Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.bemerken, daß die Schreibseligkeit der russischen Regierung noch um vieles jene der österreichischen übertrifft, welche letztere ich bisher in dieser Beziehung für unerreichbar gehalten hatte. Statt eines einfachen Visa's bekam ich ein großes Blatt angeschrieben, und davon wurden Abschriften über Abschriften genommen; das Ding währte über eine halbe Stunde. Das Schiff kam erst am 5. September (russischen Kalenders). Nichts ist lästiger als von einer Stunde zur andern auf eine Reisegelegenheit zu warten, besonders wenn man noch dazu augenblicklich zur Abfahrt bereit sein muß. Jeden Morgen packte ich meine Sachen zusammen, ich wagte nieh ein Stückchen Fleisch oder ein Huhn zu kochen, da ich fürchtete vom vollen Topfe weg gerufen zu werden; erst gegen Abend fühlte ich mich sicher und konnte ein wenig spazieren gehen. So viel ich von der Umgebung Redutkales und überhaupt von Mingrelien gesehen habe, so ist das Land mit Hügeln und Bergen genugsam ausgestattet, große Thäler und Ebenen liegen dazwischen, und alles ist mit Waldungen reich bedeckt. Die Luft ist daher feucht und ungesund, und es regnet sehr häufig. Die aufgehende Sonne zieht so dichte Dünste auf, daß sie wie undurchdringliche Nebel 4-5 Fuß hoch über der Erde schweben. Diese Dünste sollen auch Ursache vieler Krankheiten, besonders der Fieber und Wassersuchten sein. Zudem sind die Leute so unklug, ihre Hütten und Wohnungen, statt sie an freien, luftigen und sonnigen Plätzen zu bauen, so recht im Gebüsche und unter dicht belaubte Bäume zu bergen. Man kömmt häufig an Dörfern vorüber und gewahrt kaum hie und da bemerken, daß die Schreibseligkeit der russischen Regierung noch um vieles jene der österreichischen übertrifft, welche letztere ich bisher in dieser Beziehung für unerreichbar gehalten hatte. Statt eines einfachen Visa’s bekam ich ein großes Blatt angeschrieben, und davon wurden Abschriften über Abschriften genommen; das Ding währte über eine halbe Stunde. Das Schiff kam erst am 5. September (russischen Kalenders). Nichts ist lästiger als von einer Stunde zur andern auf eine Reisegelegenheit zu warten, besonders wenn man noch dazu augenblicklich zur Abfahrt bereit sein muß. Jeden Morgen packte ich meine Sachen zusammen, ich wagte nieh ein Stückchen Fleisch oder ein Huhn zu kochen, da ich fürchtete vom vollen Topfe weg gerufen zu werden; erst gegen Abend fühlte ich mich sicher und konnte ein wenig spazieren gehen. So viel ich von der Umgebung Redutkales und überhaupt von Mingrelien gesehen habe, so ist das Land mit Hügeln und Bergen genugsam ausgestattet, große Thäler und Ebenen liegen dazwischen, und alles ist mit Waldungen reich bedeckt. Die Luft ist daher feucht und ungesund, und es regnet sehr häufig. Die aufgehende Sonne zieht so dichte Dünste auf, daß sie wie undurchdringliche Nebel 4-5 Fuß hoch über der Erde schweben. Diese Dünste sollen auch Ursache vieler Krankheiten, besonders der Fieber und Wassersuchten sein. Zudem sind die Leute so unklug, ihre Hütten und Wohnungen, statt sie an freien, luftigen und sonnigen Plätzen zu bauen, so recht im Gebüsche und unter dicht belaubte Bäume zu bergen. Man kömmt häufig an Dörfern vorüber und gewahrt kaum hie und da <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0284" n="276"/> bemerken, daß die Schreibseligkeit der russischen Regierung noch um vieles jene der österreichischen übertrifft, welche letztere ich bisher in dieser Beziehung für unerreichbar gehalten hatte. Statt eines einfachen Visa’s bekam ich ein großes Blatt angeschrieben, und davon wurden Abschriften über Abschriften genommen; das Ding währte über eine halbe Stunde.</p> <p>Das Schiff kam erst am 5. September (russischen Kalenders). Nichts ist lästiger als von einer Stunde zur andern auf eine Reisegelegenheit zu warten, besonders wenn man noch dazu augenblicklich zur Abfahrt bereit sein muß. Jeden Morgen packte ich meine Sachen zusammen, ich wagte nieh ein Stückchen Fleisch oder ein Huhn zu kochen, da ich fürchtete vom vollen Topfe weg gerufen zu werden; erst gegen Abend fühlte ich mich sicher und konnte ein wenig spazieren gehen.</p> <p>So viel ich von der Umgebung <hi rendition="#aq">Redutkales</hi> und überhaupt von Mingrelien gesehen habe, so ist das Land mit Hügeln und Bergen genugsam ausgestattet, große Thäler und Ebenen liegen dazwischen, und alles ist mit Waldungen reich bedeckt. Die Luft ist daher feucht und ungesund, und es regnet sehr häufig. Die aufgehende Sonne zieht so dichte Dünste auf, daß sie wie undurchdringliche Nebel 4-5 Fuß hoch über der Erde schweben. Diese Dünste sollen auch Ursache vieler Krankheiten, besonders der Fieber und Wassersuchten sein. Zudem sind die Leute so unklug, ihre Hütten und Wohnungen, statt sie an freien, luftigen und sonnigen Plätzen zu bauen, so recht im Gebüsche und unter dicht belaubte Bäume zu bergen. Man kömmt häufig an Dörfern vorüber und gewahrt kaum hie und da </p> </div> </body> </text> </TEI> [276/0284]
bemerken, daß die Schreibseligkeit der russischen Regierung noch um vieles jene der österreichischen übertrifft, welche letztere ich bisher in dieser Beziehung für unerreichbar gehalten hatte. Statt eines einfachen Visa’s bekam ich ein großes Blatt angeschrieben, und davon wurden Abschriften über Abschriften genommen; das Ding währte über eine halbe Stunde.
Das Schiff kam erst am 5. September (russischen Kalenders). Nichts ist lästiger als von einer Stunde zur andern auf eine Reisegelegenheit zu warten, besonders wenn man noch dazu augenblicklich zur Abfahrt bereit sein muß. Jeden Morgen packte ich meine Sachen zusammen, ich wagte nieh ein Stückchen Fleisch oder ein Huhn zu kochen, da ich fürchtete vom vollen Topfe weg gerufen zu werden; erst gegen Abend fühlte ich mich sicher und konnte ein wenig spazieren gehen.
So viel ich von der Umgebung Redutkales und überhaupt von Mingrelien gesehen habe, so ist das Land mit Hügeln und Bergen genugsam ausgestattet, große Thäler und Ebenen liegen dazwischen, und alles ist mit Waldungen reich bedeckt. Die Luft ist daher feucht und ungesund, und es regnet sehr häufig. Die aufgehende Sonne zieht so dichte Dünste auf, daß sie wie undurchdringliche Nebel 4-5 Fuß hoch über der Erde schweben. Diese Dünste sollen auch Ursache vieler Krankheiten, besonders der Fieber und Wassersuchten sein. Zudem sind die Leute so unklug, ihre Hütten und Wohnungen, statt sie an freien, luftigen und sonnigen Plätzen zu bauen, so recht im Gebüsche und unter dicht belaubte Bäume zu bergen. Man kömmt häufig an Dörfern vorüber und gewahrt kaum hie und da
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |