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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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das Gute an, das sie so ausgezeichnet haben; aufs
Höchste könne man sagen, es heiße ein Esel den
andern Langohr. --

Wahr sey, sie binden ihren Verstand wie an
eine Kette an, und lassen ihn keinen Schritt weiter
spatzieren, als sie gern wollen, daß er gehe. Aber
dann sey es auch wahr, so angebunden als sie ihn
halten, so brauchen sie ihn, und das wirklich mehr
in der Ordnung und sorgfältiger, und kommen
darinn gewöhnlich sichtbar weiter, als die andern
Dorfleute, die ihn nicht so anbinden; auch sey ge-
wiß, daß viele Leute, die ihnen das vorwerfen, sie
haben ihren Verstand so an der Kette, gar viel
weniger könnten an die Ketten legen, wenn sie die
Lust dazu auch einmal anwandeln würde, den ih-
rigen auch so anzubinden. -- Ueberall, sagte er,
sind ihre Gegner selten die Leute, die ihnen Lust ma-
chen könnten, ihren Verstand nicht angebunden zu
halten, und es ist gar nicht, daß sie mit ihnen um-
gehen, sie den Schaden dieses Anbindens empfin-
den zu machen, und etwan mit ihnen einzutreten,
und abzumessen, wie weit man ohne Gefahr, seine
Kraft in den nächsten und nothwendigsten Sachen
wohl anzuwenden und zu gebrauchen, zu schwä-
chen, ihn weniger anbinden und freyer laufen las-
sen könnte. -- Er sagte, es dünke ihn doch,
man mache den Verstand wie zu einem Modekleid,
und ein jeder Narr in der Welt wolle izt so ein

O 4

das Gute an, das ſie ſo ausgezeichnet haben; aufs
Hoͤchſte koͤnne man ſagen, es heiße ein Eſel den
andern Langohr. —

Wahr ſey, ſie binden ihren Verſtand wie an
eine Kette an, und laſſen ihn keinen Schritt weiter
ſpatzieren, als ſie gern wollen, daß er gehe. Aber
dann ſey es auch wahr, ſo angebunden als ſie ihn
halten, ſo brauchen ſie ihn, und das wirklich mehr
in der Ordnung und ſorgfaͤltiger, und kommen
darinn gewoͤhnlich ſichtbar weiter, als die andern
Dorfleute, die ihn nicht ſo anbinden; auch ſey ge-
wiß, daß viele Leute, die ihnen das vorwerfen, ſie
haben ihren Verſtand ſo an der Kette, gar viel
weniger koͤnnten an die Ketten legen, wenn ſie die
Luſt dazu auch einmal anwandeln wuͤrde, den ih-
rigen auch ſo anzubinden. — Ueberall, ſagte er,
ſind ihre Gegner ſelten die Leute, die ihnen Luſt ma-
chen koͤnnten, ihren Verſtand nicht angebunden zu
halten, und es iſt gar nicht, daß ſie mit ihnen um-
gehen, ſie den Schaden dieſes Anbindens empfin-
den zu machen, und etwan mit ihnen einzutreten,
und abzumeſſen, wie weit man ohne Gefahr, ſeine
Kraft in den naͤchſten und nothwendigſten Sachen
wohl anzuwenden und zu gebrauchen, zu ſchwaͤ-
chen, ihn weniger anbinden und freyer laufen laſ-
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man mache den Verſtand wie zu einem Modekleid,
und ein jeder Narr in der Welt wolle izt ſo ein

O 4
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[215/0233] das Gute an, das ſie ſo ausgezeichnet haben; aufs Hoͤchſte koͤnne man ſagen, es heiße ein Eſel den andern Langohr. — Wahr ſey, ſie binden ihren Verſtand wie an eine Kette an, und laſſen ihn keinen Schritt weiter ſpatzieren, als ſie gern wollen, daß er gehe. Aber dann ſey es auch wahr, ſo angebunden als ſie ihn halten, ſo brauchen ſie ihn, und das wirklich mehr in der Ordnung und ſorgfaͤltiger, und kommen darinn gewoͤhnlich ſichtbar weiter, als die andern Dorfleute, die ihn nicht ſo anbinden; auch ſey ge- wiß, daß viele Leute, die ihnen das vorwerfen, ſie haben ihren Verſtand ſo an der Kette, gar viel weniger koͤnnten an die Ketten legen, wenn ſie die Luſt dazu auch einmal anwandeln wuͤrde, den ih- rigen auch ſo anzubinden. — Ueberall, ſagte er, ſind ihre Gegner ſelten die Leute, die ihnen Luſt ma- chen koͤnnten, ihren Verſtand nicht angebunden zu halten, und es iſt gar nicht, daß ſie mit ihnen um- gehen, ſie den Schaden dieſes Anbindens empfin- den zu machen, und etwan mit ihnen einzutreten, und abzumeſſen, wie weit man ohne Gefahr, ſeine Kraft in den naͤchſten und nothwendigſten Sachen wohl anzuwenden und zu gebrauchen, zu ſchwaͤ- chen, ihn weniger anbinden und freyer laufen laſ- ſen koͤnnte. — Er ſagte, es duͤnke ihn doch, man mache den Verſtand wie zu einem Modekleid, und ein jeder Narr in der Welt wolle izt ſo ein O 4

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/233>, abgerufen am 21.11.2024.