Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

schollen zu modeln beginnt, auseinander setzen --
ausmustern, was auszumustern ist, und das Uebrige
der menschlichen Natur angemessen darzustellen --
den Reiz der Umstände, Sitten und Gewohnheiten
den Gesezen entgegen zu handeln, zu vermindern,
und die Kräfte des Volks, ihnen gemäß zu handeln,
zu erhöhen, und den innersten Willen der Menschen
selber mit denselben übereinstimmend zu machen. --

Fürst. Wie sie träumen Bylifsky! -- sie brin-
gen mich ganz in meine Jugendjahre zurück. --

Bylifsky. Ihr Durchlaucht! ich habe diesmal
die heitere Erfahrung für mich, ohne diese würde
ich nicht so reden.

Fürst. Auch diese trügt, Bylifsky! und oft
stärker als sonst alles andere, wenn man sich ihrer
vollkommenen Richtigkeit und Truglosigkeit nicht
ganz versichert. -- Nicht wahr --? Sie denken,
wenn alle Dörfer wären wie Arners Bonnal, so wäre
es denn, wie Sie sagen, so, und ich bin mit ihnen
vollends einstimmig; aber die große Frage ist, wie's
so machen? --

Bylifsky. Und auf die Untersuchung dieser Fra-
ge ist es, worauf ich bey Eu. Durchlaucht antrage. --

Fürst. Es wird nichts herauskommen, By-
lifsky! -- Die Welt ist ein Narrenhaus. --

Bylifsky. Ihr Durchlaucht! in diesem Nar-
renhaus sind einige Zimmer besser in Ordnung als
andere. --

ſchollen zu modeln beginnt, auseinander ſetzen —
ausmuſtern, was auszumuſtern iſt, und das Uebrige
der menſchlichen Natur angemeſſen darzuſtellen —
den Reiz der Umſtaͤnde, Sitten und Gewohnheiten
den Geſezen entgegen zu handeln, zu vermindern,
und die Kraͤfte des Volks, ihnen gemaͤß zu handeln,
zu erhoͤhen, und den innerſten Willen der Menſchen
ſelber mit denſelben uͤbereinſtimmend zu machen. —

Fuͤrſt. Wie ſie traͤumen Bylifsky! — ſie brin-
gen mich ganz in meine Jugendjahre zuruͤck. —

Bylifsky. Ihr Durchlaucht! ich habe diesmal
die heitere Erfahrung fuͤr mich, ohne dieſe wuͤrde
ich nicht ſo reden.

Fuͤrſt. Auch dieſe truͤgt, Bylifsky! und oft
ſtaͤrker als ſonſt alles andere, wenn man ſich ihrer
vollkommenen Richtigkeit und Trugloſigkeit nicht
ganz verſichert. — Nicht wahr —? Sie denken,
wenn alle Doͤrfer waͤren wie Arners Bonnal, ſo waͤre
es denn, wie Sie ſagen, ſo, und ich bin mit ihnen
vollends einſtimmig; aber die große Frage iſt, wie's
ſo machen? —

Bylifsky. Und auf die Unterſuchung dieſer Fra-
ge iſt es, worauf ich bey Eu. Durchlaucht antrage. —

Fuͤrſt. Es wird nichts herauskommen, By-
lifsky! — Die Welt iſt ein Narrenhaus. —

