ppe_042.001 Ich aus in den existentialen Wesenskern des Kunstwerkes einzudringen ppe_042.002 forderten; gleichzeitig griff in Frankreich Henri Bergsons "Introduction ppe_042.003 a la Metaphysique" die Intuition als Mittel eindringenden Weltverstehens ppe_042.004 auf; in Italien erschien 1902 die "Estetica" von Benedetto ppe_042.005 Croce, die alle Kunst, nicht nur die Dichtung, als menschlichen ppe_042.006 Sprachausdruck betrachtet wissen wollte, der historisch zu erklären, ppe_042.007 aber nicht zu bewerten sei. Ihm schloß sich das Auftreten des deutschen ppe_042.008 Romanisten Karl Voßler an, der gegen den mechanisierenden ppe_042.009 Positivismus und für einen ästhetischen Idealismus in der Sprachwissenschaft ppe_042.010 kämpfend der Stilerforschung neue Bahnen öffnete und ppe_042.011 die Sprachentwicklung als geistigen Vorgang in den Kulturzusammenhang ppe_042.012 stellte (1903).
ppe_042.013 In den so gelockerten Boden fiel das Erscheinen der alten Aufsätze, ppe_042.014 die Wilhelm Dilthey 1905 zusammenfaßte, als fruchtbare Saat. ppe_042.015 In diesen essayistischen Meisterstücken, die eine große Leserschaft ppe_042.016 auch außerhalb der Fachwissenschaft anzogen, lagen Vorbilder für ppe_042.017 einen Formwandel der Monographie, die von der realistischen zur ppe_042.018 idealistischen Methode, von der Kategorie des Werdens zu der des ppe_042.019 Seins hinübergeleitet wurde. Von der Stofflast belangloser Tatsächlichkeiten ppe_042.020 befreit, drängte die Darstellung nun zur Herausarbeitung ppe_042.021 der zentralen Probleme, der Urgründe des Schaffens, der Wege des ppe_042.022 Verstehens und des Sinnes der Existenz.
ppe_042.023 Auch die Dichter begannen, sich den theoretischen und historischen ppe_042.024 Problemen ihrer Kunst wieder zuzuwenden, als Ricarda Huch 1902 ppe_042.025 ihr Werk über die Romantik beendete, als Wilhelm v. Scholz 1905 ppe_042.026 seine "Gedanken zum Drama" und 1906 Paul Ernst seinen "Weg zur ppe_042.027 Form" veröffentlichte, ohne daß allerdings die wissenschaftliche Betrachtung ppe_042.028 der Formprobleme dadurch zunächst bemerkenswert beeinflußt ppe_042.029 worden wäre. Ein anderer Dichter, der selbst wenig über die ppe_042.030 Dichtung schrieb, gewann mehr Einfluß. Haltung und Zurückhaltung ppe_042.031 Stefan Georges sollten bald eine vorbildhafte Wirkung von immer ppe_042.032 größerer Tragweite auf den wachsenden Kreis der Anhänger und auf ppe_042.033 die in ihm betriebene Schau großer Persönlichkeiten ausüben.
