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Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853.

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dieses verletzt oder selbst durchaus erkrankt ist. Schwindet
nun dergestalt die Schwierigkeit der Erklärung, die der fran¬
zösische Physiologe hier sah, so kann dieselbe auch nicht mehr
zu dem Argumente dienen, wozu Marshall Hall (Memoirs p. 29),
sowie Grainger (a. a. O. p. 15. Anm.), welcher Letztere diese
Schwierigkeit für eine Unmöglichkeit ausgiebt, dieselbe haben
brauchen wollen". (Nasse a. a. O. p. 286.)

Der Wahrheit gemäss müssen wir gestehen, dass uns
Nasse's Erklärung in keiner Weise befriedigt.

Wenn wir bei Enthaupteten sehen, dass die auf einen Fuss
des Frosches gebrachte corrodirende Säure mit dem anderen
abgewischt wird, so erhellt Daraus, dass beide Rückenmarks¬
hälften in einer innigen Beziehung zu einander stehen. Die
andere Rückenmarkshälfte, in Beziehung stehend zur gesunden
Hemisphäre, bringt aber dennoch die aufgenommene Empfindung
nicht beim Hemiplektischen herauf. Wenn das Rückenmark
empfindet, wenn das Rückenmark in inniger Verbindung mit
dem Hirne steht, warum kommt dennoch die Erregung der
Empfindungsnerven nicht zum Bewusstsein? Nasse's Erklärung
beweist und erklärt uns die Sache nicht. Auch er liegt in der
Falle gefangen, die diese Frage verdeckt.

Wir werden nunmehr die Frage erst selbst zergliedern,
und sofort die Lösung in der Hand haben. Ich werde die Frage
formuliren und den Fallstrick jener zeigen. Sie heisst: Wenn
ein deleteres Moment gegen den edelsten Theil des Cerebro¬
spinalmarkes, eine Hemisphäre, gestossen ist, wie kommt es,
dass Mobilität und Sensibilität in der entgegengesetzten Kör¬
perseite verloren gehen?

Zunächst wissen wir mit Bestimmtheit, dass eine Hemisphäre
mit der entgegengesetzten Rückenmarkshälfte in innigen Lei¬
tungsverhältnissen steht. Wenn man nun fragt, wie es komme,
dass eine Erregung sensitiver Nerven nicht mehr vom Rücken¬
marke wahrgenommen werde, sobald jenes schädliche Moment
gegen die Hemisphäre gestossen ist, so nimmt man offenbar
stillschweigend an, dass die Rückenmarkshälfte, welche mit der

dieses verletzt oder selbst durchaus erkrankt ist. Schwindet
nun dergestalt die Schwierigkeit der Erklärung, die der fran¬
zösische Physiologe hier sah, so kann dieselbe auch nicht mehr
zu dem Argumente dienen, wozu Marshall Hall (Mémoirs p. 29),
sowie Grainger (a. a. O. p. 15. Anm.), welcher Letztere diese
Schwierigkeit für eine Unmöglichkeit ausgiebt, dieselbe haben
brauchen wollen“. (Nasse a. a. O. p. 286.)

Der Wahrheit gemäss müssen wir gestehen, dass uns
Nasse's Erklärung in keiner Weise befriedigt.

Wenn wir bei Enthaupteten sehen, dass die auf einen Fuss
des Frosches gebrachte corrodirende Säure mit dem anderen
abgewischt wird, so erhellt Daraus, dass beide Rückenmarks¬
hälften in einer innigen Beziehung zu einander stehen. Die
andere Rückenmarkshälfte, in Beziehung stehend zur gesunden
Hemisphäre, bringt aber dennoch die aufgenommene Empfindung
nicht beim Hemiplektischen herauf. Wenn das Rückenmark
empfindet, wenn das Rückenmark in inniger Verbindung mit
dem Hirne steht, warum kommt dennoch die Erregung der
Empfindungsnerven nicht zum Bewusstsein? Nasse's Erklärung
beweist und erklärt uns die Sache nicht. Auch er liegt in der
Falle gefangen, die diese Frage verdeckt.

Wir werden nunmehr die Frage erst selbst zergliedern,
und sofort die Lösung in der Hand haben. Ich werde die Frage
formuliren und den Fallstrick jener zeigen. Sie heisst: Wenn
ein deleteres Moment gegen den edelsten Theil des Cerebro¬
spinalmarkes, eine Hemisphäre, gestossen ist, wie kommt es,
dass Mobilität und Sensibilität in der entgegengesetzten Kör¬
perseite verloren gehen?

Zunächst wissen wir mit Bestimmtheit, dass eine Hemisphäre
mit der entgegengesetzten Rückenmarkshälfte in innigen Lei¬
tungsverhältnissen steht. Wenn man nun fragt, wie es komme,
dass eine Erregung sensitiver Nerven nicht mehr vom Rücken¬
marke wahrgenommen werde, sobald jenes schädliche Moment
gegen die Hemisphäre gestossen ist, so nimmt man offenbar
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[59/0081] dieses verletzt oder selbst durchaus erkrankt ist. Schwindet nun dergestalt die Schwierigkeit der Erklärung, die der fran¬ zösische Physiologe hier sah, so kann dieselbe auch nicht mehr zu dem Argumente dienen, wozu Marshall Hall (Mémoirs p. 29), sowie Grainger (a. a. O. p. 15. Anm.), welcher Letztere diese Schwierigkeit für eine Unmöglichkeit ausgiebt, dieselbe haben brauchen wollen“. (Nasse a. a. O. p. 286.) Der Wahrheit gemäss müssen wir gestehen, dass uns Nasse's Erklärung in keiner Weise befriedigt. Wenn wir bei Enthaupteten sehen, dass die auf einen Fuss des Frosches gebrachte corrodirende Säure mit dem anderen abgewischt wird, so erhellt Daraus, dass beide Rückenmarks¬ hälften in einer innigen Beziehung zu einander stehen. Die andere Rückenmarkshälfte, in Beziehung stehend zur gesunden Hemisphäre, bringt aber dennoch die aufgenommene Empfindung nicht beim Hemiplektischen herauf. Wenn das Rückenmark empfindet, wenn das Rückenmark in inniger Verbindung mit dem Hirne steht, warum kommt dennoch die Erregung der Empfindungsnerven nicht zum Bewusstsein? Nasse's Erklärung beweist und erklärt uns die Sache nicht. Auch er liegt in der Falle gefangen, die diese Frage verdeckt. Wir werden nunmehr die Frage erst selbst zergliedern, und sofort die Lösung in der Hand haben. Ich werde die Frage formuliren und den Fallstrick jener zeigen. Sie heisst: Wenn ein deleteres Moment gegen den edelsten Theil des Cerebro¬ spinalmarkes, eine Hemisphäre, gestossen ist, wie kommt es, dass Mobilität und Sensibilität in der entgegengesetzten Kör¬ perseite verloren gehen? Zunächst wissen wir mit Bestimmtheit, dass eine Hemisphäre mit der entgegengesetzten Rückenmarkshälfte in innigen Lei¬ tungsverhältnissen steht. Wenn man nun fragt, wie es komme, dass eine Erregung sensitiver Nerven nicht mehr vom Rücken¬ marke wahrgenommen werde, sobald jenes schädliche Moment gegen die Hemisphäre gestossen ist, so nimmt man offenbar stillschweigend an, dass die Rückenmarkshälfte, welche mit der

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Zitationshilfe: Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/81>, abgerufen am 21.11.2024.