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Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853.

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z. B. dicht unter den Ansatz des musculus gluteus ein wenig
Essigsäure auf den Schenkel, so putzt er es bald mit dem crus
der anderen Seite, bald mit dem crus derselben Seite ab. Bringt
man etwas Essigsäure auf die äussere Seite der Wade, so putzt
er es häufig mit dem crus und pes der anderen Seite ab; zu¬
weilen aber auch mit der planta des gleichseitigen Fusses, indem
die ausserordentliche Beweglichkeit des Fussgelenkes diese aller¬
dings schwierige Bewegung begünstiget. Dass der enthauptete
Frosch nun Essigsäure, welche an die Seite des Rumpfes ge¬
bracht wird, mit dem Hinterschenkel derselben Seite stets ab¬
wischt, hat eben darin seinen einfachen Grund, dass das Thier
es nicht anders kann. Soll er etwa mit dem anderen Schenkel
um den Rumpf herumgreifen? -- Rudolph Wagner legt eine
naive Freude über diese Gesetzmässigkeit an den Tag, indem
er sagt: "Es ist sehr interessant, wenn man sieht, wie auf be¬
stimmte Hautreize immer bestimmte Bewegungen eintreten. Reizt
man die Haut auf der rechten Seite, so greift der Frosch mit
der gleichnamigen hinteren Extremität vor und sucht gleich¬
sam die Stelle abzuputzen, ebenso auf der linken Seite." Nun
natürlich! Er wird entweder das einzige Mittel nehmen,
das er besitzt, oder doch das nächste! -- (Siehe Rudolph
Wagner's
Lehrbuch der speziellen Physiologie p. 485. An¬
merkung 7.) Wir werden dieses Capitel unten sehr genau
besprechen und gerade hieraus unsere schlagendsten Beweise
schöpfen.

Eine andere höchst interessante Beobachtung habe ich bei
der Rana temporaria im Anfange des Frühjahrs in den ersten
Märztagen gemacht. Wenn nämlich die aus dem Winterschlafe
erwachten Frösche an den ersten schönen Tagen aus dem
Schlammbett hervorkommen, beginnen sie alsbald das Geschäft
der Fortpflanzung. Wenig gewandt in ihren Bewegungen, un¬
bekümmert um fast jede ihnen drohende Gefahr, gleichsam mit
ihrem ganzen Wesen in dem Acte der Zeugung versunken, las¬
sen sich diese sonst so gewandten und vor einer Gefahr so
leicht fliehenden Thiere leicht greifen. Fängt man nun ein

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z. B. dicht unter den Ansatz des musculus gluteus ein wenig
Essigsäure auf den Schenkel, so putzt er es bald mit dem crus
der anderen Seite, bald mit dem crus derselben Seite ab. Bringt
man etwas Essigsäure auf die äussere Seite der Wade, so putzt
er es häufig mit dem crus und pes der anderen Seite ab; zu¬
weilen aber auch mit der planta des gleichseitigen Fusses, indem
die ausserordentliche Beweglichkeit des Fussgelenkes diese aller¬
dings schwierige Bewegung begünstiget. Dass der enthauptete
Frosch nun Essigsäure, welche an die Seite des Rumpfes ge¬
bracht wird, mit dem Hinterschenkel derselben Seite stets ab¬
wischt, hat eben darin seinen einfachen Grund, dass das Thier
es nicht anders kann. Soll er etwa mit dem anderen Schenkel
um den Rumpf herumgreifen? — Rudolph Wagner legt eine
naive Freude über diese Gesetzmässigkeit an den Tag, indem
er sagt: „Es ist sehr interessant, wenn man sieht, wie auf be¬
stimmte Hautreize immer bestimmte Bewegungen eintreten. Reizt
man die Haut auf der rechten Seite, so greift der Frosch mit
der gleichnamigen hinteren Extremität vor und sucht gleich¬
sam die Stelle abzuputzen, ebenso auf der linken Seite.“ Nun
natürlich! Er wird entweder das einzige Mittel nehmen,
das er besitzt, oder doch das nächste! — (Siehe Rudolph
Wagner's
Lehrbuch der speziellen Physiologie p. 485. An¬
merkung 7.) Wir werden dieses Capitel unten sehr genau
besprechen und gerade hieraus unsere schlagendsten Beweise
schöpfen.

Eine andere höchst interessante Beobachtung habe ich bei
der Rana temporaria im Anfange des Frühjahrs in den ersten
Märztagen gemacht. Wenn nämlich die aus dem Winterschlafe
erwachten Frösche an den ersten schönen Tagen aus dem
Schlammbett hervorkommen, beginnen sie alsbald das Geschäft
der Fortpflanzung. Wenig gewandt in ihren Bewegungen, un¬
bekümmert um fast jede ihnen drohende Gefahr, gleichsam mit
ihrem ganzen Wesen in dem Acte der Zeugung versunken, las¬
sen sich diese sonst so gewandten und vor einer Gefahr so
leicht fliehenden Thiere leicht greifen. Fängt man nun ein

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[17/0039] z. B. dicht unter den Ansatz des musculus gluteus ein wenig Essigsäure auf den Schenkel, so putzt er es bald mit dem crus der anderen Seite, bald mit dem crus derselben Seite ab. Bringt man etwas Essigsäure auf die äussere Seite der Wade, so putzt er es häufig mit dem crus und pes der anderen Seite ab; zu¬ weilen aber auch mit der planta des gleichseitigen Fusses, indem die ausserordentliche Beweglichkeit des Fussgelenkes diese aller¬ dings schwierige Bewegung begünstiget. Dass der enthauptete Frosch nun Essigsäure, welche an die Seite des Rumpfes ge¬ bracht wird, mit dem Hinterschenkel derselben Seite stets ab¬ wischt, hat eben darin seinen einfachen Grund, dass das Thier es nicht anders kann. Soll er etwa mit dem anderen Schenkel um den Rumpf herumgreifen? — Rudolph Wagner legt eine naive Freude über diese Gesetzmässigkeit an den Tag, indem er sagt: „Es ist sehr interessant, wenn man sieht, wie auf be¬ stimmte Hautreize immer bestimmte Bewegungen eintreten. Reizt man die Haut auf der rechten Seite, so greift der Frosch mit der gleichnamigen hinteren Extremität vor und sucht gleich¬ sam die Stelle abzuputzen, ebenso auf der linken Seite.“ Nun natürlich! Er wird entweder das einzige Mittel nehmen, das er besitzt, oder doch das nächste! — (Siehe Rudolph Wagner's Lehrbuch der speziellen Physiologie p. 485. An¬ merkung 7.) Wir werden dieses Capitel unten sehr genau besprechen und gerade hieraus unsere schlagendsten Beweise schöpfen. Eine andere höchst interessante Beobachtung habe ich bei der Rana temporaria im Anfange des Frühjahrs in den ersten Märztagen gemacht. Wenn nämlich die aus dem Winterschlafe erwachten Frösche an den ersten schönen Tagen aus dem Schlammbett hervorkommen, beginnen sie alsbald das Geschäft der Fortpflanzung. Wenig gewandt in ihren Bewegungen, un¬ bekümmert um fast jede ihnen drohende Gefahr, gleichsam mit ihrem ganzen Wesen in dem Acte der Zeugung versunken, las¬ sen sich diese sonst so gewandten und vor einer Gefahr so leicht fliehenden Thiere leicht greifen. Fängt man nun ein 2

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Zitationshilfe: Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/39>, abgerufen am 23.11.2024.