Schuld, und wie lang sie den Fehler getrieben, wie sie jede einzelne That vor den Aufsehern, vor den Hausleuten, und Nachbarn habe verbergen können, wer den eint oder andern Fehler mehr oder minder nothwendig hätte merken sollen, und nicht gemerkt? Ferner, in wie weit die Liederlich- keit und Unordnung des Bestohlnen, oder seiner Hausleute, Gelegenheit zum Diebstahl gegeben? Eben so, wie weit er verführt, und durch die oder diese Umstände zu den Fehlern, die ihn überhaupt zum Diebe gemacht, oder au chzu der besondern Diebshandlung verleitet worden? Diesem allem ward mit drückender Umständlichkeit gesezlich von Gerichts wegen nachgeforscht.
Und wenn es sich fand, daß einer den Dieb- stahl nothwendig hätte merken sollen, und ihn nur durch seine Liederlichkeit, Nachläßigkeit, und Un- aufmerksamkeit nicht gemerkt, so ward er vor offenem Gericht ermahnet, in Zukunft seine fünf Sinnen zur öffentlichen Sicherheit also zu brau- chen, wie er wünschen werde, daß seine Mitbür- ger selbige zu der seinigen brauchen.
Fand sich, daß einer den Diebstahl durch wirk- liche Fehler von einem unordentlichen, liederlichen Leben möglich gemacht, so ward er vor offenem Gericht, als Mitursächer des Diebstahls, verur- theilt, einen Theil der Schande mit dem Gefange-
Schuld, und wie lang ſie den Fehler getrieben, wie ſie jede einzelne That vor den Aufſehern, vor den Hausleuten, und Nachbarn habe verbergen koͤnnen, wer den eint oder andern Fehler mehr oder minder nothwendig haͤtte merken ſollen, und nicht gemerkt? Ferner, in wie weit die Liederlich- keit und Unordnung des Beſtohlnen, oder ſeiner Hausleute, Gelegenheit zum Diebſtahl gegeben? Eben ſo, wie weit er verfuͤhrt, und durch die oder dieſe Umſtaͤnde zu den Fehlern, die ihn uͤberhaupt zum Diebe gemacht, oder au chzu der beſondern Diebshandlung verleitet worden? Dieſem allem ward mit druͤckender Umſtaͤndlichkeit geſezlich von Gerichts wegen nachgeforſcht.
Und wenn es ſich fand, daß einer den Dieb- ſtahl nothwendig haͤtte merken ſollen, und ihn nur durch ſeine Liederlichkeit, Nachlaͤßigkeit, und Un- aufmerkſamkeit nicht gemerkt, ſo ward er vor offenem Gericht ermahnet, in Zukunft ſeine fuͤnf Sinnen zur oͤffentlichen Sicherheit alſo zu brau- chen, wie er wuͤnſchen werde, daß ſeine Mitbuͤr- ger ſelbige zu der ſeinigen brauchen.
Fand ſich, daß einer den Diebſtahl durch wirk- liche Fehler von einem unordentlichen, liederlichen Leben moͤglich gemacht, ſo ward er vor offenem Gericht, als Miturſaͤcher des Diebſtahls, verur- theilt, einen Theil der Schande mit dem Gefange-
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Schuld, und wie lang ſie den Fehler getrieben,
wie ſie jede einzelne That vor den Aufſehern, vor
den Hausleuten, und Nachbarn habe verbergen
koͤnnen, wer den eint oder andern Fehler mehr
oder minder nothwendig haͤtte merken ſollen, und
nicht gemerkt? Ferner, in wie weit die Liederlich-
keit und Unordnung des Beſtohlnen, oder ſeiner
Hausleute, Gelegenheit zum Diebſtahl gegeben?
Eben ſo, wie weit er verfuͤhrt, und durch die oder
dieſe Umſtaͤnde zu den Fehlern, die ihn uͤberhaupt
zum Diebe gemacht, oder au chzu der beſondern
Diebshandlung verleitet worden? Dieſem allem
ward mit druͤckender Umſtaͤndlichkeit geſezlich von
Gerichts wegen nachgeforſcht.
Und wenn es ſich fand, daß einer den Dieb-
ſtahl nothwendig haͤtte merken ſollen, und ihn nur
durch ſeine Liederlichkeit, Nachlaͤßigkeit, und Un-
aufmerkſamkeit nicht gemerkt, ſo ward er vor
offenem Gericht ermahnet, in Zukunft ſeine fuͤnf
Sinnen zur oͤffentlichen Sicherheit alſo zu brau-
chen, wie er wuͤnſchen werde, daß ſeine Mitbuͤr-
ger ſelbige zu der ſeinigen brauchen.
Fand ſich, daß einer den Diebſtahl durch wirk-
liche Fehler von einem unordentlichen, liederlichen
Leben moͤglich gemacht, ſo ward er vor offenem
Gericht, als Miturſaͤcher des Diebſtahls, verur-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/321>, abgerufen am 21.11.2024.
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