wir zeugen keine poetische Kinder; sondern er wird bey uns durch die Kunst dreßiret.
2. Maxime.
Wir nehmen witzige und stupide Köpfe in unsere Gesellschaft. Jene sind lernbegierig, und fassen alles leicht. Diesen helfen wir durch fleis- sigen Unterricht nach, und stutzen sie zu.
3. Maxime.
Auch die vom schönen Geschlechte werden nicht schlechterdings von der Froschmäusler-Ge- sellschaft ausgeschlossen, sie mögen Fräuleins, Jungfern, Weiber, Witwen und noch sonst was seyn. Sie dürfen aber nur fünf Probe- stücke ablegen, ehe sie in das Froschmäusler- Buch eingetragen werden.
4. Maxime.
Man versperret auch unsern Gegnern, denen großen Poeten von der neuen Sorte, nicht den Zutritt zu der Froschmäusler-Gesellschaft; vielmehr siehet man sie darinn höchst gerne. Denn sie sind geschickt, uns alle unsere Künste bald abzulernen, wenn sie nur die Regeln ihrer poetischen Wissenschaft gerade umkehren; im- maßen alsdenn die Regeln einer umgekehrten Poesie, davon die Froschmäusler-Gesellschaft Profeßion macht, als wie aufgedecket liegen.
5. Maxime.
Denen zur Froschmäusler-Gesellschaft Ueber- tretenden, wenn sie einmal im Ruf sind, daß sie natürliche, männliche und erhabene Poe-
ten
Funfzig Maximen
wir zeugen keine poetiſche Kinder; ſondern er wird bey uns durch die Kunſt dreßiret.
2. Maxime.
Wir nehmen witzige und ſtupide Koͤpfe in unſere Geſellſchaft. Jene ſind lernbegierig, und faſſen alles leicht. Dieſen helfen wir durch fleiſ- ſigen Unterricht nach, und ſtutzen ſie zu.
3. Maxime.
Auch die vom ſchoͤnen Geſchlechte werden nicht ſchlechterdings von der Froſchmaͤusler-Ge- ſellſchaft ausgeſchloſſen, ſie moͤgen Fraͤuleins, Jungfern, Weiber, Witwen und noch ſonſt was ſeyn. Sie duͤrfen aber nur fuͤnf Probe- ſtuͤcke ablegen, ehe ſie in das Froſchmaͤusler- Buch eingetragen werden.
4. Maxime.
Man verſperret auch unſern Gegnern, denen großen Poeten von der neuen Sorte, nicht den Zutritt zu der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft; vielmehr ſiehet man ſie darinn hoͤchſt gerne. Denn ſie ſind geſchickt, uns alle unſere Kuͤnſte bald abzulernen, wenn ſie nur die Regeln ihrer poetiſchen Wiſſenſchaft gerade umkehren; im- maßen alsdenn die Regeln einer umgekehrten Poeſie, davon die Froſchmaͤusler-Geſellſchaft Profeßion macht, als wie aufgedecket liegen.
5. Maxime.
Denen zur Froſchmaͤusler-Geſellſchaft Ueber- tretenden, wenn ſie einmal im Ruf ſind, daß ſie natuͤrliche, maͤnnliche und erhabene Poe-
ten
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Funfzig Maximen
wir zeugen keine poetiſche Kinder; ſondern er
wird bey uns durch die Kunſt dreßiret.
2. Maxime.
Wir nehmen witzige und ſtupide Koͤpfe in
unſere Geſellſchaft. Jene ſind lernbegierig, und
faſſen alles leicht. Dieſen helfen wir durch fleiſ-
ſigen Unterricht nach, und ſtutzen ſie zu.
3. Maxime.
Auch die vom ſchoͤnen Geſchlechte werden
nicht ſchlechterdings von der Froſchmaͤusler-Ge-
ſellſchaft ausgeſchloſſen, ſie moͤgen Fraͤuleins,
Jungfern, Weiber, Witwen und noch ſonſt
was ſeyn. Sie duͤrfen aber nur fuͤnf Probe-
ſtuͤcke ablegen, ehe ſie in das Froſchmaͤusler-
Buch eingetragen werden.
4. Maxime.
Man verſperret auch unſern Gegnern, denen
großen Poeten von der neuen Sorte, nicht
den Zutritt zu der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft;
vielmehr ſiehet man ſie darinn hoͤchſt gerne.
Denn ſie ſind geſchickt, uns alle unſere Kuͤnſte
bald abzulernen, wenn ſie nur die Regeln ihrer
poetiſchen Wiſſenſchaft gerade umkehren; im-
maßen alsdenn die Regeln einer umgekehrten
Poeſie, davon die Froſchmaͤusler-Geſellſchaft
Profeßion macht, als wie aufgedecket liegen.
5. Maxime.
Denen zur Froſchmaͤusler-Geſellſchaft Ueber-
tretenden, wenn ſie einmal im Ruf ſind, daß
ſie natuͤrliche, maͤnnliche und erhabene Poe-
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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/72>, abgerufen am 17.02.2025.
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