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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch]
Hierzu wird/ als dero erste und
vornehmste Nothwendigkeit erfor-
dert/ welche ist
1. Die Form uud beste Gestalt
der Stangen.

OBgleich die gute Gestalt einer Stangen/ das
wenigste bey derselben guten Würckung thun
kan/ wie auch eine unformliche Gestalt/ die Wür-
ckungen an sich selber nicht hindert: so ist doch in Ord-
nang der Stangen auch auff die Gestalt der Stangen
zu sehen/ nicht zwar daß man wegen der guten Pro-
portion/ die Regeln der Außtheilung überschreiten
und auß der Acht lassen/ und lieber ein wolgestalte/
als recht außgetheilte Stangen führen solte/ welches
dem Reuter in der Ubung deß Pferdes/ mehr Ubel-
stand bringen/ als ihm die wohl-formirte Stangen
Zierde geben würde/ weil sein und deß Pferdes gute
Bezeigungen/ nicht von den wolgestalten/ sondern
allein von denen recht außgetheilten Stangen her-
kommet.

Dieses nun kommt her 1. wegen deß Wolstands
selber/ so eine zierliche Stangen eines Pferdes gu-
te Gestalt verursachet/ wie und wieviel dieselbe da-
durch zu vermehren/ wie durch eine unproportionirte
zu vermindern ist. 2. So werden die wolgestalten
Stangen jederzeit am nechsten bey der rechten Auß-
theilung/ die ungestalten aber am weitesten von der-
selben seyn/ und wird sich in der Warheit und Erfah-
rung befinden/ daß die Stangen/ welche nur auß
weniger Wissenschafft/ mehr nach der rechten Auß-
theilung/ nach der besten Gestalt gemachet werden/
und demnach von ungefehr/ bey weitem nicht so bö-
ser Würckungen/ als die jenigen seyn werden/ welche
bey der schönsten Form der Außtheilung ermangel-
ten.

Daher kommet es allein/ daß eine Hand/ (welche
von der guten Reiß- oder Mahler-Kunst/ nicht das
geringste weiß/ dennoch eine gantz wol proportionir-
te Stangen vorstellen kan/ ob gleich die Linien/ oder
die Riß an sich selber grob und ungeschicket seynd/ so
repräsentiret sie doch ein wolgestalte Bildnuß/ die e-
ben so wohl formir et seyn kan/ als ob sie die beste rei-
neste Mahlers Hand angezeichnet hätte: welche mehr
nicht als einen subtilen Riß darzu contribuiren/ zu der
rechten Form aber/ weiter nichts/ als einigen Zierath
beyfügen kan. Die Form an sich selber aber bleibet
so weit zierlich/ als es in der rechten Außtheilung ver-
bleibet/ welche wiederum an den Circul und gerade
Linien verbunden/ die diese gute Eigenschafften in und
an sich haben/ daß sie keine böse Proportion machen/
so fern sie anderst recht gebrauchet werden/ weil sie der
guten Gestalt nicht allein niemahls widerstreben/ son-
dern vielmehr darein leiten/ daher sie denen/ so nicht
reissen können/ solchen Abgang ihrer Wissenschafft
und gewisser Handführung ersetzen helffen: so kan der
Sporer den allerzierlichsten Riß/ nicht anderst als in
der Haupt-Bildung/ mit in die Stangen bringen/
ja den wenigsten Theil/ der subtilesten Striche/
Schattirung/ oder zierlichen Blumen Wercks nach-
machen: hergegen aber einer groben Hand/ wol ge-
[Spaltenumbruch] theilete und nach der rechten Maaß vorgerissene
Stangen/ eben so gut nachmachen/ als ob sie die al-
lersubtileste Hand vorgerissen hätte/ welche Reinig-
keit der Hand nicht weiter/ als auff das Papier nach-
folget/ in deß Sporers Werckstat aber wieder um-
wenden und hinderbleiben muß.

