Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.Constantinopelshabe ich bereits in meiner Reise nach dem gelobten Land*) beschrieben. Ich ließ mich sogleich zu meiner guten, lieben Frau Balbiani führen, fand sie aber zu meinem Bedauern nicht mehr in Constantinopel; -- sie hatte ihr Hotel aufgegeben. Man empfahl mir das Hotel "aux quatre nations" der Madame Prust. Madame war eine geschwätzige Französin, die beständig das Lob ihres Hauswesens, ihrer Dienerschaft, Küche u. s. w. im Munde führte, worin ihr aber wohl keiner der Reisenden beistimmte. Sie nahm pr. Tag vierzig Piaster (4 fl. CM.) und schrieb außerdem noch für Trinkgelder und derlei Sachen eine gute Summe auf die Rechnung. Ueber das goldene Horn hatte man seit meinem letzten Hiersein eine neue zierliche, hölzerne Brücke geschlagen, der schöne Pallast der russischen Gesandtschaft war beendet, und die Orientalinen kamen mir minder dicht verschleiert vor als bei meinem ersten Besuche Constantinopels. Viele von ihnen trugen so zartgewobene Schleier, daß man so ziemlich die ganze Form des Gesichtes durchscheinen sah. Andere hatten gerade nur die Stirne und das Kinn bedeckt und ließen Augen, Nase und Wangen ganz frei. In der Vorstadt Pera sah es sehr traurig aus. Da gab es der Brandstellen in Menge; ihre Zahl wurde während meines dreitägigen Aufenthaltes noch durch zwei Feuer vermehrt, die man aber "kleine" nannte, da durch das erste blos hundert und dreißig Buden, Hütten und Häuser, durch das zweite gar nur dreißig in Asche gelegt *) Wien, bei Dirnböck, im Jahre 1843.
Constantinopelshabe ich bereits in meiner Reise nach dem gelobten Land*) beschrieben. Ich ließ mich sogleich zu meiner guten, lieben Frau Balbiani führen, fand sie aber zu meinem Bedauern nicht mehr in Constantinopel; — sie hatte ihr Hôtel aufgegeben. Man empfahl mir das Hôtel „aux quatre nations“ der Madame Prust. Madame war eine geschwätzige Französin, die beständig das Lob ihres Hauswesens, ihrer Dienerschaft, Küche u. s. w. im Munde führte, worin ihr aber wohl keiner der Reisenden beistimmte. Sie nahm pr. Tag vierzig Piaster (4 fl. CM.) und schrieb außerdem noch für Trinkgelder und derlei Sachen eine gute Summe auf die Rechnung. Ueber das goldene Horn hatte man seit meinem letzten Hiersein eine neue zierliche, hölzerne Brücke geschlagen, der schöne Pallast der russischen Gesandtschaft war beendet, und die Orientalinen kamen mir minder dicht verschleiert vor als bei meinem ersten Besuche Constantinopels. Viele von ihnen trugen so zartgewobene Schleier, daß man so ziemlich die ganze Form des Gesichtes durchscheinen sah. Andere hatten gerade nur die Stirne und das Kinn bedeckt und ließen Augen, Nase und Wangen ganz frei. In der Vorstadt Pera sah es sehr traurig aus. Da gab es der Brandstellen in Menge; ihre Zahl wurde während meines dreitägigen Aufenthaltes noch durch zwei Feuer vermehrt, die man aber „kleine“ nannte, da durch das erste blos hundert und dreißig Buden, Hütten und Häuser, durch das zweite gar nur dreißig in Asche gelegt *) Wien, bei Dirnböck, im Jahre 1843.
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Constantinopelshabe ich bereits in meiner Reise nach dem gelobten Land *) beschrieben. Ich ließ mich sogleich zu meiner guten, lieben Frau Balbiani führen, fand sie aber zu meinem Bedauern nicht mehr in Constantinopel; — sie hatte ihr Hôtel aufgegeben. Man empfahl mir das Hôtel „aux quatre nations“ der Madame Prust. Madame war eine geschwätzige Französin, die beständig das Lob ihres Hauswesens, ihrer Dienerschaft, Küche u. s. w. im Munde führte, worin ihr aber wohl keiner der Reisenden beistimmte. Sie nahm pr. Tag vierzig Piaster (4 fl. CM.) und schrieb außerdem noch für Trinkgelder und derlei Sachen eine gute Summe auf die Rechnung.
Ueber das goldene Horn hatte man seit meinem letzten Hiersein eine neue zierliche, hölzerne Brücke geschlagen, der schöne Pallast der russischen Gesandtschaft war beendet, und die Orientalinen kamen mir minder dicht verschleiert vor als bei meinem ersten Besuche Constantinopels. Viele von ihnen trugen so zartgewobene Schleier, daß man so ziemlich die ganze Form des Gesichtes durchscheinen sah. Andere hatten gerade nur die Stirne und das Kinn bedeckt und ließen Augen, Nase und Wangen ganz frei.
In der Vorstadt Pera sah es sehr traurig aus. Da gab es der Brandstellen in Menge; ihre Zahl wurde während meines dreitägigen Aufenthaltes noch durch zwei Feuer vermehrt, die man aber „kleine“ nannte, da durch das erste blos hundert und dreißig Buden, Hütten und Häuser, durch das zweite gar nur dreißig in Asche gelegt
*) Wien, bei Dirnböck, im Jahre 1843.
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/313>, abgerufen am 17.07.2024. |