Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.Wer nach Calcutta und nicht weiter kam, kann sich kaum einen richtigen Begriff von Indien machen. Calcutta ist beinahe europäisch geworden. Die Paläste, die Equipagen sind europäisch, es gibt da Gesellschaften, Bälle, Concerte, Promenaden, beinahe wie in Paris und London, und sähe man nicht den gelbbraunen Eingebornen auf der Straße, den Hindu als Diener im Hause, so könnte man wahrlich oft leicht vergessen, daß man sich in einem fremden Welttheile befindet. Anders ist es in Benares. Da steht der Europäer vereinzelt; fremdartige Sitten und Gebräuche umgeben ihn überall und erinnern ihn bei jedem Schritte, daß er der geduldete Eindringling ist. Benares zählt bei 300,000 Einwohner, worunter kaum 150 Europäer. Die Stadt ist schön, besonders von der Wasserseite aus gesehen, wo man ihre Mängel nicht bemerkt. Prachtvolle Treppen-Reihen, aus kolossalen Steinen gebaut, führen das Ufer hinan zu den Häusern und Palästen, zu den kunstvoll gebauten Stadtthoren. In dem schönen Stadttheile reihen sie sich ununterbrochen aneinander und bilden eine zwei engl. Meilen lange Kette. Diese Treppen kosteten unermeßliche Summen, und aus den dazu verwendeten Steinen hätte man eine große Stadt erbauen können. Der schöne Stadttheil enthält sehr viele alterthümliche Paläste im maurischen, gothischen oder hindostanischen Style, deren manche eine Höhe bis zu sechs Stockwerken haben. Die Portale sind großartig, die Fronten der Paläste und Häuser mit meisterhaft gearbeiteten Arabesken, Basreliefs und Bildhauerarbeiten bedeckt, die Stockwerke Wer nach Calcutta und nicht weiter kam, kann sich kaum einen richtigen Begriff von Indien machen. Calcutta ist beinahe europäisch geworden. Die Paläste, die Equipagen sind europäisch, es gibt da Gesellschaften, Bälle, Concerte, Promenaden, beinahe wie in Paris und London, und sähe man nicht den gelbbraunen Eingebornen auf der Straße, den Hindu als Diener im Hause, so könnte man wahrlich oft leicht vergessen, daß man sich in einem fremden Welttheile befindet. Anders ist es in Benares. Da steht der Europäer vereinzelt; fremdartige Sitten und Gebräuche umgeben ihn überall und erinnern ihn bei jedem Schritte, daß er der geduldete Eindringling ist. Benares zählt bei 300,000 Einwohner, worunter kaum 150 Europäer. Die Stadt ist schön, besonders von der Wasserseite aus gesehen, wo man ihre Mängel nicht bemerkt. Prachtvolle Treppen-Reihen, aus kolossalen Steinen gebaut, führen das Ufer hinan zu den Häusern und Palästen, zu den kunstvoll gebauten Stadtthoren. In dem schönen Stadttheile reihen sie sich ununterbrochen aneinander und bilden eine zwei engl. Meilen lange Kette. Diese Treppen kosteten unermeßliche Summen, und aus den dazu verwendeten Steinen hätte man eine große Stadt erbauen können. Der schöne Stadttheil enthält sehr viele alterthümliche Paläste im maurischen, gothischen oder hindostanischen Style, deren manche eine Höhe bis zu sechs Stockwerken haben. Die Portale sind großartig, die Fronten der Paläste und Häuser mit meisterhaft gearbeiteten Arabesken, Basreliefs und Bildhauerarbeiten bedeckt, die Stockwerke <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0174" n="167"/> <p>Wer nach Calcutta und nicht weiter kam, kann sich kaum einen richtigen Begriff von Indien machen. Calcutta ist beinahe europäisch geworden. Die Paläste, die Equipagen sind europäisch, es gibt da Gesellschaften, Bälle, Concerte, Promenaden, beinahe wie in Paris und London, und sähe man nicht den gelbbraunen Eingebornen auf der Straße, den Hindu als Diener im Hause, so könnte man wahrlich oft leicht vergessen, daß man sich in einem fremden Welttheile befindet.</p> <p>Anders ist es in Benares. Da steht der Europäer vereinzelt; fremdartige Sitten und Gebräuche umgeben ihn überall und erinnern ihn bei jedem Schritte, daß er der geduldete Eindringling ist. Benares zählt bei 300,000 Einwohner, worunter kaum 150 Europäer.</p> <p>Die Stadt ist schön, besonders von der Wasserseite aus gesehen, wo man ihre Mängel nicht bemerkt. Prachtvolle Treppen-Reihen, aus kolossalen Steinen gebaut, führen das Ufer hinan zu den Häusern und Palästen, zu den kunstvoll gebauten Stadtthoren. In dem schönen Stadttheile reihen sie sich ununterbrochen aneinander und bilden eine zwei engl. Meilen lange Kette. Diese Treppen kosteten unermeßliche Summen, und aus den dazu verwendeten Steinen hätte man eine große Stadt erbauen können.</p> <p>Der schöne Stadttheil enthält sehr viele alterthümliche Paläste im maurischen, gothischen oder hindostanischen Style, deren manche eine Höhe bis zu sechs Stockwerken haben. Die Portale sind großartig, die Fronten der Paläste und Häuser mit meisterhaft gearbeiteten Arabesken, Basreliefs und Bildhauerarbeiten bedeckt, die Stockwerke </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0174]
Wer nach Calcutta und nicht weiter kam, kann sich kaum einen richtigen Begriff von Indien machen. Calcutta ist beinahe europäisch geworden. Die Paläste, die Equipagen sind europäisch, es gibt da Gesellschaften, Bälle, Concerte, Promenaden, beinahe wie in Paris und London, und sähe man nicht den gelbbraunen Eingebornen auf der Straße, den Hindu als Diener im Hause, so könnte man wahrlich oft leicht vergessen, daß man sich in einem fremden Welttheile befindet.
Anders ist es in Benares. Da steht der Europäer vereinzelt; fremdartige Sitten und Gebräuche umgeben ihn überall und erinnern ihn bei jedem Schritte, daß er der geduldete Eindringling ist. Benares zählt bei 300,000 Einwohner, worunter kaum 150 Europäer.
Die Stadt ist schön, besonders von der Wasserseite aus gesehen, wo man ihre Mängel nicht bemerkt. Prachtvolle Treppen-Reihen, aus kolossalen Steinen gebaut, führen das Ufer hinan zu den Häusern und Palästen, zu den kunstvoll gebauten Stadtthoren. In dem schönen Stadttheile reihen sie sich ununterbrochen aneinander und bilden eine zwei engl. Meilen lange Kette. Diese Treppen kosteten unermeßliche Summen, und aus den dazu verwendeten Steinen hätte man eine große Stadt erbauen können.
Der schöne Stadttheil enthält sehr viele alterthümliche Paläste im maurischen, gothischen oder hindostanischen Style, deren manche eine Höhe bis zu sechs Stockwerken haben. Die Portale sind großartig, die Fronten der Paläste und Häuser mit meisterhaft gearbeiteten Arabesken, Basreliefs und Bildhauerarbeiten bedeckt, die Stockwerke
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/174>, abgerufen am 16.07.2024. |