Ein ander Beschaffenheit hat es hergegen mit ei-
ner wol außgetheilten Stangen/ deren völlige Bil-
dung dem eisernen Original nachgehet/ und als ein
rechtes Conterfait/ nicht allein die gute Gestalt/ an
und ausser dem Pferde bloß zuzeigen/ sondern auch
desselben Nothwendigkeit/ in den guten Würckungen
zu spühren/ an welchen so viel gelegen ist/ als in deren
Beschreibungen vermeldet/ daß auch ungleich besser
wäre/ lauter ungestalte als übel außgetheilete Stan-
gen zu gebrauchen: wann man je eines von denselben
entbehren solte oder müste/ dessen es aber nicht bedarff/
weil die allerbeste Gestaltvielmehr in der rechten
Außtheilung/ als in der zierlichen Form stecket/ so ein
gute Mahlers-Hand geben oder erdencken möchte:
können also die rechte Außtheilung und gute Gestalt/
in diesem Fall und Stück/ gar wol beysammen stehen/
eines des andern Wolstand vermehren.

2. Seynd die Stangen im Gebrauch/ (sonder-
lich in währender Abrichtung/) der Pferde/ die be-
quemsten und sichersten/ welche fein glat/ und also ge-
machet seynd/ das man sie im Anfassen/ vest halten/
ohne Schmertzen oder Verletzung sicher begreiffen
kan/ dann wo die scharffen Ecken/ Spitzen und der-
gleichen schneidige Außschweiffungen/ ausserhalb
den Stangen hervorreichen/ könen sie nicht allein/ den
der die Pferde bey den Stangen halten und wolver-
sichern solle/ sondern auch das Pferd selber angreif-
fen/ und grosse Unordnung und Schaden verursa-
chen.

Wo man nun die Stangen sehr köstlich machen
will/ sollen die Zierrathen vielmehr inwendig auff den
starcken Stangen als außwendigstehen.

3. Dabey die saubere Arbeit deß Sporers/ in dem
reinen Ausfällen un Verzinen/ auch wann man es
weiter außhauen oder mosieren soll/ sehr viel Wol-
stand geben kan/ welches aber noch nicht soviel auf
sich hat/ als daß die Stangen/ von gutem zähen
Eysen/ (welches dabey auch mehr als andere glat ist/)
recht nach dem Abriß gemachet sey/ daß sie dem Riß
durchauß gleich seyn. Sonderlich daß sie an denen
rundgebogenen Orten/ keinen Bruch haben/ so in
dem Knie und im Schluß deß Mundstücks am ehe-
sten und leichtesten geschiecht/ und wann dasselbe ver-
schlagen oder sonst verdecket wird/ kan darüber grosse
Gefahr und Schaden entstehen. Denn einem paar
Stangen wird die Erhaltung und Verwahrlosung
deß Lebens aufgeladen.

Viel Reuter haben die Buggeln/ an den Stangen
für so wolständig gehalten/ daß sie Sprichsworts-
weiß gesagt/ daß man in Mangel baaren Geldes ein
Stück Kleyd verkauffen/ und dieselbe dafür schaffe/
wie denn dieselbe einen zimlichen Wolstand/ und ein
zierliches Ansehen machen.

So viel nun die Krümmen und Rundung/ (ohne
Verfälschung der rechten Richtung und Außthei-
lung) wol formiret werden/ um soviel wolständiger

wird
Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch]
Hierzu wird/ als dero erſte und
vornehmſte Nothwendigkeit erfor-
dert/ welche iſt
1. Die Form uud beſte Geſtalt
der Stangen.