ppe_042.034 Zunächst stand freilich für die deutsche Literaturgeschichte und ppe_042.035 ihre synthetischen Aufgaben das Problem der Gliederung im Vordergrunde. ppe_042.036 Es kam darauf an, Grundbegriffe des organischen Aufbaues ppe_042.037 und der Überschau zu finden, die als inneres Ordnungsprinzip an ppe_042.038 Stelle mechanischer Zahlengerüste treten konnten. Hatte R. M. Meyer ppe_042.039 noch 1900 für seine "Literaturgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts" ppe_042.040 eine Gruppierung nach Dekaden bequem gefunden, so wurde ppe_042.041 er schon ein Jahr später durch die einhellige Kritik dieses Verfahrens
ppe_042.001 Ich aus in den existentialen Wesenskern des Kunstwerkes einzudringen ppe_042.002 forderten; gleichzeitig griff in Frankreich Henri Bergsons „Introduction ppe_042.003 à la Métaphysique“ die Intuition als Mittel eindringenden Weltverstehens ppe_042.004 auf; in Italien erschien 1902 die „Estetica“ von Benedetto ppe_042.005 Croce, die alle Kunst, nicht nur die Dichtung, als menschlichen ppe_042.006 Sprachausdruck betrachtet wissen wollte, der historisch zu erklären, ppe_042.007 aber nicht zu bewerten sei. Ihm schloß sich das Auftreten des deutschen ppe_042.008 Romanisten Karl Voßler an, der gegen den mechanisierenden ppe_042.009 Positivismus und für einen ästhetischen Idealismus in der Sprachwissenschaft ppe_042.010 kämpfend der Stilerforschung neue Bahnen öffnete und ppe_042.011 die Sprachentwicklung als geistigen Vorgang in den Kulturzusammenhang ppe_042.012 stellte (1903).
ppe_042.013 In den so gelockerten Boden fiel das Erscheinen der alten Aufsätze, ppe_042.014 die Wilhelm Dilthey 1905 zusammenfaßte, als fruchtbare Saat. ppe_042.015 In diesen essayistischen Meisterstücken, die eine große Leserschaft ppe_042.016 auch außerhalb der Fachwissenschaft anzogen, lagen Vorbilder für ppe_042.017 einen Formwandel der Monographie, die von der realistischen zur ppe_042.018 idealistischen Methode, von der Kategorie des Werdens zu der des ppe_042.019 Seins hinübergeleitet wurde. Von der Stofflast belangloser Tatsächlichkeiten ppe_042.020 befreit, drängte die Darstellung nun zur Herausarbeitung ppe_042.021 der zentralen Probleme, der Urgründe des Schaffens, der Wege des ppe_042.022 Verstehens und des Sinnes der Existenz.
ppe_042.023 Auch die Dichter begannen, sich den theoretischen und historischen ppe_042.024 Problemen ihrer Kunst wieder zuzuwenden, als Ricarda Huch 1902 ppe_042.025 ihr Werk über die Romantik beendete, als Wilhelm v. Scholz 1905 ppe_042.026 seine „Gedanken zum Drama“ und 1906 Paul Ernst seinen „Weg zur ppe_042.027 Form“ veröffentlichte, ohne daß allerdings die wissenschaftliche Betrachtung ppe_042.028 der Formprobleme dadurch zunächst bemerkenswert beeinflußt ppe_042.029 worden wäre. Ein anderer Dichter, der selbst wenig über die ppe_042.030 Dichtung schrieb, gewann mehr Einfluß. Haltung und Zurückhaltung ppe_042.031 Stefan Georges sollten bald eine vorbildhafte Wirkung von immer ppe_042.032 größerer Tragweite auf den wachsenden Kreis der Anhänger und auf ppe_042.033 die in ihm betriebene Schau großer Persönlichkeiten ausüben.
ppe_042.034 Zunächst stand freilich für die deutsche Literaturgeschichte und ppe_042.035 ihre synthetischen Aufgaben das Problem der Gliederung im Vordergrunde. ppe_042.036 Es kam darauf an, Grundbegriffe des organischen Aufbaues ppe_042.037 und der Überschau zu finden, die als inneres Ordnungsprinzip an ppe_042.038 Stelle mechanischer Zahlengerüste treten konnten. Hatte R. M. Meyer ppe_042.039 noch 1900 für seine „Literaturgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts“ ppe_042.040 eine Gruppierung nach Dekaden bequem gefunden, so wurde ppe_042.041 er schon ein Jahr später durch die einhellige Kritik dieses Verfahrens
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In den so gelockerten Boden fiel das Erscheinen der alten Aufsätze, ppe_042.014
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Petersen, Julius: Die Wissenschaft von der Dichtung. System und Methodenlehre der Literaturwissenschaft. 2. Auflage. Berlin, 1944, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/petersen_poetik_1944/66>, abgerufen am 24.11.2024.
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