Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.Man hatte mir in Constantinopel gesagt, daß die Quarantäne im Piräus (sechs engl. Meilen von Athen) abgehalten werde und nur vier Tage währe, da der Gesundheitszustand in der Türkei vollkommen befriedigend sei. Statt dessen erfuhr ich auf dem Dampfer, daß sie auf der Insel Aegina (16 engl. Meilen vom Piräus) abgehalten werde und zwölf Tage währe, nicht wegen der Pest, sondern wegen der Cholera. Für die Pest dauert sie ein und zwanzig Tage. Am 10. October erblickten wir das Festland des alten Gräcium. Nahe der Küste segelnd sahen wir auf dem hohen Vorsprunge eines Felsens zwölf große Säulen, Reste eines Minerva-Tempels. Bald kamen wir dem Hügel nahe, auf welchem die herrliche Akropolis liegt. Lange hingen meine Blicke an allem, was ich übersah, die Bilder der griechischen Helden, der griechischen Geschichte zogen an mir vorüber, und ich glühte vor Verlangen, einen Boden zu betreten, der mir von frühester Kindheit an nach dem von Rom und Jerusalem der merkwürdigste und interessanteste auf Erden geschienen hatte. Wie emsig suchte ich nach der neuen Stadt Athen, -- sie lag ja auf derselben Stelle, wo einst die alte, berühmte war. Leider sah ich sie nicht, da sie uns durch einen Hügel verborgen war. Wir bogen in den Piräus ein, an welchem ebenfalls ein neues Städtchen entstanden ist, hielten nur an, um die Postpapiere abzugeben und segelten nach Aegina. Es war schon finstere Nacht, als wir da ankamen; man setzte schnell ein Boot aus und führte uns an den Quai, nahe der Quarantaine. Weder Träger noch Diener Man hatte mir in Constantinopel gesagt, daß die Quarantäne im Piräus (sechs engl. Meilen von Athen) abgehalten werde und nur vier Tage währe, da der Gesundheitszustand in der Türkei vollkommen befriedigend sei. Statt dessen erfuhr ich auf dem Dampfer, daß sie auf der Insel Aegina (16 engl. Meilen vom Piräus) abgehalten werde und zwölf Tage währe, nicht wegen der Pest, sondern wegen der Cholera. Für die Pest dauert sie ein und zwanzig Tage. Am 10. October erblickten wir das Festland des alten Gräcium. Nahe der Küste segelnd sahen wir auf dem hohen Vorsprunge eines Felsens zwölf große Säulen, Reste eines Minerva-Tempels. Bald kamen wir dem Hügel nahe, auf welchem die herrliche Akropolis liegt. Lange hingen meine Blicke an allem, was ich übersah, die Bilder der griechischen Helden, der griechischen Geschichte zogen an mir vorüber, und ich glühte vor Verlangen, einen Boden zu betreten, der mir von frühester Kindheit an nach dem von Rom und Jerusalem der merkwürdigste und interessanteste auf Erden geschienen hatte. Wie emsig suchte ich nach der neuen Stadt Athen, — sie lag ja auf derselben Stelle, wo einst die alte, berühmte war. Leider sah ich sie nicht, da sie uns durch einen Hügel verborgen war. Wir bogen in den Piräus ein, an welchem ebenfalls ein neues Städtchen entstanden ist, hielten nur an, um die Postpapiere abzugeben und segelten nach Aegina. Es war schon finstere Nacht, als wir da ankamen; man setzte schnell ein Boot aus und führte uns an den Quai, nahe der Quarantaine. Weder Träger noch Diener <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0316" n="308"/> <p>Man hatte mir in <hi rendition="#aq">Constantinopel</hi> gesagt, daß die Quarantäne im Piräus (sechs engl. Meilen von <hi rendition="#aq">Athen</hi>) abgehalten werde und nur vier Tage währe, da der Gesundheitszustand in der Türkei vollkommen befriedigend sei. Statt dessen erfuhr ich auf dem Dampfer, daß sie auf der Insel <hi rendition="#aq">Aegina</hi> (16 engl. Meilen vom Piräus) abgehalten werde und zwölf Tage währe, nicht wegen der Pest, sondern wegen der Cholera. Für die Pest dauert sie ein und zwanzig Tage.</p> <p>Am 10. October erblickten wir das Festland des alten Gräcium.</p> <p>Nahe der Küste segelnd sahen wir auf dem hohen Vorsprunge eines Felsens zwölf große Säulen, Reste eines Minerva-Tempels. Bald kamen wir dem Hügel nahe, auf welchem die herrliche <hi rendition="#aq">Akropolis</hi> liegt. Lange hingen meine Blicke an allem, was ich übersah, die Bilder der griechischen Helden, der griechischen Geschichte zogen an mir vorüber, und ich glühte vor Verlangen, einen Boden zu betreten, der mir von frühester Kindheit an nach dem von <hi rendition="#aq">Rom</hi> und <hi rendition="#aq">Jerusalem</hi> der merkwürdigste und interessanteste auf Erden geschienen hatte. Wie emsig suchte ich nach der neuen Stadt <hi rendition="#aq">Athen</hi>, — sie lag ja auf derselben Stelle, wo einst die alte, berühmte war. Leider sah ich sie nicht, da sie uns durch einen Hügel verborgen war. Wir bogen in den Piräus ein, an welchem ebenfalls ein neues Städtchen entstanden ist, hielten nur an, um die Postpapiere abzugeben und segelten nach <hi rendition="#aq">Aegina</hi>.</p> <p>Es war schon finstere Nacht, als wir da ankamen; man setzte schnell ein Boot aus und führte uns an den Quai, nahe der Quarantaine. Weder Träger noch Diener </p> </div> </body> </text> </TEI> [308/0316]
Man hatte mir in Constantinopel gesagt, daß die Quarantäne im Piräus (sechs engl. Meilen von Athen) abgehalten werde und nur vier Tage währe, da der Gesundheitszustand in der Türkei vollkommen befriedigend sei. Statt dessen erfuhr ich auf dem Dampfer, daß sie auf der Insel Aegina (16 engl. Meilen vom Piräus) abgehalten werde und zwölf Tage währe, nicht wegen der Pest, sondern wegen der Cholera. Für die Pest dauert sie ein und zwanzig Tage.
Am 10. October erblickten wir das Festland des alten Gräcium.
Nahe der Küste segelnd sahen wir auf dem hohen Vorsprunge eines Felsens zwölf große Säulen, Reste eines Minerva-Tempels. Bald kamen wir dem Hügel nahe, auf welchem die herrliche Akropolis liegt. Lange hingen meine Blicke an allem, was ich übersah, die Bilder der griechischen Helden, der griechischen Geschichte zogen an mir vorüber, und ich glühte vor Verlangen, einen Boden zu betreten, der mir von frühester Kindheit an nach dem von Rom und Jerusalem der merkwürdigste und interessanteste auf Erden geschienen hatte. Wie emsig suchte ich nach der neuen Stadt Athen, — sie lag ja auf derselben Stelle, wo einst die alte, berühmte war. Leider sah ich sie nicht, da sie uns durch einen Hügel verborgen war. Wir bogen in den Piräus ein, an welchem ebenfalls ein neues Städtchen entstanden ist, hielten nur an, um die Postpapiere abzugeben und segelten nach Aegina.
Es war schon finstere Nacht, als wir da ankamen; man setzte schnell ein Boot aus und führte uns an den Quai, nahe der Quarantaine. Weder Träger noch Diener
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |