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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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in dem Tempel des guten Geschmacks.
net gehabt, da ihm eine griechische Uebersez-
zung
des Virgils angeboten worden? Ein
Uebersetzer gehört billig noch zu denen Criti-
cis;
wenigstens ist er nicht hundert Schritte
von ihnen entfernt. Jedoch, er eilet zu sei-
nem Geschmacks-Tempel. Daher nimmt er
ein hundert oder tausend geometrische Schrit-
te voraus,
um einen guten Vorsprung zu ha-
ben, daß ihm keiner im Laufen vorkomme.
22. Wollte uns ein ander Gelehrter nö-
thigen, in einer pöbelhaften Ansprache seine
Schrift zu lesen.
Der Autor bezeigt hier ei-
nen Verdruß gegen pöbelhafte Ausdrücke,
deren er sich doch selber gnug in seiner Schrift
bedienet hat. Auch ist es wol dem gelehrten
Verfasser, der die Wahrheit der christlichen
Religion
zu der Zeit schon vertheidiget gehabt,
ehe er gewußt, daß nach ihm ein so poßirli-
cher Tempelbauer
aufstehen würde, nicht zu
Gemüthe gestiegen, ihn zu Lesung seiner Schrift
nöthigen zu wollen. Daß er sich aber darü-
ber auf hält, wenn man ex testimonio hostis
contra hostem
disputirt, ist er viel zu wenig,
solche Methode zu tadeln. Wie viel große
Gelehrte
haben nicht die Wahrheit der christ-
lichen Religion sogar aus heydnischen Schrif-
ten
zu bevestigen sich angelegen seyn lassen,
z. E. Humphrey, Prideaux, Grotius, Hue-
tius
etc. Warum sollte man also nicht auch
viel richtige Auslegungen der Rabbinen ge-
gen die anführen können, die zwar das al-
te
in dem Tempel des guten Geſchmacks.
net gehabt, da ihm eine griechiſche Ueberſez-
zung
des Virgils angeboten worden? Ein
Ueberſetzer gehoͤrt billig noch zu denen Criti-
cis;
wenigſtens iſt er nicht hundert Schritte
von ihnen entfernt. Jedoch, er eilet zu ſei-
nem Geſchmacks-Tempel. Daher nimmt er
ein hundert oder tauſend geometriſche Schrit-
te voraus,
um einen guten Vorſprung zu ha-
ben, daß ihm keiner im Laufen vorkomme.
22. Wollte uns ein ander Gelehrter noͤ-
thigen, in einer poͤbelhaften Anſprache ſeine
Schrift zu leſen.
Der Autor bezeigt hier ei-
nen Verdruß gegen poͤbelhafte Ausdruͤcke,
deren er ſich doch ſelber gnug in ſeiner Schrift
bedienet hat. Auch iſt es wol dem gelehrten
Verfaſſer, der die Wahrheit der chriſtlichen
Religion
zu der Zeit ſchon vertheidiget gehabt,
ehe er gewußt, daß nach ihm ein ſo poßirli-
cher Tempelbauer
aufſtehen wuͤrde, nicht zu
Gemuͤthe geſtiegen, ihn zu Leſung ſeiner Schrift
noͤthigen zu wollen. Daß er ſich aber daruͤ-
ber auf haͤlt, wenn man ex teſtimonio hoſtis
contra hoſtem
diſputirt, iſt er viel zu wenig,
ſolche Methode zu tadeln. Wie viel große
Gelehrte
haben nicht die Wahrheit der chriſt-
lichen Religion ſogar aus heydniſchen Schrif-
ten
zu beveſtigen ſich angelegen ſeyn laſſen,
z. E. Humphrey, Prideaux, Grotius, Hue-
tius
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[287/0295] in dem Tempel des guten Geſchmacks. net gehabt, da ihm eine griechiſche Ueberſez- zung des Virgils angeboten worden? Ein Ueberſetzer gehoͤrt billig noch zu denen Criti- cis; wenigſtens iſt er nicht hundert Schritte von ihnen entfernt. Jedoch, er eilet zu ſei- nem Geſchmacks-Tempel. Daher nimmt er ein hundert oder tauſend geometriſche Schrit- te voraus, um einen guten Vorſprung zu ha- ben, daß ihm keiner im Laufen vorkomme. 22. Wollte uns ein ander Gelehrter noͤ- thigen, in einer poͤbelhaften Anſprache ſeine Schrift zu leſen. Der Autor bezeigt hier ei- nen Verdruß gegen poͤbelhafte Ausdruͤcke, deren er ſich doch ſelber gnug in ſeiner Schrift bedienet hat. Auch iſt es wol dem gelehrten Verfaſſer, der die Wahrheit der chriſtlichen Religion zu der Zeit ſchon vertheidiget gehabt, ehe er gewußt, daß nach ihm ein ſo poßirli- cher Tempelbauer aufſtehen wuͤrde, nicht zu Gemuͤthe geſtiegen, ihn zu Leſung ſeiner Schrift noͤthigen zu wollen. Daß er ſich aber daruͤ- ber auf haͤlt, wenn man ex teſtimonio hoſtis contra hoſtem diſputirt, iſt er viel zu wenig, ſolche Methode zu tadeln. Wie viel große Gelehrte haben nicht die Wahrheit der chriſt- lichen Religion ſogar aus heydniſchen Schrif- ten zu beveſtigen ſich angelegen ſeyn laſſen, z. E. Humphrey, Prideaux, Grotius, Hue- tius ꝛc. Warum ſollte man alſo nicht auch viel richtige Auslegungen der Rabbinen ge- gen die anfuͤhren koͤnnen, die zwar das al- te

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/295>, abgerufen am 24.11.2024.