OBgleich die gute Geſtalt einer Stangen/ das
wenigſte bey derſelben guten Wuͤrckung thun
kan/ wie auch eine unformliche Geſtalt/ die Wuͤr-
ckungen an ſich ſelber nicht hindert: ſo iſt doch in Ord-
nang der Stangen auch auff die Geſtalt der Stangen
zu ſehen/ nicht zwar daß man wegen der guten Pro-
portion/ die Regeln der Außtheilung uͤberſchreiten
und auß der Acht laſſen/ und lieber ein wolgeſtalte/
als recht außgetheilte Stangen fuͤhren ſolte/ welches
dem Reuter in der Ubung deß Pferdes/ mehr Ubel-
ſtand bringen/ als ihm die wohl-formirte Stangen
Zierde geben wuͤrde/ weil ſein und deß Pferdes gute
Bezeigungen/ nicht von den wolgeſtalten/ ſondern
allein von denen recht außgetheilten Stangen her-
kommet.

Dieſes nun kommt her 1. wegen deß Wolſtands
ſelber/ ſo eine zierliche Stangen eines Pferdes gu-
te Geſtalt verurſachet/ wie und wieviel dieſelbe da-
durch zu vermehren/ wie durch eine unproportionirte
zu vermindern iſt. 2. So werden die wolgeſtalten
Stangen jederzeit am nechſten bey der rechten Auß-
theilung/ die ungeſtalten aber am weiteſten von der-
ſelben ſeyn/ und wird ſich in der Warheit und Erfah-
rung befinden/ daß die Stangen/ welche nur auß
weniger Wiſſenſchafft/ mehr nach der rechten Auß-
theilung/ nach der beſten Geſtalt gemachet werden/
und demnach von ungefehr/ bey weitem nicht ſo boͤ-
ſer Wuͤrckungen/ als die jenigen ſeyn werden/ welche
bey der ſchoͤnſten Form der Außtheilung ermangel-
ten.

Daher kommet es allein/ daß eine Hand/ (welche
von der guten Reiß- oder Mahler-Kunſt/ nicht das
geringſte weiß/ dennoch eine gantz wol proportionir-
te Stangen vorſtellen kan/ ob gleich die Linien/ oder
die Riß an ſich ſelber grob und ungeſchicket ſeynd/ ſo
repraͤſentiret ſie doch ein wolgeſtalte Bildnuß/ die e-
ben ſo wohl formir et ſeyn kan/ als ob ſie die beſte rei-
neſte Mahlers Hand angezeichnet haͤtte: welche mehr
nicht als einen ſubtilen Riß darzu contribuiren/ zu der
rechten Form aber/ weiter nichts/ als einigen Zierath
beyfuͤgen kan. Die Form an ſich ſelber aber bleibet
ſo weit zierlich/ als es in der rechten Außtheilung ver-
bleibet/ welche wiederum an den Circul und gerade
Linien verbunden/ die dieſe gute Eigenſchafften in und
an ſich haben/ daß ſie keine boͤſe Proportion machen/
ſo fern ſie anderſt recht gebrauchet werden/ weil ſie der
guten Geſtalt nicht allein niemahls widerſtreben/ ſon-
dern vielmehr darein leiten/ daher ſie denen/ ſo nicht
reiſſen koͤnnen/ ſolchen Abgang ihrer Wiſſenſchafft
und gewiſſer Handfuͤhrung erſetzen helffen: ſo kan der
Sporer den allerzierlichſten Riß/ nicht anderſt als in
der Haupt-Bildung/ mit in die Stangen bringen/
ja den wenigſten Theil/ der ſubtileſten Striche/
Schattirung/ oder zierlichen Blumen Wercks nach-
machen: hergegen aber einer groben Hand/ wol ge-
[Spaltenumbruch] theilete und nach der rechten Maaß vorgeriſſene
Stangen/ eben ſo gut nachmachen/ als ob ſie die al-
lerſubtileſte Hand vorgeriſſen haͤtte/ welche Reinig-
keit der Hand nicht weiter/ als auff das Papier nach-
folget/ in deß Sporers Werckſtat aber wieder um-
wenden und hinderbleiben muß.

