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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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Wirst alle meine Kräfte mir ppe_338.002
In meinem Sinn erheitern, ppe_338.003
Und dieses enge Dasein hier ppe_338.004
Zur Ewigkeit erweitern.
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a) Sinneseindrücke

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Die Bereitschaft, in hingebender Sinnenfreude die ganze Welt in ppe_338.007
sich aufzunehmen, ist allen Künstlern gegeben, ohne daß alle ihre ppe_338.008
Sinne mit gleicher Empfänglichkeit beteiligt wären. Nicht nur unter ppe_338.009
den Malern, von denen Dürer das Sehen als den alleredelsten Sinn des ppe_338.010
Menschen bezeichnete, sondern auch unter den Dichtern kennen wir ppe_338.011
ausgesprochene Augenmenschen, deren Selbstbekenntnis dem sinnesfreudigsten ppe_338.012
Organ, das der Sprachbildung am nächsten steht, den Vorrang ppe_338.013
zuerkannte. So Goethe in seinem Abschiedslied von der Welt, ppe_338.014
das er Lynkeus, dem Türmer, in den Mund legte. Vorher schon in ppe_338.015
den Versen "Aug und Ohr":

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Was dem Auge dar sich stellet, ppe_338.017
Sicher glauben wir's zu schauen; ppe_338.018
Was dem Ohre sich gesellet, ppe_338.019
Gibt uns nicht ein gleich' Vertrauen.

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Oder Gottfried Keller, der die Augen als seine "lieben Fensterlein" ppe_338.021
begrüßte:

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Trinkt ihr Augen, was die Wimper hält, ppe_338.023
Von dem goldnen Überfluß der Welt.

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Auch Christian Morgenstern, aus dessen grotesken Klangassoziationen ppe_338.025
man eher das Gegenteil schließen möchte, nannte das Auge sein ppe_338.026
Hauptorgan: "Alles geht bei mir durch das Auge ein."

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Von dem französischen Sensualisten Marcel Proust wird erzählt, ppe_338.028
daß der Rosenstrauch eines Schloßgartens ihn derart fesselte, daß der ppe_338.029
weiter gegangene Begleiter bei seiner Rückkehr ihn noch immer an ppe_338.030
derselben Stelle stehen sah, die Blicke in Verzückung auf die Rosen ppe_338.031
geheftet, mit geneigtem Haupt, ernstem Ausdruck, hochgezogenen ppe_338.032
Brauen, in Haltung angestrengtester Aufmerksamkeit. Von demselben ppe_338.033
Dichter hören wir, daß er stundenlang in irgendeinen Farbeneffekt ppe_338.034
versunken sein konnte, mit dem die Sonnenstrahlen, die ins Zimmer ppe_338.035
fielen, Krug, Tasse oder Glas bemalten. Welche Gedankenwelt durch ppe_338.036
Lichtwirkung dieser Art erregt werden kann, ist an dem berühmten ppe_338.037
Beispiel des Jakob Böhme zu sehen, dem die Spiegelung der Sonne in ppe_338.038
zinnerner Schüssel sein ganzes Weltsystem offenbarte. Gleichwohl hat

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/362>, abgerufen am 22.11.2024.