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Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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konnten gar nicht hergetrieben werden, und selbst für Ziegen, sollten sie ihre Weide nicht stundenweit zusammenlesen, war kein Futter da. Ein wackeliger Pfosten trug ein halbverwittertes Gemälde im schrecklichen Stile der Martersäulen, welche man in den Tiroler Alpen an Plätzen, wo sich ein Unglück zugetragen, nicht selten sieht. Mit Mühe entzifferte ich die Vorstellung; es waren die armen Seelen, die aus einem fürchterlichen Feuer die Hände zum Himmel streckten. Darunter stand mit Bleistift: Betet für mich, ich bete für euch, damit wir frei werd . . . . Hier war ein rostiger Nagel durchgeschlagen. An einem Querbalken, den der Ruß vor Vermoderung geschützt hatte, waren unter zwei brennenden Herzen einige Buchstaben eingeschnitten: N. M. und K. N. Ich forschte weiter, da entdeckte ich auf einem Brette ein kunstloses Basrelief: es stellte einen Schützen dar, der über Felsen kletterte; unten standen Soldaten mit ungeheuren Federbüschen und schossen auf ihn, man sah die Kugeln aus dem Rohre fliegen. Zur Seite hing ein Schiff in der Luft, es trug ebenfalls Soldaten und eine Kanone. Eingekratzt war die Jahreszahl 1809. Sonst war nichts zu endecken, was aus Person und Absicht des ehemaligen Bewohners gedeutet hätte.

Ich schloß, daß hier doch irgendwo ein Ausweg sein müsse; wie wäre sonst die Hütte hergekommen? Sie stand ja bereits über der Holzgrenze, wo die Bäume zum Gebüsch verkrüppeln; Balken und Bretter

konnten gar nicht hergetrieben werden, und selbst für Ziegen, sollten sie ihre Weide nicht stundenweit zusammenlesen, war kein Futter da. Ein wackeliger Pfosten trug ein halbverwittertes Gemälde im schrecklichen Stile der Martersäulen, welche man in den Tiroler Alpen an Plätzen, wo sich ein Unglück zugetragen, nicht selten sieht. Mit Mühe entzifferte ich die Vorstellung; es waren die armen Seelen, die aus einem fürchterlichen Feuer die Hände zum Himmel streckten. Darunter stand mit Bleistift: Betet für mich, ich bete für euch, damit wir frei werd . . . . Hier war ein rostiger Nagel durchgeschlagen. An einem Querbalken, den der Ruß vor Vermoderung geschützt hatte, waren unter zwei brennenden Herzen einige Buchstaben eingeschnitten: N. M. und K. N. Ich forschte weiter, da entdeckte ich auf einem Brette ein kunstloses Basrelief: es stellte einen Schützen dar, der über Felsen kletterte; unten standen Soldaten mit ungeheuren Federbüschen und schossen auf ihn, man sah die Kugeln aus dem Rohre fliegen. Zur Seite hing ein Schiff in der Luft, es trug ebenfalls Soldaten und eine Kanone. Eingekratzt war die Jahreszahl 1809. Sonst war nichts zu endecken, was aus Person und Absicht des ehemaligen Bewohners gedeutet hätte.

Ich schloß, daß hier doch irgendwo ein Ausweg sein müsse; wie wäre sonst die Hütte hergekommen? Sie stand ja bereits über der Holzgrenze, wo die Bäume zum Gebüsch verkrüppeln; Balken und Bretter

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T13:06:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-23T13:06:45Z)

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Zitationshilfe: Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pichler_fluechtling_1910/10>, abgerufen am 21.11.2024.