Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

mit einem fußhohen Geländer angebracht ist. Glücklich wer dem Schwindel nicht unterworfen ist! Er kann da hinaustreten und das unendliche Häusermeer mit den zahllosen Hindu-Tempeln in Vogelperspective überschauen. Auch der Ganges mit seinem meilenlangen Treppenquais liegt aufgedeckt zu den Füßen. An recht heiteren, klaren Tagen soll man sogar einer fernen Hügelkette ansichtig werden, -- der Tag war schön und heiter; aber die Hügelkette konnte ich nicht erblicken.

Ein höchst merkwürdiger und kunstvoller Bau ist das Observatorium, welches Dscheising unter dem geistvollen Kaiser Akbar vor mehr denn zweihundert Jahren baute. Man findet da keine gewöhnlichen Fernröhre und Teleskope, sondern alle Instrumente sind aus massiven Quadersteinen kunstvoll zusammengefügt. Auf einer erhöhten Terrasse, zu welcher steinerne Treppen führen, stehen zirkelrunde Tafeln, halb- und viertelzirkelförmige Bogen u. s. w., die voll Zeichen, Schriften und Linien sind. Mit diesen Instrumenten machten und machen noch heut zu Tage die Brahminen ihre Beobachtungen und Berechnungen in den Gestirnen. -- Auch jetzt trafen wir mehrere Brahminen eifrig mit Berechnungen und schriftlichen Aufsätzen beschäftigt.

Benares ist überhaupt auch der Hauptsitz der indischen Gelehrsamkeit. Unter den Brahminen, sechstausend an der Zahl, soll es viele geben, die Unterricht in der Astronomie, in der Sanskrit-Sprache und in andern wissenschaftlichen Gegenständen ertheilen.

Eine andere Merkwürdigkeit von Benares sind die heiligen Affen, die ihren Hauptsitz auf einigen ungeheuren Mango-Bäumen in der Vorstadt Durgakund haben. Als

mit einem fußhohen Geländer angebracht ist. Glücklich wer dem Schwindel nicht unterworfen ist! Er kann da hinaustreten und das unendliche Häusermeer mit den zahllosen Hindu-Tempeln in Vogelperspective überschauen. Auch der Ganges mit seinem meilenlangen Treppenquais liegt aufgedeckt zu den Füßen. An recht heiteren, klaren Tagen soll man sogar einer fernen Hügelkette ansichtig werden, — der Tag war schön und heiter; aber die Hügelkette konnte ich nicht erblicken.

Ein höchst merkwürdiger und kunstvoller Bau ist das Observatorium, welches Dscheising unter dem geistvollen Kaiser Akbar vor mehr denn zweihundert Jahren baute. Man findet da keine gewöhnlichen Fernröhre und Teleskope, sondern alle Instrumente sind aus massiven Quadersteinen kunstvoll zusammengefügt. Auf einer erhöhten Terrasse, zu welcher steinerne Treppen führen, stehen zirkelrunde Tafeln, halb- und viertelzirkelförmige Bogen u. s. w., die voll Zeichen, Schriften und Linien sind. Mit diesen Instrumenten machten und machen noch heut zu Tage die Brahminen ihre Beobachtungen und Berechnungen in den Gestirnen. — Auch jetzt trafen wir mehrere Brahminen eifrig mit Berechnungen und schriftlichen Aufsätzen beschäftigt.

Benares ist überhaupt auch der Hauptsitz der indischen Gelehrsamkeit. Unter den Brahminen, sechstausend an der Zahl, soll es viele geben, die Unterricht in der Astronomie, in der Sanskrit-Sprache und in andern wissenschaftlichen Gegenständen ertheilen.

