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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch]

Jn dem er nun mit beyden Schenckeln in gleicher
Höhe begriffen/ schwinget er den rechten Fuß/ mit gar
geringer Mühe/ über den Sattel/ damit hat er auch
denselben eingenommen/ welches niemals zu viel
sanfft und gemächlich geschehen kan/ dann gleich wie
die Pferde hierdurch allein zugewinnen und zu ge-
wöhnen seyn/ daß sie jederzeit unweigerlich aufsitzen
lassen/ wann sie also gelindes Aufsitzen empfinden:
so kan ein Pferd nichts eher sattelscheu machen/ als
wann der Reuter/ (sonderlich ein schwerer/) unge-
stüm in den Sattel fället/ welches einem starcken Rü-
cken eines Pferdes (um wie viel mehr einem schwa-
chen/) ein unerträgliches Entsetzen und Schmertzen
verursachet/ dafür sie leichtlich nicht zuverwahren
seynd/ sondern sich wider das Auffsitzen dermassen
wehren/ daß man jederzeit viel Arbeit und Zeit haben
muß/ biß ein Reuter auff dieselbe zubringen/ wodurch
dann die Ubung desto schlechter wird/ wann das
Pferd durch Zwang und Straff zerrüttet/ erzürnet o-
der gar desperat gemachet worden.

Der Reuter lässet das Pferd nicht eher von der
Stell gehen/ biß er sich in den Sattel und beyden
Bügeln recht fest gesetzet.

[Es halten etliche für einen sonderlichen Vortheil im
Auffsitzen/ daß sie den lincken Fuß mit dem Bü-
gel vor deß Pferdes vorderen Schenckel halten/
welches aber/ bey kützlichten Pferden/ eine ge-
fährliche Sach/ weil sie dadurch gar leichtlich
zum Ruckweichen oder Außweichen/ auch zum
Hauen mit den vordern Füssen beweget werden/
über das es wieder die Natur streitet/ daß der Fuß
soweit ab und nach der Zwerch nicht vielmehr
eine Verhinderung als Erleichterung zum Er-
heben geben solte.]

Der Reuter soll im Auffsitzen die Spiß-Ruthen
vorsichtig in Acht nehmen/ daß das Pferd damit nicht
unzeitig berühret/ und in Unordnung gebracht werde.

Die Pferde sollen in allweg gewöhnet werden/ daß
sie gern zu dem Vortheil gehen/ und wo es ihnen zu-
wider/ sollen sie die hierzu dienliche Hülffen desto mehr
bekommen/ 1. und zwar wann sie gewöhnet dem
Reuter nachzufolgen wohin ergehet/ 2. wann man sie
auff der Außwendigen rechten Seiten mit Spiß-Ru-
then trifft/ den Zaum auff der rechten Seiten ver-
kürtzet/ davon es die groppa auff die Lincke neiget/
doch in rechter Maaß und Ordnung ohne sondern
Gewalt/ damit deß Pferdes Unwillen in der Ubung
nicht verhinderlich falle. Es ist aber auch eines jeden
Pferdes Schuldigkeit/ jederzeit und aller Orten auch
ohne Vortheil zum Auffsitzen zu stehen/ weil man sich
dessen nicht allenthalben gebrauchen muß.

Das Absitzen.

Soll nach der Parada, mit guter Vorsichtigkeit
und also geschehen/ daß der Reuter die lincke Hand
mit dem Zaum auff den Hals/ (andere auff den Sat-
tel-Knopf/ etliche gantz frey/) halte/ sich gar ge-
schwind erhebe/ und gleichsam auß dem Sattel
schwinge/ den Rechten Fuß weit von dem Pferd ab/
zur Erden/ und dessen Zehen vor der Fersen nieder-
setzt/ welches nicht allein wolständig/ sondern auch
[Spaltenumbruch] wegen deß Pferdes Schlagen oder Fortrücken sicher/
und deß Reuters Füssen gemächlich ist.

Darauff folget
Die würckliche Besitzung deß
Pferdes.

Welchen Ort der Reuter auff dem Pferde einneh-
men und jederzeit sitzen und behalten solle/ davon ist
theils bey Aufflegung deß Sattels/ (an welchem
Aufflegen das Sitzen deß Reuters mit hänget/) ge-
meldet.

Was aber ausser dem dabey in Acht zunehmen/ ist
auß nach folgendem zu ersehen:

Daß bey Pferden von guter/ und noch unvollkom-
mener Gestalt und Disposition/ im Auffsitzen oder
beständigem Ort seines Sitzes/ ein mercklicher Un-
terschied zu machen.