Ein ander Beſchaffenheit hat es hergegen mit ei-
ner wol außgetheilten Stangen/ deren voͤllige Bil-
dung dem eiſernen Original nachgehet/ und als ein
rechtes Conterfait/ nicht allein die gute Geſtalt/ an
und auſſer dem Pferde bloß zuzeigen/ ſondern auch
deſſelben Nothwendigkeit/ in den guten Wuͤrckungen
zu ſpuͤhren/ an welchen ſo viel gelegen iſt/ als in deren
Beſchreibungen vermeldet/ daß auch ungleich beſſer
waͤre/ lauter ungeſtalte als uͤbel außgetheilete Stan-
gen zu gebrauchen: wann man je eines von denſelben
entbehren ſolte oder muͤſte/ deſſen es aber nicht bedarff/
weil die allerbeſte Geſtaltvielmehr in der rechten
Außtheilung/ als in der zierlichen Form ſtecket/ ſo ein
gute Mahlers-Hand geben oder erdencken moͤchte:
koͤnnen alſo die rechte Außtheilung und gute Geſtalt/
in dieſem Fall und Stuͤck/ gar wol beyſammen ſtehen/
eines des andern Wolſtand vermehren.

2. Seynd die Stangen im Gebrauch/ (ſonder-
lich in waͤhrender Abrichtung/) der Pferde/ die be-
quemſten und ſicherſten/ welche fein glat/ und alſo ge-
machet ſeynd/ das man ſie im Anfaſſen/ veſt halten/
ohne Schmertzen oder Verletzung ſicher begreiffen
kan/ dann wo die ſcharffen Ecken/ Spitzen und der-
gleichen ſchneidige Außſchweiffungen/ auſſerhalb
den Stangen hervorreichen/ koͤnen ſie nicht allein/ den
der die Pferde bey den Stangen halten und wolver-
ſichern ſolle/ ſondern auch das Pferd ſelber angreif-
fen/ und groſſe Unordnung und Schaden verurſa-
chen.

Wo man nun die Stangen ſehr koͤſtlich machen
will/ ſollen die Zierrathen vielmehr inwendig auff den
ſtarcken Stangen als außwendigſtehen.

3. Dabey die ſaubere Arbeit deß Sporers/ in dem
reinen Ausfaͤllen un Verzinen/ auch wann man es
weiter außhauen oder moſieren ſoll/ ſehr viel Wol-
ſtand geben kan/ welches aber noch nicht ſoviel auf
ſich hat/ als daß die Stangen/ von gutem zaͤhen
Eyſen/ (welches dabey auch mehr als andere glat iſt/)
recht nach dem Abriß gemachet ſey/ daß ſie dem Riß
durchauß gleich ſeyn. Sonderlich daß ſie an denen
rundgebogenen Orten/ keinen Bruch haben/ ſo in
dem Knie und im Schluß deß Mundſtuͤcks am ehe-
ſten und leichteſten geſchiecht/ und wann daſſelbe ver-
ſchlagen oder ſonſt verdecket wird/ kan daruͤber groſſe
Gefahr und Schaden entſtehen. Denn einem paar
Stangen wird die Erhaltung und Verwahrloſung
deß Lebens aufgeladen.

Viel Reuter haben die Buggeln/ an den Stangen
fuͤr ſo wolſtaͤndig gehalten/ daß ſie Sprichsworts-
weiß geſagt/ daß man in Mangel baaren Geldes ein
Stuͤck Kleyd verkauffen/ und dieſelbe dafuͤr ſchaffe/
wie denn dieſelbe einen zimlichen Wolſtand/ und ein
zierliches Anſehen machen.

