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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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vor der erhabenen Dichterey.
Würde nicht darinn Zärtlichkeit, Feuer, Aech-
zen, Umarmung, Ermattung
und der süße
Tod
deutlich abgeschildert seyn? Würde nicht
solches weit natürlicher klingen, als wenn sie
ihm eine große Lob-Rede halten, und so un-
bekannt
sich gegen ihn stellen wollte, als ob sie
noch nie erfahren, was ehliche Caressen wären?
Also darf kein Dichter auf seine männliche Be-
redsamkeit trotzen, und solche der weiblichen
vorziehen wollen.

§ 25. Die großen Dichter unserer Zeit ge-
ben unserer Froschmäusler-Gesellschaft ein
Schwert in die Hand, das wir stark gegen sie
brauchen, und weil es bereits gewetzet, treff-
liche Kreuzhiebe damit gegen sie, bey besorgli-
chem Angriffe, thun können. Setzen sie nicht
die burlesque Poesie der männlichen entgegen?
Nun aber gehört solche weder zur erhabenen,
noch natürlichen. Nicht zu jener, es wäre
denn selber zur Badinerie, z. E. wenn ich an ei-
ne Schöne, mit der ich mich schon verstünde,
schriebe: Der Liebe Angel-Stern, Compaß zu
meiner Magnet-Nadel, und dergleichen hohe
Gedanken. Zur natürlichen Poesie aber ge-
hört die Burlesque auch nicht. Denn ob sie
wol nicht unnatürlich ist, sondern es bey jedem
Einfalle ganz natürlich hergehet, wie man von
einem aufs andre kömmt: So nimmt man doch
in scherzhaften Gedichten vieles ganz anders,
als was die Worte sagen. Man bringet bons-
mots
hinein, dahinter logice oft falsche Schlüs-

se

vor der erhabenen Dichterey.
Wuͤrde nicht darinn Zaͤrtlichkeit, Feuer, Aech-
zen, Umarmung, Ermattung
und der ſuͤße
Tod
deutlich abgeſchildert ſeyn? Wuͤrde nicht
ſolches weit natuͤrlicher klingen, als wenn ſie
ihm eine große Lob-Rede halten, und ſo un-
bekannt
ſich gegen ihn ſtellen wollte, als ob ſie
noch nie erfahren, was ehliche Careſſen waͤren?
Alſo darf kein Dichter auf ſeine maͤnnliche Be-
redſamkeit trotzen, und ſolche der weiblichen
vorziehen wollen.

§ 25. Die großen Dichter unſerer Zeit ge-
ben unſerer Froſchmaͤusler-Geſellſchaft ein
Schwert in die Hand, das wir ſtark gegen ſie
brauchen, und weil es bereits gewetzet, treff-
liche Kreuzhiebe damit gegen ſie, bey beſorgli-
chem Angriffe, thun koͤnnen. Setzen ſie nicht
die burlesque Poeſie der maͤnnlichen entgegen?
Nun aber gehoͤrt ſolche weder zur erhabenen,
noch natuͤrlichen. Nicht zu jener, es waͤre
denn ſelber zur Badinerie, z. E. wenn ich an ei-
ne Schoͤne, mit der ich mich ſchon verſtuͤnde,
ſchriebe: Der Liebe Angel-Stern, Compaß zu
meiner Magnet-Nadel, und dergleichen hohe
Gedanken. Zur natuͤrlichen Poeſie aber ge-
hoͤrt die Burlesque auch nicht. Denn ob ſie
wol nicht unnatuͤrlich iſt, ſondern es bey jedem
Einfalle ganz natuͤrlich hergehet, wie man von
einem aufs andre koͤmmt: So nimmt man doch
in ſcherzhaften Gedichten vieles ganz anders,
als was die Worte ſagen. Man bringet bons-
mots
hinein, dahinter logice oft falſche Schluͤſ-

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[155/0163] vor der erhabenen Dichterey. Wuͤrde nicht darinn Zaͤrtlichkeit, Feuer, Aech- zen, Umarmung, Ermattung und der ſuͤße Tod deutlich abgeſchildert ſeyn? Wuͤrde nicht ſolches weit natuͤrlicher klingen, als wenn ſie ihm eine große Lob-Rede halten, und ſo un- bekannt ſich gegen ihn ſtellen wollte, als ob ſie noch nie erfahren, was ehliche Careſſen waͤren? Alſo darf kein Dichter auf ſeine maͤnnliche Be- redſamkeit trotzen, und ſolche der weiblichen vorziehen wollen. § 25. Die großen Dichter unſerer Zeit ge- ben unſerer Froſchmaͤusler-Geſellſchaft ein Schwert in die Hand, das wir ſtark gegen ſie brauchen, und weil es bereits gewetzet, treff- liche Kreuzhiebe damit gegen ſie, bey beſorgli- chem Angriffe, thun koͤnnen. Setzen ſie nicht die burlesque Poeſie der maͤnnlichen entgegen? Nun aber gehoͤrt ſolche weder zur erhabenen, noch natuͤrlichen. Nicht zu jener, es waͤre denn ſelber zur Badinerie, z. E. wenn ich an ei- ne Schoͤne, mit der ich mich ſchon verſtuͤnde, ſchriebe: Der Liebe Angel-Stern, Compaß zu meiner Magnet-Nadel, und dergleichen hohe Gedanken. Zur natuͤrlichen Poeſie aber ge- hoͤrt die Burlesque auch nicht. Denn ob ſie wol nicht unnatuͤrlich iſt, ſondern es bey jedem Einfalle ganz natuͤrlich hergehet, wie man von einem aufs andre koͤmmt: So nimmt man doch in ſcherzhaften Gedichten vieles ganz anders, als was die Worte ſagen. Man bringet bons- mots hinein, dahinter logice oft falſche Schluͤſ- ſe

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/163>, abgerufen am 23.11.2024.