Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.in Ruinen, -- es war als hätte der Feind oder die Peft hier gewüthet. Ich frug endlich nach dem Namen und glaubte nicht recht verstanden zu haben, als man mir sagte, dies sei Tebris. Mein Führer führte mich in das Haus des englischen Konsuls, Herrn Stevens, der, zu meinem Schrecken, nicht in der Stadt, sondern zehn Meilen entfernt auf dem Lande wohnte. Ein Diener sagte mir jedoch, daß er sogleich zu dem Doktor Casolani gehen werde, einem Herrn, mit dem ich englisch sprechen könne. Nach sehr kurzer Zeit kam ein Herr herbei geeilt, dessen erste Fragen waren: Wie kamen Sie allein hieher? Hat man Sie ausgeraubt? Sind Sie von Ihrer Gesellschaft getrennt worden und nur allein davon gekommen? -- Als ich ihm aber meinen Paß reichte und über alles Auskunft ertheilte, schien er meinen Worten kaum zu glauben; er meinte, es grenze an's Fabelhafte, daß es einer Frau habe gelingen können, allein, ohne Sprachkenntniß durch solche Länder und solche Völker zu dringen. Auch ich konnte Gott nicht genug danken für den augenscheinlichen Schutz, den er mir auf dieser Reise gewährt hatte, -- ich fühlte mich so fröhlich und heiter: es war mir, als sei mir das Leben ein zweites Mal geschenkt worden. Doktor Casolani wies mir in Herrn Stevens Hause einige Zimmer an und sagte mir, er werde sogleich einen Boten an den Konsul schicken und ich möge unterdessen alle meine Wünsche an ihn richten. Als ich ihm meine Verwunderung über die erbärmliche Ansicht und den häßlichen Eintritt in diese zweite in Ruinen, — es war als hätte der Feind oder die Peft hier gewüthet. Ich frug endlich nach dem Namen und glaubte nicht recht verstanden zu haben, als man mir sagte, dies sei Tebris. Mein Führer führte mich in das Haus des englischen Konsuls, Herrn Stevens, der, zu meinem Schrecken, nicht in der Stadt, sondern zehn Meilen entfernt auf dem Lande wohnte. Ein Diener sagte mir jedoch, daß er sogleich zu dem Doktor Casolani gehen werde, einem Herrn, mit dem ich englisch sprechen könne. Nach sehr kurzer Zeit kam ein Herr herbei geeilt, dessen erste Fragen waren: Wie kamen Sie allein hieher? Hat man Sie ausgeraubt? Sind Sie von Ihrer Gesellschaft getrennt worden und nur allein davon gekommen? — Als ich ihm aber meinen Paß reichte und über alles Auskunft ertheilte, schien er meinen Worten kaum zu glauben; er meinte, es grenze an’s Fabelhafte, daß es einer Frau habe gelingen können, allein, ohne Sprachkenntniß durch solche Länder und solche Völker zu dringen. Auch ich konnte Gott nicht genug danken für den augenscheinlichen Schutz, den er mir auf dieser Reise gewährt hatte, — ich fühlte mich so fröhlich und heiter: es war mir, als sei mir das Leben ein zweites Mal geschenkt worden. Doktor Casolani wies mir in Herrn Stevens Hause einige Zimmer an und sagte mir, er werde sogleich einen Boten an den Konsul schicken und ich möge unterdessen alle meine Wünsche an ihn richten. Als ich ihm meine Verwunderung über die erbärmliche Ansicht und den häßlichen Eintritt in diese zweite <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0225" n="217"/> in Ruinen, — es war als hätte der Feind oder die Peft hier gewüthet. Ich frug endlich nach dem Namen und glaubte nicht recht verstanden zu haben, als man mir sagte, dies sei <hi rendition="#aq">Tebris</hi>.</p> <p>Mein Führer führte mich in das Haus des englischen Konsuls, Herrn Stevens, der, zu meinem Schrecken, nicht in der Stadt, sondern zehn Meilen entfernt auf dem Lande wohnte. Ein Diener sagte mir jedoch, daß er sogleich zu dem Doktor Casolani gehen werde, einem Herrn, mit dem ich englisch sprechen könne. Nach sehr kurzer Zeit kam ein Herr herbei geeilt, dessen erste Fragen waren: Wie kamen Sie <hi rendition="#aq">allein</hi> hieher? Hat man Sie ausgeraubt? Sind Sie von Ihrer Gesellschaft getrennt worden und nur allein davon gekommen? — Als ich ihm aber meinen Paß reichte und über alles Auskunft ertheilte, schien er meinen Worten kaum zu glauben; er meinte, es grenze an’s Fabelhafte, daß es einer Frau habe gelingen können, allein, ohne Sprachkenntniß durch solche Länder und solche Völker zu dringen. Auch ich konnte Gott nicht genug danken für den augenscheinlichen Schutz, den er mir auf dieser Reise gewährt hatte, — ich fühlte mich so fröhlich und heiter: es war mir, als sei mir das Leben ein zweites Mal geschenkt worden.</p> <p>Doktor Casolani wies mir in Herrn Stevens Hause einige Zimmer an und sagte mir, er werde sogleich einen Boten an den Konsul schicken und ich möge unterdessen alle meine Wünsche an ihn richten.</p> <p>Als ich ihm meine Verwunderung über die erbärmliche Ansicht und den häßlichen Eintritt in diese zweite </p> </div> </body> </text> </TEI> [217/0225]
in Ruinen, — es war als hätte der Feind oder die Peft hier gewüthet. Ich frug endlich nach dem Namen und glaubte nicht recht verstanden zu haben, als man mir sagte, dies sei Tebris.
Mein Führer führte mich in das Haus des englischen Konsuls, Herrn Stevens, der, zu meinem Schrecken, nicht in der Stadt, sondern zehn Meilen entfernt auf dem Lande wohnte. Ein Diener sagte mir jedoch, daß er sogleich zu dem Doktor Casolani gehen werde, einem Herrn, mit dem ich englisch sprechen könne. Nach sehr kurzer Zeit kam ein Herr herbei geeilt, dessen erste Fragen waren: Wie kamen Sie allein hieher? Hat man Sie ausgeraubt? Sind Sie von Ihrer Gesellschaft getrennt worden und nur allein davon gekommen? — Als ich ihm aber meinen Paß reichte und über alles Auskunft ertheilte, schien er meinen Worten kaum zu glauben; er meinte, es grenze an’s Fabelhafte, daß es einer Frau habe gelingen können, allein, ohne Sprachkenntniß durch solche Länder und solche Völker zu dringen. Auch ich konnte Gott nicht genug danken für den augenscheinlichen Schutz, den er mir auf dieser Reise gewährt hatte, — ich fühlte mich so fröhlich und heiter: es war mir, als sei mir das Leben ein zweites Mal geschenkt worden.
Doktor Casolani wies mir in Herrn Stevens Hause einige Zimmer an und sagte mir, er werde sogleich einen Boten an den Konsul schicken und ich möge unterdessen alle meine Wünsche an ihn richten.
Als ich ihm meine Verwunderung über die erbärmliche Ansicht und den häßlichen Eintritt in diese zweite
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/225>, abgerufen am 18.07.2024. |