Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.Zwischen Woodgown und Kundalla liegt das Oertchen Karly, das ebenfalls seiner zwei Meilen entfernten Felstempel wegen berühmt ist. Ich besuchte sie nicht, weil man mir versicherte, daß sie nicht halb so interessant seien als jene zu Adjunta und Elora. Kundalla liegt auf dem Plateau eines Berges. Es gibt hier mehrere niedliche Landhäuschen, die in der heißen Jahreszeit von mancher europäischen Familie aus dem nahen Bombay bezogen werden. In dem Dekaner und hier im Bombayer Gebiete fand ich die Eingebornen minder schön als in Bengalen und Hindostan: ihre Gesichtszüge waren viel gemeiner und minder offen und gutmüthig. Schon seit einigen Tagen begegneten wir wieder sehr großen Ochsenzügen, von deren Treibern einige ihre Familien bei sich hatten. Die Weiber dieser Leute waren ganz zerrissen und schmutzig gekleidet, dabei aber mit Schmuck aller Art überladen. Der ganze Körper hing voll farbiger Wollborten und Troddeln, die Arme voll Armbänder von Metall, Knochen und Glasperlen; selbst die Ohren waren nebst dem Schmuck mit großen Wollquasten behangen, und die Füße mit schweren Ringen und Ketten belastet. Und so geziert und überladen saß die Schöne auf dem Rücken eines Ochsen oder trabte neben den Thieren einher. 17. März. Seit dem Ueberfalle des Negers in Brasilien hatte ich keine solche Angst gehabt als heute. Mein Fuhrmann war mir schon vom Anfange der Reise an etwas sonderbar oder vielmehr närrisch vorgekommen: bald zankte er mit seinen Ochsen, bald liebkosete er sie, Zwischen Woodgown und Kundalla liegt das Oertchen Karly, das ebenfalls seiner zwei Meilen entfernten Felstempel wegen berühmt ist. Ich besuchte sie nicht, weil man mir versicherte, daß sie nicht halb so interessant seien als jene zu Adjunta und Elora. Kundalla liegt auf dem Plateau eines Berges. Es gibt hier mehrere niedliche Landhäuschen, die in der heißen Jahreszeit von mancher europäischen Familie aus dem nahen Bombay bezogen werden. In dem Dekaner und hier im Bombayer Gebiete fand ich die Eingebornen minder schön als in Bengalen und Hindostan: ihre Gesichtszüge waren viel gemeiner und minder offen und gutmüthig. Schon seit einigen Tagen begegneten wir wieder sehr großen Ochsenzügen, von deren Treibern einige ihre Familien bei sich hatten. Die Weiber dieser Leute waren ganz zerrissen und schmutzig gekleidet, dabei aber mit Schmuck aller Art überladen. Der ganze Körper hing voll farbiger Wollborten und Troddeln, die Arme voll Armbänder von Metall, Knochen und Glasperlen; selbst die Ohren waren nebst dem Schmuck mit großen Wollquasten behangen, und die Füße mit schweren Ringen und Ketten belastet. Und so geziert und überladen saß die Schöne auf dem Rücken eines Ochsen oder trabte neben den Thieren einher. 17. März. Seit dem Ueberfalle des Negers in Brasilien hatte ich keine solche Angst gehabt als heute. Mein Fuhrmann war mir schon vom Anfange der Reise an etwas sonderbar oder vielmehr närrisch vorgekommen: bald zankte er mit seinen Ochsen, bald liebkosete er sie, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0078" n="70"/> <p>Zwischen <hi rendition="#aq">Woodgown</hi> und <hi rendition="#aq">Kundalla</hi> liegt das Oertchen <hi rendition="#aq">Karly</hi>, das ebenfalls seiner zwei Meilen entfernten Felstempel wegen berühmt ist. Ich besuchte sie nicht, weil man mir versicherte, daß sie nicht halb so interessant seien als jene zu <hi rendition="#aq">Adjunta</hi> und <hi rendition="#aq">Elora</hi>.</p> <p><hi rendition="#aq">Kundalla</hi> liegt auf dem Plateau eines Berges. Es gibt hier mehrere niedliche Landhäuschen, die in der heißen Jahreszeit von mancher europäischen Familie aus dem nahen <hi rendition="#aq">Bombay</hi> bezogen werden.</p> <p>In dem <hi rendition="#aq">Dekaner</hi> und hier im <hi rendition="#aq">Bombayer</hi> Gebiete fand ich die Eingebornen minder schön als in Bengalen und Hindostan: ihre Gesichtszüge waren viel gemeiner und minder offen und gutmüthig.</p> <p>Schon seit einigen Tagen begegneten wir wieder sehr großen Ochsenzügen, von deren Treibern einige ihre Familien bei sich hatten. Die Weiber dieser Leute waren ganz zerrissen und schmutzig gekleidet, dabei aber mit Schmuck aller Art überladen. Der ganze Körper hing voll farbiger Wollborten und Troddeln, die Arme voll Armbänder von Metall, Knochen und Glasperlen; selbst die Ohren waren nebst dem Schmuck mit großen Wollquasten behangen, und die Füße mit schweren Ringen und Ketten belastet. Und so geziert und überladen saß die Schöne auf dem Rücken eines Ochsen oder trabte neben den Thieren einher.</p> <p>17. März. Seit dem Ueberfalle des Negers in Brasilien hatte ich keine solche Angst gehabt als heute. Mein Fuhrmann war mir schon vom Anfange der Reise an etwas sonderbar oder vielmehr närrisch vorgekommen: bald zankte er mit seinen Ochsen, bald liebkosete er sie, </p> </div> </body> </text> </TEI> [70/0078]
Zwischen Woodgown und Kundalla liegt das Oertchen Karly, das ebenfalls seiner zwei Meilen entfernten Felstempel wegen berühmt ist. Ich besuchte sie nicht, weil man mir versicherte, daß sie nicht halb so interessant seien als jene zu Adjunta und Elora.
Kundalla liegt auf dem Plateau eines Berges. Es gibt hier mehrere niedliche Landhäuschen, die in der heißen Jahreszeit von mancher europäischen Familie aus dem nahen Bombay bezogen werden.
In dem Dekaner und hier im Bombayer Gebiete fand ich die Eingebornen minder schön als in Bengalen und Hindostan: ihre Gesichtszüge waren viel gemeiner und minder offen und gutmüthig.
Schon seit einigen Tagen begegneten wir wieder sehr großen Ochsenzügen, von deren Treibern einige ihre Familien bei sich hatten. Die Weiber dieser Leute waren ganz zerrissen und schmutzig gekleidet, dabei aber mit Schmuck aller Art überladen. Der ganze Körper hing voll farbiger Wollborten und Troddeln, die Arme voll Armbänder von Metall, Knochen und Glasperlen; selbst die Ohren waren nebst dem Schmuck mit großen Wollquasten behangen, und die Füße mit schweren Ringen und Ketten belastet. Und so geziert und überladen saß die Schöne auf dem Rücken eines Ochsen oder trabte neben den Thieren einher.
17. März. Seit dem Ueberfalle des Negers in Brasilien hatte ich keine solche Angst gehabt als heute. Mein Fuhrmann war mir schon vom Anfange der Reise an etwas sonderbar oder vielmehr närrisch vorgekommen: bald zankte er mit seinen Ochsen, bald liebkosete er sie,
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