagte die Linden- bergerin, stuhnd im Augenblik auf, sagte aber, ehe sie noch gieng, zum Kind; komm du mir nur nicht mehr ins Haus wann du so ein Kind bist, du könntest mir meines auch noch ver- führen daß es würde, wie du.
Mit dem gieng sie zum Haus hinaus und um den Brunnen herum zu ihrer Schwester -- da traf sie, so bald sie die Thüre aufthat, ihr eignes Kind an, das völlig wie der Schwe- ster ihres daheim am Ofen stand und den Kopf hängte: -- was thust du da, du Müs- stggängerinn; es ist gar nicht nöthig daß du den ganzen Tag da stehest, sagte sie im Au- genblik zu ihm, noch ehe sie nur ihre Schwe- ster grüßte.
Das verdroß diese, daß sie auch vor dem Haus zu ihr sagte: es ist doch besser, es steke bey mir als im Wirthshaus.
Was? sagte die Lindenbergerin, meynst du ich habe auch so ein Kind, das ins Wirths-
ſter Kind etwas im Kopf ſtekte und fragte ihns wo es fehle, daß es ſint dem Mittag immer herum ſtehe wie wenn es nicht heim doͤrfe.
Das Kind fieng im Augenblik an zu wei- nen, bekennte alles, und bath ſie dann daß ſie doch auch mit ihrer Mutter rede, es doͤrfe ihr nicht unter die Augen — u. ſ. w.
Ich will freylich mit ihr reden und ihr ſagen was du fuͤr ein Menſch biſt, ſagte die Linden- bergerin, ſtuhnd im Augenblik auf, ſagte aber, ehe ſie noch gieng, zum Kind; komm du mir nur nicht mehr ins Haus wann du ſo ein Kind biſt, du koͤnnteſt mir meines auch noch ver- fuͤhren daß es wuͤrde, wie du.
Mit dem gieng ſie zum Haus hinaus und um den Brunnen herum zu ihrer Schweſter — da traf ſie, ſo bald ſie die Thuͤre aufthat, ihr eignes Kind an, das voͤllig wie der Schwe- ſter ihres daheim am Ofen ſtand und den Kopf haͤngte: — was thuſt du da, du Muͤſ- ſtggaͤngerinn; es iſt gar nicht noͤthig daß du den ganzen Tag da ſteheſt, ſagte ſie im Au- genblik zu ihm, noch ehe ſie nur ihre Schwe- ſter gruͤßte.
Das verdroß dieſe, daß ſie auch vor dem Haus zu ihr ſagte: es iſt doch beſſer, es ſteke bey mir als im Wirthshaus.
Was? ſagte die Lindenbergerin, meynſt du ich habe auch ſo ein Kind, das ins Wirths-
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ſter Kind etwas im Kopf ſtekte und fragte ihns
wo es fehle, daß es ſint dem Mittag immer
herum ſtehe wie wenn es nicht heim doͤrfe.
Das Kind fieng im Augenblik an zu wei-
nen, bekennte alles, und bath ſie dann daß
ſie doch auch mit ihrer Mutter rede, es doͤrfe
ihr nicht unter die Augen — u. ſ. w.
Ich will freylich mit ihr reden und ihr ſagen
was du fuͤr ein Menſch biſt, ſagte die Linden-
bergerin, ſtuhnd im Augenblik auf, ſagte aber,
ehe ſie noch gieng, zum Kind; komm du mir
nur nicht mehr ins Haus wann du ſo ein Kind
biſt, du koͤnnteſt mir meines auch noch ver-
fuͤhren daß es wuͤrde, wie du.
Mit dem gieng ſie zum Haus hinaus und
um den Brunnen herum zu ihrer Schweſter
— da traf ſie, ſo bald ſie die Thuͤre aufthat,
ihr eignes Kind an, das voͤllig wie der Schwe-
ſter ihres daheim am Ofen ſtand und den
Kopf haͤngte: — was thuſt du da, du Muͤſ-
ſtggaͤngerinn; es iſt gar nicht noͤthig daß du
den ganzen Tag da ſteheſt, ſagte ſie im Au-
genblik zu ihm, noch ehe ſie nur ihre Schwe-
ſter gruͤßte.
Das verdroß dieſe, daß ſie auch vor dem
Haus zu ihr ſagte: es iſt doch beſſer, es ſteke
bey mir als im Wirthshaus.
Was? ſagte die Lindenbergerin, meynſt
du ich habe auch ſo ein Kind, das ins Wirths-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/46>, abgerufen am 23.11.2024.
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