Bylifsky. Ihr Durchlaucht! in dieſem Nar-
renhaus ſind einige Zimmer beſſer in Ordnung als
andere. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0436" n="418"/>
&#x017F;chollen zu modeln beginnt, auseinander &#x017F;etzen &#x2014;<lb/>
ausmu&#x017F;tern, was auszumu&#x017F;tern i&#x017F;t, und das Uebrige<lb/>
der men&#x017F;chlichen Natur angeme&#x017F;&#x017F;en darzu&#x017F;tellen &#x2014;<lb/>
den Reiz der Um&#x017F;ta&#x0364;nde, Sitten und Gewohnheiten<lb/>
den Ge&#x017F;ezen entgegen zu handeln, zu vermindern,<lb/>
und die Kra&#x0364;fte des Volks, ihnen gema&#x0364;ß zu handeln,<lb/>
zu erho&#x0364;hen, und den inner&#x017F;ten Willen der Men&#x017F;chen<lb/>
&#x017F;elber mit den&#x017F;elben u&#x0364;berein&#x017F;timmend zu machen. &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Fu&#x0364;r&#x017F;t</hi>. Wie &#x017F;ie tra&#x0364;umen Bylifsky! &#x2014; &#x017F;ie brin-<lb/>
gen mich ganz in meine Jugendjahre zuru&#x0364;ck. &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Bylifsky</hi>. Ihr Durchlaucht! ich habe diesmal<lb/>
die heitere Erfahrung fu&#x0364;r mich, ohne die&#x017F;e wu&#x0364;rde<lb/>
ich nicht &#x017F;o reden.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Fu&#x0364;r&#x017F;t</hi>. Auch die&#x017F;e tru&#x0364;gt, Bylifsky! und oft<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rker als &#x017F;on&#x017F;t alles andere, wenn man &#x017F;ich ihrer<lb/>
vollkommenen Richtigkeit und Truglo&#x017F;igkeit nicht<lb/>
ganz ver&#x017F;ichert. &#x2014; Nicht wahr &#x2014;? Sie denken,<lb/>
wenn alle Do&#x0364;rfer wa&#x0364;ren wie Arners Bonnal, &#x017F;o wa&#x0364;re<lb/>
es denn, wie Sie &#x017F;agen, &#x017F;o, und ich bin mit ihnen<lb/>
vollends ein&#x017F;timmig; aber die große Frage i&#x017F;t, wie's<lb/>
&#x017F;o machen? &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Bylifsky</hi>. Und auf die Unter&#x017F;uchung die&#x017F;er Fra-<lb/>
ge i&#x017F;t es, worauf ich bey Eu. Durchlaucht antrage. &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Fu&#x0364;r&#x017F;t</hi>. Es wird nichts herauskommen, By-<lb/>
lifsky! &#x2014; Die Welt i&#x017F;t ein Narrenhaus. &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Bylifsky</hi>. Ihr Durchlaucht! in die&#x017F;em Nar-<lb/>
renhaus &#x017F;ind einige Zimmer be&#x017F;&#x017F;er in Ordnung als<lb/>
andere. &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[418/0436] ſchollen zu modeln beginnt, auseinander ſetzen — ausmuſtern, was auszumuſtern iſt, und das Uebrige der menſchlichen Natur angemeſſen darzuſtellen — den Reiz der Umſtaͤnde, Sitten und Gewohnheiten den Geſezen entgegen zu handeln, zu vermindern, und die Kraͤfte des Volks, ihnen gemaͤß zu handeln, zu erhoͤhen, und den innerſten Willen der Menſchen ſelber mit denſelben uͤbereinſtimmend zu machen. — Fuͤrſt. Wie ſie traͤumen Bylifsky! — ſie brin- gen mich ganz in meine Jugendjahre zuruͤck. — Bylifsky. Ihr Durchlaucht! ich habe diesmal die heitere Erfahrung fuͤr mich, ohne dieſe wuͤrde ich nicht ſo reden. Fuͤrſt. Auch dieſe truͤgt, Bylifsky! und oft ſtaͤrker als ſonſt alles andere, wenn man ſich ihrer vollkommenen Richtigkeit und Trugloſigkeit nicht ganz verſichert. — Nicht wahr —? Sie denken, wenn alle Doͤrfer waͤren wie Arners Bonnal, ſo waͤre es denn, wie Sie ſagen, ſo, und ich bin mit ihnen vollends einſtimmig; aber die große Frage iſt, wie's ſo machen? — Bylifsky. Und auf die Unterſuchung dieſer Fra- ge iſt es, worauf ich bey Eu. Durchlaucht antrage. — Fuͤrſt. Es wird nichts herauskommen, By- lifsky! — Die Welt iſt ein Narrenhaus. — Bylifsky. Ihr Durchlaucht! in dieſem Nar- renhaus ſind einige Zimmer beſſer in Ordnung als andere. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/436
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/436>, abgerufen am 21.11.2024.