Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Boden, Einer kniete ihm auf der Brust, ein Anderer hielt ihn mit der Linken beim Haar, mit dem Bajonnet in der Rechten versuchte er ihm das Gebiß aufzubrechen, damit ihm der Sechste Mistjauche in den Hals gießen könne. So wollten sie ihn zwingen, sein verstecktes Geld auszuliefern. Klaus hätte mit den Gewehren alle Sechs erschießen können, da wär' aber der große Haufe dahergestürmt; er wußte eine bessere Waffe. Hinten im Gange lag der Stampfel, das ist ein schweres Eisen, mit dem man in den Boden Löcher stößt, um die Bohnenstangen einzustecken. Diesen ergriff er, ein Sprung, jeder Schlag ein Tod, die Franzosen hatten gar nicht einmal Zeit aufzustehen. Er lehnte sich verathmend auf die Keule, langsam erhob sich der alte Nidinger und starrte den unverhofften Retter an. Selbst ist der Mann! sagte Klaus ernst zu ihm, doch jetzt ist zu Derlei nicht Zeit. Er ließ das Eisen fallen, riß die Bretter von der Mistgrube und schob mit dem Fuße die Franzosen hinein, einen nach dem andern, Mist zum Miste. Darauf wendete er sich zum Alten: Wirf Kalk darauf und schlag das Luck gut zu, die reden nimmer, jetzt bist sicher. Vorher haben wir aber schnell etwas Anderes abzuthun, gehen wir in die Stube.

Dort zog Klaus einen kleinen Beutel aus der Brusttasche. Ich übergeb' dir hier tausendfünfhundert Gulden in Gold als mein Einstandsgeld, dazu hundertneununddreißig, die ich nach und nach erspart. Das

Boden, Einer kniete ihm auf der Brust, ein Anderer hielt ihn mit der Linken beim Haar, mit dem Bajonnet in der Rechten versuchte er ihm das Gebiß aufzubrechen, damit ihm der Sechste Mistjauche in den Hals gießen könne. So wollten sie ihn zwingen, sein verstecktes Geld auszuliefern. Klaus hätte mit den Gewehren alle Sechs erschießen können, da wär' aber der große Haufe dahergestürmt; er wußte eine bessere Waffe. Hinten im Gange lag der Stampfel, das ist ein schweres Eisen, mit dem man in den Boden Löcher stößt, um die Bohnenstangen einzustecken. Diesen ergriff er, ein Sprung, jeder Schlag ein Tod, die Franzosen hatten gar nicht einmal Zeit aufzustehen. Er lehnte sich verathmend auf die Keule, langsam erhob sich der alte Nidinger und starrte den unverhofften Retter an. Selbst ist der Mann! sagte Klaus ernst zu ihm, doch jetzt ist zu Derlei nicht Zeit. Er ließ das Eisen fallen, riß die Bretter von der Mistgrube und schob mit dem Fuße die Franzosen hinein, einen nach dem andern, Mist zum Miste. Darauf wendete er sich zum Alten: Wirf Kalk darauf und schlag das Luck gut zu, die reden nimmer, jetzt bist sicher. Vorher haben wir aber schnell etwas Anderes abzuthun, gehen wir in die Stube.

Dort zog Klaus einen kleinen Beutel aus der Brusttasche. Ich übergeb' dir hier tausendfünfhundert Gulden in Gold als mein Einstandsgeld, dazu hundertneununddreißig, die ich nach und nach erspart. Das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="5">
        <p><pb facs="#f0043"/>
Boden, Einer kniete ihm auf der Brust, ein Anderer hielt ihn mit der Linken beim                Haar, mit dem Bajonnet in der Rechten versuchte er ihm das Gebiß aufzubrechen, damit                ihm der Sechste Mistjauche in den Hals gießen könne. So wollten sie ihn zwingen, sein                verstecktes Geld auszuliefern. Klaus hätte mit den Gewehren alle Sechs erschießen                können, da wär' aber der große Haufe dahergestürmt; er wußte eine bessere Waffe.                Hinten im Gange lag der Stampfel, das ist ein schweres Eisen, mit dem man in den                Boden Löcher stößt, um die Bohnenstangen einzustecken. Diesen ergriff er, ein Sprung,                jeder Schlag ein Tod, die Franzosen hatten gar nicht einmal Zeit aufzustehen. Er                lehnte sich verathmend auf die Keule, langsam erhob sich der alte Nidinger und                starrte den unverhofften Retter an. Selbst ist der Mann! sagte Klaus ernst zu ihm,                doch jetzt ist zu Derlei nicht Zeit. Er ließ das Eisen fallen, riß die Bretter von                der Mistgrube und schob mit dem Fuße die Franzosen hinein, einen nach dem andern,                Mist zum Miste. Darauf wendete er sich zum Alten: Wirf Kalk darauf und schlag das                Luck gut zu, die reden nimmer, jetzt bist sicher. Vorher haben wir aber schnell etwas                Anderes abzuthun, gehen wir in die Stube.</p><lb/>
        <p>Dort zog Klaus einen kleinen Beutel aus der Brusttasche. Ich übergeb' dir hier                tausendfünfhundert Gulden in Gold als mein Einstandsgeld, dazu hundertneununddreißig,                die ich nach und nach erspart. Das<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0043] Boden, Einer kniete ihm auf der Brust, ein Anderer hielt ihn mit der Linken beim Haar, mit dem Bajonnet in der Rechten versuchte er ihm das Gebiß aufzubrechen, damit ihm der Sechste Mistjauche in den Hals gießen könne. So wollten sie ihn zwingen, sein verstecktes Geld auszuliefern. Klaus hätte mit den Gewehren alle Sechs erschießen können, da wär' aber der große Haufe dahergestürmt; er wußte eine bessere Waffe. Hinten im Gange lag der Stampfel, das ist ein schweres Eisen, mit dem man in den Boden Löcher stößt, um die Bohnenstangen einzustecken. Diesen ergriff er, ein Sprung, jeder Schlag ein Tod, die Franzosen hatten gar nicht einmal Zeit aufzustehen. Er lehnte sich verathmend auf die Keule, langsam erhob sich der alte Nidinger und starrte den unverhofften Retter an. Selbst ist der Mann! sagte Klaus ernst zu ihm, doch jetzt ist zu Derlei nicht Zeit. Er ließ das Eisen fallen, riß die Bretter von der Mistgrube und schob mit dem Fuße die Franzosen hinein, einen nach dem andern, Mist zum Miste. Darauf wendete er sich zum Alten: Wirf Kalk darauf und schlag das Luck gut zu, die reden nimmer, jetzt bist sicher. Vorher haben wir aber schnell etwas Anderes abzuthun, gehen wir in die Stube. Dort zog Klaus einen kleinen Beutel aus der Brusttasche. Ich übergeb' dir hier tausendfünfhundert Gulden in Gold als mein Einstandsgeld, dazu hundertneununddreißig, die ich nach und nach erspart. Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T13:06:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-23T13:06:45Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pichler_fluechtling_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pichler_fluechtling_1910/43
Zitationshilfe: Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pichler_fluechtling_1910/43>, abgerufen am 21.11.2024.