Dann wo der Reuter auff Pferden/ welche mit
den Köpffen zu hoch und auffgereckten Hirsch-Häl-
sen gehen/ welche zu gleich vornen leichter als hinden
seynd/ seinen Sitz weit zurück nehmen würde/ müste
nothwendig das Pferd hinten noch stärcker an der
Erden kleben/ und vornen noch auffprellender wer-
den.

Dahero solche Pferde wol vorwerts gesattelt und
besessen werden sollen/ wodurch dem Leibes-Gewicht
seine nöthige Hülffen und Straffen erst leicht und
kräfftig gemachet werden/ da sie sonst mit einigem
guten oder empfindlichen Nachdruck dahin nicht rei-
chen/ oder deß Reuters Intention verrichten können:
dan ob sich gleich der obere Leib mit dem Kopf genug
kräfftig vorwerts neiget/ so müste doch der mitlere Leib
sich desto mehr gegen deß Pferdes hinterntheil zurück
biegen/ also solche Würckung wieder nehmen/ über
das die gute Gestalt/ Sicherheit und Entledigung
deß gangen Leibes deß Reuters dadurch zugleich ge-
brochen/ und geschändet würden.

Wann dann der unter oder mittlere Leib nur den
Ort/ wo er würcklich sitzet beschweren kan; so muß/
nothwendig auch der Sattel/ unter dem Leib/ an
demselben Ort ligen/ wo der Leib soles Geschäfft
verrichten und deß Pferdes allzu leichten Theil/ so viel
es die Nothdurfft erfordert/ niedersetzen und beschwe-
ren kan.

Würde aber ein Pferd mit nidrigem Kopff und
Halß viel zurück besessen/ welches auß seiner Natur
hinten zu leicht ist/ so solle eben dasselbe mit dem hin-
ter Theil geschehen/ was von dem vordern im Gegen-
satz gemeldet/ und den Verständigen zu widerholen
nicht nöthig ist.

Jst also ein jedes solches Pferd/ so viel es die Ge-
stalt und Proportion deß Reuters und deß Pferdes
zulassen/ mehr zurück als vorwerts zu besitzen.

Doch allein so lang und soviel als das Pferd in
solcher bösen Gestalt beharret.

Nach desselben völligen verbesserten Veränderung
aber/ auch bey allen Pferden/ deren gutes Gewächs
solches falsche Auffsitzen zur Correction nicht be-
dörffen.

Kan der Sattel oder vielmehr der Reuter/ kei-
nen bequemern/ sichern/ gemächlichern/ wolständi-

gern
Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch]

Jn dem er nun mit beyden Schenckeln in gleicher
Hoͤhe begriffen/ ſchwinget er den rechten Fuß/ mit gar
geringer Muͤhe/ uͤber den Sattel/ damit hat er auch
denſelben eingenommen/ welches niemals zu viel
ſanfft und gemaͤchlich geſchehen kan/ dann gleich wie
die Pferde hierdurch allein zugewinnen und zu ge-
woͤhnen ſeyn/ daß ſie jederzeit unweigerlich aufſitzen
laſſen/ wann ſie alſo gelindes Aufſitzen empfinden:
ſo kan ein Pferd nichts eher ſattelſcheu machen/ als
wann der Reuter/ (ſonderlich ein ſchwerer/) unge-
ſtuͤm in den Sattel faͤllet/ welches einem ſtarcken Ruͤ-
cken eines Pferdes (um wie viel mehr einem ſchwa-
chen/) ein unertraͤgliches Entſetzen und Schmertzen
verurſachet/ dafuͤr ſie leichtlich nicht zuverwahren
ſeynd/ ſondern ſich wider das Auffſitzen dermaſſen
wehren/ daß man jederzeit viel Arbeit und Zeit haben
muß/ biß ein Reuter auff dieſelbe zubringen/ wodurch
dann die Ubung deſto ſchlechter wird/ wann das
Pferd durch Zwang und Straff zerruͤttet/ erzuͤrnet o-
der gar deſperat gemachet worden.

Der Reuter laͤſſet das Pferd nicht eher von der
Stell gehen/ biß er ſich in den Sattel und beyden
Buͤgeln recht feſt geſetzet.

[Es halten etliche fuͤr einen ſonderlichen Vortheil im
Auffſitzen/ daß ſie den lincken Fuß mit dem Buͤ-
gel vor deß Pferdes vorderen Schenckel halten/
welches aber/ bey kuͤtzlichten Pferden/ eine ge-
faͤhrliche Sach/ weil ſie dadurch gar leichtlich
zum Ruckweichen oder Außweichen/ auch zum
Hauen mit den vordern Fuͤſſen beweget werden/
uͤber das es wieder die Natur ſtreitet/ daß der Fuß
ſoweit ab und nach der Zwerch nicht vielmehr
eine Verhinderung als Erleichterung zum Er-
heben geben ſolte.]

