ger rief, er soll den Kerl da unten mit den Hun- den wegjagen.
Er hatte es kaum gesagt, so rief man ihm wieder in die Stube an sein Spiel -- und der Jä- ger hatte Hund und Mann jeden an seinem Ort gelassen -- aber Sylvia winkte ihm, er solle ihn hetzen.
Der Karl sah ihn zur Scheuer hinabspringen und die Hunde ablösen. Was will das geben? dachte er bey sich selber. Aber als er sie hetzte, dacht' er nicht mehr -- er lief ihnen, was er ver- mochte nach, rief sie zurück, faßte den Sultan der ihm folgte, am Halsband, und lief so den Hund mit an der Hand dem andern nach, und rief immer, Türk, Türk, hier, hier, aber er kame nicht.
Sylvia sahe dem Spiel wie eine Komödie von der Terrasse hinab zu, und rief ihm von da hinun- ter, du Narrenbub! er wird ihn nicht fressen.
Es ist wahr, er hätte ihn nicht gefressen, er hätte ihn nicht einmal gebissen, wenn er seine Ord- nung verstanden hätte. Der Schloßhund war ge- wohnt, den armen Leuten, gegen die man ihn hetzte, nichts zu thun als ihnen ein Stück, aber nicht gar ein kleines von ihren Fetzenkleidern vom Leibe zu reißen, wenn er dann aber das hatte, setzte er sich nieder, nahm es zwischen die Tatzen ins Maul,
ger rief, er ſoll den Kerl da unten mit den Hun- den wegjagen.
Er hatte es kaum geſagt, ſo rief man ihm wieder in die Stube an ſein Spiel — und der Jaͤ- ger hatte Hund und Mann jeden an ſeinem Ort gelaſſen — aber Sylvia winkte ihm, er ſolle ihn hetzen.
Der Karl ſah ihn zur Scheuer hinabſpringen und die Hunde abloͤſen. Was will das geben? dachte er bey ſich ſelber. Aber als er ſie hetzte, dacht' er nicht mehr — er lief ihnen, was er ver- mochte nach, rief ſie zuruͤck, faßte den Sultan der ihm folgte, am Halsband, und lief ſo den Hund mit an der Hand dem andern nach, und rief immer, Tuͤrk, Tuͤrk, hier, hier, aber er kame nicht.
Sylvia ſahe dem Spiel wie eine Komoͤdie von der Terraſſe hinab zu, und rief ihm von da hinun- ter, du Narrenbub! er wird ihn nicht freſſen.
Es iſt wahr, er haͤtte ihn nicht gefreſſen, er haͤtte ihn nicht einmal gebiſſen, wenn er ſeine Ord- nung verſtanden haͤtte. Der Schloßhund war ge- wohnt, den armen Leuten, gegen die man ihn hetzte, nichts zu thun als ihnen ein Stuͤck, aber nicht gar ein kleines von ihren Fetzenkleidern vom Leibe zu reißen, wenn er dann aber das hatte, ſetzte er ſich nieder, nahm es zwiſchen die Tatzen ins Maul,
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ger rief, er ſoll den Kerl da unten mit den Hun-
den wegjagen.
Er hatte es kaum geſagt, ſo rief man ihm
wieder in die Stube an ſein Spiel — und der Jaͤ-
ger hatte Hund und Mann jeden an ſeinem Ort
gelaſſen — aber Sylvia winkte ihm, er ſolle ihn
hetzen.
Der Karl ſah ihn zur Scheuer hinabſpringen
und die Hunde abloͤſen. Was will das geben?
dachte er bey ſich ſelber. Aber als er ſie hetzte,
dacht' er nicht mehr — er lief ihnen, was er ver-
mochte nach, rief ſie zuruͤck, faßte den Sultan
der ihm folgte, am Halsband, und lief ſo den
Hund mit an der Hand dem andern nach, und rief
immer, Tuͤrk, Tuͤrk, hier, hier, aber er kame nicht.
Sylvia ſahe dem Spiel wie eine Komoͤdie von
der Terraſſe hinab zu, und rief ihm von da hinun-
ter, du Narrenbub! er wird ihn nicht freſſen.
Es iſt wahr, er haͤtte ihn nicht gefreſſen, er
haͤtte ihn nicht einmal gebiſſen, wenn er ſeine Ord-
nung verſtanden haͤtte. Der Schloßhund war ge-
wohnt, den armen Leuten, gegen die man ihn hetzte,
nichts zu thun als ihnen ein Stuͤck, aber nicht gar
ein kleines von ihren Fetzenkleidern vom Leibe zu
reißen, wenn er dann aber das hatte, ſetzte er ſich
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/44>, abgerufen am 03.12.2024.
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