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Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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noch von Geschäften und Neuigkeiten, dann fuhren sie wieder über den See zurück. Am nächsten Morgen lagen vor Nazens Thür zwölf angesägte Späne; er sah dieselben und -- erblaßte. Schon wollte er in das Haus zurückkehren, rasch besann er sich jedoch, drückte die Kappe auf das linke Ohr und murmelte: Wär' nicht übel, wenn sich ein Soldat vor diesen Bauernlümmeln fürchten wollte!

Auf der Straße kam ein Mädchen daher, er rief sie an: Wohin, Zenzele?

Sie eilte vorüber wie taub.

Er lachte und ging vorwärts. Einige Bauernbursche begegneten ihm. Hast du Feuer in der Pfeife, Jagg? sagte er zum ersten.

Sie ließen ihn stehen wie einen Zaunpfahl, er knirschte unwillig: Bin ich mit den Kerlen nicht in die Schule gegangen und auf der gleichen Bank gesessen?

Er war an dem Kirchhof vorüber an das rothe Marmorportal der Post gelangt. Soll ich hineingehen? überlegte er. Ei was, ein Schnäpschen thut auch Vormittags gut. Er trat in die Wirthsstube. Kellnerin, ein Stamperl! Sie bediente die Gäste, für ihn hob sich keine Hand. Kellnerin! Keine Antwort.

Ist das eine Bedienung? Verfluchtes Gesindel, Schnaps will ich!

Die Kellnerin pfiff dem "Amorl", so hieß ein gewaltiger schwarzer Hund mit stacheligem Halsband.

noch von Geschäften und Neuigkeiten, dann fuhren sie wieder über den See zurück. Am nächsten Morgen lagen vor Nazens Thür zwölf angesägte Späne; er sah dieselben und — erblaßte. Schon wollte er in das Haus zurückkehren, rasch besann er sich jedoch, drückte die Kappe auf das linke Ohr und murmelte: Wär' nicht übel, wenn sich ein Soldat vor diesen Bauernlümmeln fürchten wollte!

Auf der Straße kam ein Mädchen daher, er rief sie an: Wohin, Zenzele?

Sie eilte vorüber wie taub.

Er lachte und ging vorwärts. Einige Bauernbursche begegneten ihm. Hast du Feuer in der Pfeife, Jagg? sagte er zum ersten.

Sie ließen ihn stehen wie einen Zaunpfahl, er knirschte unwillig: Bin ich mit den Kerlen nicht in die Schule gegangen und auf der gleichen Bank gesessen?

Er war an dem Kirchhof vorüber an das rothe Marmorportal der Post gelangt. Soll ich hineingehen? überlegte er. Ei was, ein Schnäpschen thut auch Vormittags gut. Er trat in die Wirthsstube. Kellnerin, ein Stamperl! Sie bediente die Gäste, für ihn hob sich keine Hand. Kellnerin! Keine Antwort.

Ist das eine Bedienung? Verfluchtes Gesindel, Schnaps will ich!

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T13:06:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-23T13:06:45Z)

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Zitationshilfe: Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pichler_fluechtling_1910/65>, abgerufen am 22.11.2024.