Der Reuter ſoll im Auffſitzen die Spiß-Ruthen
vorſichtig in Acht nehmen/ daß das Pferd damit nicht
unzeitig beruͤhret/ und in Unordnung gebracht werde.

Die Pferde ſollen in allweg gewoͤhnet werden/ daß
ſie gern zu dem Vortheil gehen/ und wo es ihnen zu-
wider/ ſollen ſie die hierzu dienliche Huͤlffen deſto mehr
bekommen/ 1. und zwar wann ſie gewoͤhnet dem
Reuter nachzufolgen wohin ergehet/ 2. wann man ſie
auff der Außwendigen rechten Seiten mit Spiß-Ru-
then trifft/ den Zaum auff der rechten Seiten ver-
kuͤrtzet/ davon es die groppa auff die Lincke neiget/
doch in rechter Maaß und Ordnung ohne ſondern
Gewalt/ damit deß Pferdes Unwillen in der Ubung
nicht verhinderlich falle. Es iſt aber auch eines jeden
Pferdes Schuldigkeit/ jederzeit und aller Orten auch
ohne Vortheil zum Auffſitzen zu ſtehen/ weil man ſich
deſſen nicht allenthalben gebrauchen muß.

Das Abſitzen.

Soll nach der Parada, mit guter Vorſichtigkeit
und alſo geſchehen/ daß der Reuter die lincke Hand
mit dem Zaum auff den Hals/ (andere auff den Sat-
tel-Knopf/ etliche gantz frey/) halte/ ſich gar ge-
ſchwind erhebe/ und gleichſam auß dem Sattel
ſchwinge/ den Rechten Fuß weit von dem Pferd ab/
zur Erden/ und deſſen Zehen vor der Ferſen nieder-
ſetzt/ welches nicht allein wolſtaͤndig/ ſondern auch
[Spaltenumbruch] wegen deß Pferdes Schlagen oder Fortruͤcken ſicher/
und deß Reuters Fuͤſſen gemaͤchlich iſt.

Darauff folget
Die wuͤrckliche Beſitzung deß
Pferdes.

Welchen Ort der Reuter auff dem Pferde einneh-
men und jederzeit ſitzen und behalten ſolle/ davon iſt
theils bey Aufflegung deß Sattels/ (an welchem
Aufflegen das Sitzen deß Reuters mit haͤnget/) ge-
meldet.

Was aber auſſer dem dabey in Acht zunehmen/ iſt
auß nach folgendem zu erſehen:

Daß bey Pferden von guter/ und noch unvollkom-
mener Geſtalt und Diſpoſition/ im Auffſitzen oder
beſtaͤndigem Ort ſeines Sitzes/ ein mercklicher Un-
terſchied zu machen.

Dann wo der Reuter auff Pferden/ welche mit
den Koͤpffen zu hoch und auffgereckten Hirſch-Haͤl-
ſen gehen/ welche zu gleich vornen leichter als hinden
ſeynd/ ſeinen Sitz weit zuruͤck nehmen wuͤrde/ muͤſte
nothwendig das Pferd hinten noch ſtaͤrcker an der
Erden kleben/ und vornen noch auffprellender wer-
den.

Dahero ſolche Pferde wol vorwerts geſattelt und
beſeſſen werden ſollen/ wodurch dem Leibes-Gewicht
ſeine noͤthige Huͤlffen und Straffen erſt leicht und
kraͤfftig gemachet werden/ da ſie ſonſt mit einigem
guten oder empfindlichen Nachdruck dahin nicht rei-
chen/ oder deß Reuters Intention verrichten koͤnnen:
dan ob ſich gleich der obere Leib mit dem Kopf genug
kraͤfftig vorwerts neiget/ ſo muͤſte doch der mitlere Leib
ſich deſto mehr gegen deß Pferdes hinterntheil zuruͤck
biegen/ alſo ſolche Wuͤrckung wieder nehmen/ uͤber
das die gute Geſtalt/ Sicherheit und Entledigung
deß gangen Leibes deß Reuters dadurch zugleich ge-
brochen/ und geſchaͤndet wuͤrden.