So viel nun die Kruͤmmen und Rundung/ (ohne
Verfaͤlſchung der rechten Richtung und Außthei-
lung) wol formiret werden/ um ſoviel wolſtaͤndiger

wird
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[228/0242] Neuer vollkommener Hierzu wird/ als dero erſte und vornehmſte Nothwendigkeit erfor- dert/ welche iſt 1. Die Form uud beſte Geſtalt der Stangen. OBgleich die gute Geſtalt einer Stangen/ das wenigſte bey derſelben guten Wuͤrckung thun kan/ wie auch eine unformliche Geſtalt/ die Wuͤr- ckungen an ſich ſelber nicht hindert: ſo iſt doch in Ord- nang der Stangen auch auff die Geſtalt der Stangen zu ſehen/ nicht zwar daß man wegen der guten Pro- portion/ die Regeln der Außtheilung uͤberſchreiten und auß der Acht laſſen/ und lieber ein wolgeſtalte/ als recht außgetheilte Stangen fuͤhren ſolte/ welches dem Reuter in der Ubung deß Pferdes/ mehr Ubel- ſtand bringen/ als ihm die wohl-formirte Stangen Zierde geben wuͤrde/ weil ſein und deß Pferdes gute Bezeigungen/ nicht von den wolgeſtalten/ ſondern allein von denen recht außgetheilten Stangen her- kommet. Dieſes nun kommt her 1. wegen deß Wolſtands ſelber/ ſo eine zierliche Stangen eines Pferdes gu- te Geſtalt verurſachet/ wie und wieviel dieſelbe da- durch zu vermehren/ wie durch eine unproportionirte zu vermindern iſt. 2. So werden die wolgeſtalten Stangen jederzeit am nechſten bey der rechten Auß- theilung/ die ungeſtalten aber am weiteſten von der- ſelben ſeyn/ und wird ſich in der Warheit und Erfah- rung befinden/ daß die Stangen/ welche nur auß weniger Wiſſenſchafft/ mehr nach der rechten Auß- theilung/ nach der beſten Geſtalt gemachet werden/ und demnach von ungefehr/ bey weitem nicht ſo boͤ- ſer Wuͤrckungen/ als die jenigen ſeyn werden/ welche bey der ſchoͤnſten Form der Außtheilung ermangel- ten. Daher kommet es allein/ daß eine Hand/ (welche von der guten Reiß- oder Mahler-Kunſt/ nicht das geringſte weiß/ dennoch eine gantz wol proportionir- te Stangen vorſtellen kan/ ob gleich die Linien/ oder die Riß an ſich ſelber grob und ungeſchicket ſeynd/ ſo repraͤſentiret ſie doch ein wolgeſtalte Bildnuß/ die e- ben ſo wohl formir et ſeyn kan/ als ob ſie die beſte rei- neſte Mahlers Hand angezeichnet haͤtte: welche mehr nicht als einen ſubtilen Riß darzu contribuiren/ zu der rechten Form aber/ weiter nichts/ als einigen Zierath beyfuͤgen kan. Die Form an ſich ſelber aber bleibet ſo weit zierlich/ als es in der rechten Außtheilung ver- bleibet/ welche wiederum an den Circul und gerade Linien verbunden/ die dieſe gute Eigenſchafften in und an ſich haben/ daß ſie keine boͤſe Proportion machen/ ſo fern ſie anderſt recht gebrauchet werden/ weil ſie der guten Geſtalt nicht allein niemahls widerſtreben/ ſon- dern vielmehr darein leiten/ daher ſie denen/ ſo nicht reiſſen koͤnnen/ ſolchen Abgang ihrer Wiſſenſchafft und gewiſſer Handfuͤhrung erſetzen helffen: ſo kan der Sporer den allerzierlichſten Riß/ nicht anderſt als in der Haupt-Bildung/ mit in die Stangen bringen/ ja den wenigſten Theil/ der ſubtileſten Striche/ Schattirung/ oder zierlichen Blumen Wercks nach- machen: hergegen aber einer groben Hand/ wol