Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.in der Froschmäusler-Gesellschaft. in eine dünne Luft verwandeln, die glatt überder Erde hinwegstreichet. Wann unsere Gedanken Lücken haben, wenn Eben daher sind wir keine Sclaven, alle Ge- Wir dehnen auch gern etwas über das Gleich- wenn A 5
in der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft. in eine duͤnne Luft verwandeln, die glatt uͤberder Erde hinwegſtreichet. Wann unſere Gedanken Luͤcken haben, wenn Eben daher ſind wir keine Sclaven, alle Ge- Wir dehnen auch gern etwas uͤber das Gleich- wenn A 5
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in der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft.
in eine duͤnne Luft verwandeln, die glatt uͤber
der Erde hinwegſtreichet.
Wann unſere Gedanken Luͤcken haben, wenn
ſie nicht recht klappen und an einander haͤngen:
So thut uns die Reimſchmiede-Kunſt treffliche
Dienſte, ſolche Luͤcken durch gute Flick-Woͤr-
ter auszuſtopfen. Fallen wir von der Hoͤhe
unſrer Gedanken in einen tiefen Graben: So
fuͤllen wir ſolchen ſtracks durch gewiſſe Fuͤll-
Woͤrter aus. Damit es der Taͤndeley mit
Vernunft-Schluͤſſen nicht beduͤrfe; geſtatten
wir allen falſchen Gedanken und unrecht ange-
brachten Touren eine Stelle. Wir geben un-
ſern Einfaͤllen einen ſolchen Schwang, daß dar-
aus Schwaͤnke und Schnaken erfolgen moͤgen.
Eben daher ſind wir keine Sclaven, alle Ge-
danken mit einander richtig zu verbinden. Wenn
wir beym Wetzſteine zu reimen angefangen:
So iſt es genug, daß wir die herrliche Wahr-
heit dran haͤngen, ein darauf geſchliffenes Meſſer
ſchneide. Aber wir tragen kein Bedenken, die
Gedanken durch Wortſpiele zu verdrehen, und ei-
nen ungeſchliffenen Menſchen den zu nennen,
der noch auf keinen Wetzſtein gekommen. Das
duͤnket uns aber erſt ein herrlicher Einfall zu ſeyn,
wenn wir hinzufuͤgen: Jeder von unſern Fein-
den ſey ein Wetzſtein unſerer Tugend, weil er
ſich an uns zu reiben ſuchet.
Wir dehnen auch gern etwas uͤber das Gleich-
niß hinaus. Ein ſcharfer Gedanke wird bey uns
ein ſcharf gewetzter Gedanke genennet; und
wenn
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