Wann dann der unter oder mittlere Leib nur den
Ort/ wo er wuͤrcklich ſitzet beſchweren kan; ſo muß/
nothwendig auch der Sattel/ unter dem Leib/ an
demſelben Ort ligen/ wo der Leib ſoles Geſchaͤfft
verrichten und deß Pferdes allzu leichten Theil/ ſo viel
es die Nothdurfft erfordert/ niederſetzen und beſchwe-
ren kan.

Wuͤrde aber ein Pferd mit nidrigem Kopff und
Halß viel zuruͤck beſeſſen/ welches auß ſeiner Natur
hinten zu leicht iſt/ ſo ſolle eben daſſelbe mit dem hin-
ter Theil geſchehen/ was von dem vordern im Gegen-
ſatz gemeldet/ und den Verſtaͤndigen zu widerholen
nicht noͤthig iſt.

Jſt alſo ein jedes ſolches Pferd/ ſo viel es die Ge-
ſtalt und Proportion deß Reuters und deß Pferdes
zulaſſen/ mehr zuruͤck als vorwerts zu beſitzen.

Doch allein ſo lang und ſoviel als das Pferd in
ſolcher boͤſen Geſtalt beharret.

Nach deſſelben voͤlligen verbeſſerten Veꝛaͤnderung
aber/ auch bey allen Pferden/ deren gutes Gewaͤchs
ſolches falſche Auffſitzen zur Correction nicht be-
doͤrffen.

Kan der Sattel oder vielmehr der Reuter/ kei-
nen bequemern/ ſichern/ gemaͤchlichern/ wolſtaͤndi-

