nicht steif darauf haltet, bis ihm der Griff da- von in die Hand kommt; und dieser Griff kommt allen Kindern, die nicht wohl erzogen, gar schwehr in die Hand.
Und denn führt eins zum andern; -- wenn sie denn ihr Garn so verderbt, zehrten sie noch ganze Hände voll davon ab, warfen es fort in Bach, zum Fenster hinaus, und hinter die Hääg; aber Gertrud, die ihnen alle Tag ihre Arbeit wiegt, fand den Fehler gar bald, und fragte die Kinder wie das komme; -- sie woll- ten läugnen: Aber der Gertrud Heirlj sagte dem Liselj, du mußt jezt nicht läugnen; ich hab es ja gesehen, wie du aufgestanden, und es zum Fenster hinaus gethan hast. -- Weissest! ich hab dir ja gesagt, die Mutter merke es -- aber du hast mir's nicht geglaubt.
Dieses Liselj war aber auch das unartigste von allen, es sagte die schlechtesten Worte von der Welt; selber über die gute Frau, um sei- nen Geschwisterten die Arbeit und Ordnung, zu der sie sie anhielt und die ihm zur Last war, auch zu erleiden.
Es war ihm gar nicht zu viel zu sagen: sie müssen sich ja fast zu tod spinnen, und sie seyen doch jezt reich; es wollte gern, sie hätten es nur, wie da sie noch nichts hatten; sie haben doch auch können ruhig ausschlafen, und nicht alle Tag so müssen angespannt seyn wie arme
nicht ſteif darauf haltet, bis ihm der Griff da- von in die Hand kommt; und dieſer Griff kommt allen Kindern, die nicht wohl erzogen, gar ſchwehr in die Hand.
Und denn fuͤhrt eins zum andern; — wenn ſie denn ihr Garn ſo verderbt, zehrten ſie noch ganze Haͤnde voll davon ab, warfen es fort in Bach, zum Fenſter hinaus, und hinter die Haͤaͤg; aber Gertrud, die ihnen alle Tag ihre Arbeit wiegt, fand den Fehler gar bald, und fragte die Kinder wie das komme; — ſie woll- ten laͤugnen: Aber der Gertrud Heirlj ſagte dem Liſelj, du mußt jezt nicht laͤugnen; ich hab es ja geſehen, wie du aufgeſtanden, und es zum Fenſter hinaus gethan haſt. — Weiſſeſt! ich hab dir ja geſagt, die Mutter merke es — aber du haſt mir’s nicht geglaubt.
Dieſes Liſelj war aber auch das unartigſte von allen, es ſagte die ſchlechteſten Worte von der Welt; ſelber uͤber die gute Frau, um ſei- nen Geſchwiſterten die Arbeit und Ordnung, zu der ſie ſie anhielt und die ihm zur Laſt war, auch zu erleiden.
Es war ihm gar nicht zu viel zu ſagen: ſie muͤſſen ſich ja faſt zu tod ſpinnen, und ſie ſeyen doch jezt reich; es wollte gern, ſie haͤtten es nur, wie da ſie noch nichts hatten; ſie haben doch auch koͤnnen ruhig ausſchlafen, und nicht alle Tag ſo muͤſſen angeſpannt ſeyn wie arme
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nicht ſteif darauf haltet, bis ihm der Griff da-
von in die Hand kommt; und dieſer Griff
kommt allen Kindern, die nicht wohl erzogen,
gar ſchwehr in die Hand.
Und denn fuͤhrt eins zum andern; — wenn
ſie denn ihr Garn ſo verderbt, zehrten ſie noch
ganze Haͤnde voll davon ab, warfen es fort in
Bach, zum Fenſter hinaus, und hinter die
Haͤaͤg; aber Gertrud, die ihnen alle Tag ihre
Arbeit wiegt, fand den Fehler gar bald, und
fragte die Kinder wie das komme; — ſie woll-
ten laͤugnen: Aber der Gertrud Heirlj ſagte
dem Liſelj, du mußt jezt nicht laͤugnen; ich
hab es ja geſehen, wie du aufgeſtanden, und
es zum Fenſter hinaus gethan haſt. — Weiſſeſt!
ich hab dir ja geſagt, die Mutter merke es —
aber du haſt mir’s nicht geglaubt.
Dieſes Liſelj war aber auch das unartigſte
von allen, es ſagte die ſchlechteſten Worte von
der Welt; ſelber uͤber die gute Frau, um ſei-
nen Geſchwiſterten die Arbeit und Ordnung,
zu der ſie ſie anhielt und die ihm zur Laſt war,
auch zu erleiden.
Es war ihm gar nicht zu viel zu ſagen: ſie
muͤſſen ſich ja faſt zu tod ſpinnen, und ſie ſeyen
doch jezt reich; es wollte gern, ſie haͤtten es
nur, wie da ſie noch nichts hatten; ſie haben
doch auch koͤnnen ruhig ausſchlafen, und nicht
alle Tag ſo muͤſſen angeſpannt ſeyn wie arme
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/63>, abgerufen am 23.11.2024.
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