ge- theilete und nach der rechten Maaß vorgeriſſene Stangen/ eben ſo gut nachmachen/ als ob ſie die al- lerſubtileſte Hand vorgeriſſen haͤtte/ welche Reinig- keit der Hand nicht weiter/ als auff das Papier nach- folget/ in deß Sporers Werckſtat aber wieder um- wenden und hinderbleiben muß. Ein ander Beſchaffenheit hat es hergegen mit ei- ner wol außgetheilten Stangen/ deren voͤllige Bil- dung dem eiſernen Original nachgehet/ und als ein rechtes Conterfait/ nicht allein die gute Geſtalt/ an und auſſer dem Pferde bloß zuzeigen/ ſondern auch deſſelben Nothwendigkeit/ in den guten Wuͤrckungen zu ſpuͤhren/ an welchen ſo viel gelegen iſt/ als in deren Beſchreibungen vermeldet/ daß auch ungleich beſſer waͤre/ lauter ungeſtalte als uͤbel außgetheilete Stan- gen zu gebrauchen: wann man je eines von denſelben entbehren ſolte oder muͤſte/ deſſen es aber nicht bedarff/ weil die allerbeſte Geſtaltvielmehr in der rechten Außtheilung/ als in der zierlichen Form ſtecket/ ſo ein gute Mahlers-Hand geben oder erdencken moͤchte: koͤnnen alſo die rechte Außtheilung und gute Geſtalt/ in dieſem Fall und Stuͤck/ gar wol beyſammen ſtehen/ eines des andern Wolſtand vermehren. 2. Seynd die Stangen im Gebrauch/ (ſonder- lich in waͤhrender Abrichtung/) der Pferde/ die be- quemſten und ſicherſten/ welche fein glat/ und alſo ge- machet ſeynd/ das man ſie im Anfaſſen/ veſt halten/ ohne Schmertzen oder Verletzung ſicher begreiffen kan/ dann wo die ſcharffen Ecken/ Spitzen und der- gleichen ſchneidige Außſchweiffungen/ auſſerhalb den Stangen hervorreichen/ koͤnen ſie nicht allein/ den der die Pferde bey den Stangen halten und wolver- ſichern ſolle/ ſondern auch das Pferd ſelber angreif- fen/ und groſſe Unordnung und Schaden verurſa- chen. Wo man nun die Stangen ſehr koͤſtlich machen will/ ſollen die Zierrathen vielmehr inwendig auff den ſtarcken Stangen als außwendigſtehen. 3. Dabey die ſaubere Arbeit deß Sporers/ in dem reinen Ausfaͤllen un Verzinen/ auch wann man es weiter außhauen oder moſieren ſoll/ ſehr viel Wol- ſtand geben kan/ welches aber noch nicht ſoviel auf ſich hat/ als daß die Stangen/ von gutem zaͤhen Eyſen/ (welches dabey auch mehr als andere glat iſt/) recht nach dem Abriß gemachet ſey/ daß ſie dem Riß durchauß gleich ſeyn. Sonderlich daß ſie an denen rundgebogenen Orten/ keinen Bruch haben/ ſo in dem Knie und im Schluß deß Mundſtuͤcks am ehe- ſten und leichteſten geſchiecht/ und wann daſſelbe ver- ſchlagen oder ſonſt verdecket wird/ kan daruͤber groſſe Gefahr und Schaden entſtehen. Denn einem paar Stangen wird die Erhaltung und Verwahrloſung deß Lebens aufgeladen. Viel Reuter haben die Buggeln/ an den Stangen fuͤr ſo wolſtaͤndig gehalten/ daß ſie Sprichsworts- weiß geſagt/ daß man in Mangel baaren Geldes ein Stuͤck Kleyd verkauffen/ und dieſelbe dafuͤr ſchaffe/ wie denn dieſelbe einen zimlichen Wolſtand/ und ein zierliches Anſehen machen. So viel nun die Kruͤmmen und Rundung/ (ohne Verfaͤlſchung der rechten Richtung und Außthei- lung) wol formiret werden/ um ſoviel wolſtaͤndiger wird

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/242>, abgerufen am 25.11.2024.