gern
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[166/0178] Neuer vollkommener Jn dem er nun mit beyden Schenckeln in gleicher Hoͤhe begriffen/ ſchwinget er den rechten Fuß/ mit gar geringer Muͤhe/ uͤber den Sattel/ damit hat er auch denſelben eingenommen/ welches niemals zu viel ſanfft und gemaͤchlich geſchehen kan/ dann gleich wie die Pferde hierdurch allein zugewinnen und zu ge- woͤhnen ſeyn/ daß ſie jederzeit unweigerlich aufſitzen laſſen/ wann ſie alſo gelindes Aufſitzen empfinden: ſo kan ein Pferd nichts eher ſattelſcheu machen/ als wann der Reuter/ (ſonderlich ein ſchwerer/) unge- ſtuͤm in den Sattel faͤllet/ welches einem ſtarcken Ruͤ- cken eines Pferdes (um wie viel mehr einem ſchwa- chen/) ein unertraͤgliches Entſetzen und Schmertzen verurſachet/ dafuͤr ſie leichtlich nicht zuverwahren ſeynd/ ſondern ſich wider das Auffſitzen dermaſſen wehren/ daß man jederzeit viel Arbeit und Zeit haben muß/ biß ein Reuter auff dieſelbe zubringen/ wodurch dann die Ubung deſto ſchlechter wird/ wann das Pferd durch Zwang und Straff zerruͤttet/ erzuͤrnet o- der gar deſperat gemachet worden. Der Reuter laͤſſet das Pferd nicht eher von der Stell gehen/ biß er ſich in den Sattel und beyden Buͤgeln recht feſt geſetzet. [Es halten etliche fuͤr einen ſonderlichen Vortheil im Auffſitzen/ daß ſie den lincken Fuß mit dem Buͤ- gel vor deß Pferdes vorderen Schenckel halten/ welches aber/ bey kuͤtzlichten Pferden/ eine ge- faͤhrliche Sach/ weil ſie dadurch gar leichtlich zum Ruckweichen oder Außweichen/ auch zum Hauen mit den vordern Fuͤſſen beweget werden/ uͤber das es wieder die Natur ſtreitet/ daß der Fuß ſoweit ab und nach der Zwerch nicht vielmehr eine Verhinderung als Erleichterung zum Er- heben geben ſolte.] Der Reuter ſoll im Auffſitzen die Spiß-Ruthen vorſichtig in Acht nehmen/ daß das Pferd damit nicht unzeitig beruͤhret/ und in Unordnung gebracht werde. Die Pferde ſollen in allweg gewoͤhnet werden/ daß ſie gern zu dem Vortheil gehen/ und wo es ihnen zu- wider/ ſollen ſie die hierzu dienliche Huͤlffen deſto mehr bekommen/ 1. und zwar wann ſie gewoͤhnet dem Reuter nachzufolgen wohin ergehet/ 2. wann man ſie auff der Außwendigen rechten Seiten mit Spiß-Ru- then trifft/ den Zaum auff der rechten Seiten ver- kuͤrtzet/ davon es die groppa auff die Lincke neiget/ doch in rechter Maaß und Ordnung ohne ſondern Gewalt/ damit deß Pferdes Unwillen in der Ubung nicht verhinderlich falle. Es iſt aber auch eines jeden Pferdes Schuldigkeit/ jederzeit und aller Orten auch ohne Vortheil zum Auffſitzen zu ſtehen/ weil man ſich deſſen nicht allenthalben gebrauchen muß. Das Abſitzen. Soll nach der Parada, mit guter Vorſichtigkeit und alſo geſchehen/ daß der Reuter die lincke Hand mit dem Zaum auff den Hals/ (andere auff den Sat- tel-Knopf/ etliche gantz frey/) halte/ ſich gar ge- ſchwind erhebe/ und gleichſam auß dem Sattel ſchwinge/ den Rechten Fuß weit von dem Pferd ab/ zur Erden/ und deſſen Zehen vor der Ferſen nieder- ſetzt/ welches nicht allein wolſtaͤndig/ ſondern auch wegen deß Pferdes Schlagen oder Fortruͤcken ſicher/ und deß Reuters Fuͤſſen gemaͤchlich iſt. Darauff folget Die wuͤrckliche Beſitzung deß Pferdes. Welchen Ort der Reuter auff dem Pferde einneh- men und jederzeit ſitzen und behalten ſolle/ davon iſt theils bey Aufflegung deß Sattels/ (an welchem Aufflegen das Sitzen deß Reuters mit haͤnget/) ge- meldet. Was aber auſſer dem dabey in Acht zunehmen/ iſt auß nach folgendem zu erſehen: Daß bey Pferden von guter/ und noch unvollkom- mener Geſtalt und Diſpoſition/ im Auffſitzen oder beſtaͤndigem Ort ſeines Sitzes/ ein mercklicher Un- terſchied zu machen. Dann wo der Reuter auff Pferden/ welche mit den Koͤpffen zu hoch und auffgereckten Hirſch-Haͤl- ſen gehen/ welche zu gleich vornen leichter als hinden ſeynd/ ſeinen Sitz weit zuruͤck nehmen wuͤrde/ muͤſte nothwendig das Pferd hinten noch ſtaͤrcker an der Erden kleben/ und vornen noch auffprellender wer- den. Dahero ſolche Pferde wol vorwerts geſattelt und beſeſſen werden ſollen/ wodurch dem Leibes-Gewicht ſeine noͤthige Huͤlffen und Straffen erſt leicht und kraͤfftig gemachet werden/ da ſie ſonſt mit einigem guten oder empfindlichen Nachdruck dahin nicht rei- chen/ oder deß Reuters Intention verrichten koͤnnen: dan ob ſich gleich der obere Leib mit dem Kopf genug kraͤfftig vorwerts neiget/ ſo muͤſte doch der mitlere Leib ſich deſto mehr gegen deß Pferdes hinterntheil zuruͤck biegen/ alſo ſolche Wuͤrckung wieder nehmen/ uͤber das die gute Geſtalt/ Sicherheit und Entledigung deß gangen Leibes deß Reuters dadurch zugleich ge- brochen/ und geſchaͤndet wuͤrden. Wann dann der unter oder mittlere Leib nur den Ort/ wo er wuͤrcklich ſitzet beſchweren kan; ſo muß/ nothwendig auch der Sattel/ unter dem Leib/ an demſelben Ort ligen/ wo der Leib ſoles Geſchaͤfft verrichten und deß Pferdes allzu leichten Theil/ ſo viel es die Nothdurfft erfordert/ niederſetzen und beſchwe- ren kan. Wuͤrde aber ein Pferd mit nidrigem Kopff und Halß viel zuruͤck beſeſſen/ welches auß ſeiner Natur hinten zu leicht iſt/ ſo ſolle eben daſſelbe mit dem hin- ter Theil geſchehen/ was von dem vordern im Gegen- ſatz gemeldet/ und den Verſtaͤndigen zu widerholen nicht noͤthig iſt. Jſt alſo ein jedes ſolches Pferd/ ſo viel es die Ge- ſtalt und Proportion deß Reuters und deß Pferdes zulaſſen/ mehr zuruͤck als vorwerts zu beſitzen. Doch allein ſo lang und ſoviel als das Pferd in ſolcher boͤſen Geſtalt beharret. Nach deſſelben voͤlligen verbeſſerten Veꝛaͤnderung aber/ auch bey allen Pferden/ deren gutes Gewaͤchs ſolches falſche Auffſitzen zur Correction nicht be- doͤrffen. Kan der Sattel oder vielmehr der Reuter/ kei- nen bequemern/ ſichern/ gemaͤchlichern/ wolſtaͤndi- gern

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/178>, abgerufen am 24.11.2024.