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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944.

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klar in seiner Seele, und will jemand einen großartigen Stil schreiben, ppe_450.002
so habe er einen großartigen Charakter." Der schulmeisterliche ppe_450.003
Imperativ ist vermutlich der Wiedergabe Eckermanns zuzuschreiben; ppe_450.004
denn Goethe kann nicht gemeint haben, daß die Absicht eines großartigen ppe_450.005
Stils zur Charaktergröße verhelfe, sondern umgekehrt, daß ppe_450.006
nur der große Charakter eines großartigen Stils fähig sei. Insofern ppe_450.007
stimmt Größe mit Echtheit überein. Conrad Ferdinand Meyer ppe_450.008
schreibt: "Das Mittelmäßige macht auch deshalb so traurig, weil es ppe_450.009
in uns selbst verwandten Stoff findet -- darum suche ich so sehnsüchtig ppe_450.010
das Große." Schon während der ersten italienischen Reise ppe_450.011
bemerkt er: "Den Sinn des Großen raubt mir keiner mehr."

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Größe des Charakters aber hat zum Hintergrund eine Größe des ppe_450.013
Weltbildes, worin das kosmische Bewußtsein des Einzelnen sich einordnet, ppe_450.014
indem es im Sinn seiner Existenz sich einer transzendenten ppe_450.015
Weltordnung und metaphysischen Gesetzen verantwortlich fühlt. Die ppe_450.016
Größe solches organischen Weltbewußtseins kann sich damit bescheiden, ppe_450.017
am farbigen Abglanz das Leben zu haben und dennoch alles ppe_450.018
Vergängliche als Gleichnis des Ewigen zu betrachten. Diese faustischen ppe_450.019
Bilder sind in einem Prosaspruch Goethes auch auf die Existenz des ppe_450.020
Dichters bezogen. "Das Wahre, mit dem Göttlichen identisch, läßt ppe_450.021
sich niemals von uns direkt erkennen, wir schauen es nur im Abglanz, ppe_450.022
im Beispiel, Symbol, in einzelnen und verwandten Erscheinungen; ppe_450.023
wir werden es gewahr als unbegreifliches Leben und können dem ppe_450.024
Wunsch nicht entsagen, es dennoch zu begreifen."

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c) Sinnbildhaftigkeit

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Der französische Philosoph Emile Boutroux hat den Unterschied ppe_450.027
deutscher und französischer Geisteshaltung zu fassen versucht, indem ppe_450.028
er auf der einen Seite die "Idee des Ganzen", auf der andern die ppe_450.029
"Idee des Einen" als Lebensgesetz bezeichnete. Ernst Robert Curtius ppe_450.030
versuchte in seiner Balzacmonographie, den Gegensatz zu versöhnen, ppe_450.031
indem er in beiden Richtungen nur das doppelte Gesicht des Weltwesens ppe_450.032
überhaupt erblickte und den französischen Geist von der Einheit ppe_450.033
zur Ganzheit, den deutschen von der Ganzheit zur Einheit streben ppe_450.034
ließ. "Aber der Geist selbst ist einig und ewig, und vor seiner Wirklichkeit ppe_450.035
vergehen die Gegensätze."

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Soviel Unterscheidendes nun Rassen, Nationalitäten, Stämme, Landschaften, ppe_450.037
Zeitalter und Generationen in Daseinsrichtung, Erlebnisform ppe_450.038
und Problemstellung ihrer Natur nach mit sich bringen, für sie alle ppe_450.039
liegt im Wesen der Dichtung das Gesetz des \en kai pan, wonach das ppe_450.040
Einzelne zum Sinnbild des Ganzen wird. Indem der Dichter seine

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klar in seiner Seele, und will jemand einen großartigen Stil schreiben, ppe_450.002
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Wunsch nicht entsagen, es dennoch zu begreifen.“

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Der französische Philosoph Emile Boutroux hat den Unterschied ppe_450.027
deutscher und französischer Geisteshaltung zu fassen versucht, indem ppe_450.028
er auf der einen Seite die „Idee des Ganzen“, auf der andern die ppe_450.029
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versuchte in seiner Balzacmonographie, den Gegensatz zu versöhnen, ppe_450.031
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überhaupt erblickte und den französischen Geist von der Einheit ppe_450.033
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ließ. „Aber der Geist selbst ist einig und ewig, und vor seiner Wirklichkeit ppe_450.035
vergehen die Gegensätze.“

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Zitationshilfe: Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/474>, abgerufen am 22.11.2024.