Eine andere Merkwürdigkeit von Benares sind die heiligen Affen, die ihren Hauptsitz auf einigen ungeheuren Mango-Bäumen in der Vorstadt Durgakund haben. Als

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0180" n="173"/>
mit einem fußhohen Geländer angebracht ist. Glücklich wer dem Schwindel nicht unterworfen ist! Er kann da hinaustreten und das unendliche Häusermeer mit den zahllosen Hindu-Tempeln in Vogelperspective überschauen. Auch der Ganges mit seinem meilenlangen Treppenquais liegt aufgedeckt zu den Füßen. An recht heiteren, klaren Tagen soll man sogar einer fernen Hügelkette ansichtig werden, &#x2014; der Tag war schön und heiter; aber die Hügelkette konnte ich nicht erblicken.</p>
          <p>Ein höchst merkwürdiger und kunstvoller Bau ist das Observatorium, welches Dscheising unter dem geistvollen Kaiser Akbar vor mehr denn zweihundert Jahren baute. Man findet da keine gewöhnlichen Fernröhre und Teleskope, sondern alle Instrumente sind aus massiven Quadersteinen kunstvoll zusammengefügt. Auf einer erhöhten Terrasse, zu welcher steinerne Treppen führen, stehen zirkelrunde Tafeln, halb- und viertelzirkelförmige Bogen u. s. w., die voll Zeichen, Schriften und Linien sind. Mit diesen Instrumenten machten und machen noch heut zu Tage die Brahminen ihre Beobachtungen und Berechnungen in den Gestirnen. &#x2014; Auch jetzt trafen wir mehrere Brahminen eifrig mit Berechnungen und schriftlichen Aufsätzen beschäftigt.</p>
          <p>Benares ist überhaupt auch der Hauptsitz der indischen Gelehrsamkeit. Unter den Brahminen, sechstausend an der Zahl, soll es viele geben, die Unterricht in der Astronomie, in der Sanskrit-Sprache und in andern wissenschaftlichen Gegenständen ertheilen.</p>
          <p>Eine andere Merkwürdigkeit von Benares sind die heiligen Affen, die ihren Hauptsitz auf einigen ungeheuren Mango-Bäumen in der Vorstadt Durgakund haben. Als
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0180] mit einem fußhohen Geländer angebracht ist. Glücklich wer dem Schwindel nicht unterworfen ist! Er kann da hinaustreten und das unendliche Häusermeer mit den zahllosen Hindu-Tempeln in Vogelperspective überschauen. Auch der Ganges mit seinem meilenlangen Treppenquais liegt aufgedeckt zu den Füßen. An recht heiteren, klaren Tagen soll man sogar einer fernen Hügelkette ansichtig werden, — der Tag war schön und heiter; aber die Hügelkette konnte ich nicht erblicken. Ein höchst merkwürdiger und kunstvoller Bau ist das Observatorium, welches Dscheising unter dem geistvollen Kaiser Akbar vor mehr denn zweihundert Jahren baute. Man findet da keine gewöhnlichen Fernröhre und Teleskope, sondern alle Instrumente sind aus massiven Quadersteinen kunstvoll zusammengefügt. Auf einer erhöhten Terrasse, zu welcher steinerne Treppen führen, stehen zirkelrunde Tafeln, halb- und viertelzirkelförmige Bogen u. s. w., die voll Zeichen, Schriften und Linien sind. Mit diesen Instrumenten machten und machen noch heut zu Tage die Brahminen ihre Beobachtungen und Berechnungen in den Gestirnen. — Auch jetzt trafen wir mehrere Brahminen eifrig mit Berechnungen und schriftlichen Aufsätzen beschäftigt. Benares ist überhaupt auch der Hauptsitz der indischen Gelehrsamkeit. Unter den Brahminen, sechstausend an der Zahl, soll es viele geben, die Unterricht in der Astronomie, in der Sanskrit-Sprache und in andern wissenschaftlichen Gegenständen ertheilen. Eine andere Merkwürdigkeit von Benares sind die heiligen Affen, die ihren Hauptsitz auf einigen ungeheuren Mango-Bäumen in der Vorstadt Durgakund haben. Als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/180
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 2. Wien, 1850, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt02_1850/180>, abgerufen am 21.11.2024.