Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

Bild:
<< vorherige Seite

Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] ren/ daß sie darüber wohl auff den hindern Theil zu
sitzen kommen: Welches zwar ihre starcke Pferde
zum Theil/ ohne Schaden aushalten mögen/ ein an-
ders aber/ welches nicht so kräfftiges Ruckens/ Creutz
und Lenden ist/ wird daüber im Rucken/ Creutz oder
Lenden geschwächet: Ja mehr langsam und Lenden-
loß als recht uniret werden: könte sich auch begeben/
daß dieselbe gar gebrochen und vernichtet würden.
Davon es sich zwar jederzeit vor den gewaltsamen
Paraden scheuen/ und denselben lieber vorkommen/
und vor der Zeit/ als zu langsam pariren wird/ wel-
ches aber seiner Geschicklichkeit nicht/ sondern seiner
Schwachheit zuzuschreiben ist/ daß es weiter nicht
fortzukommen vermag/ also gar willig pariret/ ja wol
zu frieden ist/ wann ihme dasselbe zugelassen wird.

Es lassen sich theils Pferd/ das Ansehen/ Geschrey
und Ubungen anderer/ an ihren Lectionen leichtlich/
wie die fürwitzigen Schüler/ irren und hindern/ auff
welcher thun und lassen sie mehr/ als auff ihr eigene
Achtung geben/ die können wol allein besser angetrie-
ben und zum Auffmercken gebracht werden. Herge-
gen werden wol andere/ von anderer Pferde Wolver-
halten/ sonderlich die faulen und steckenden angerei-
tzet/ daß sie das ihrige ehe und lieber bey andern Pfer-
den als abgesondert verrichten. Dahero bey Jnacht-
nehmung solches Unterscheids mit jeglichem nach sei-
ner Erforderung zu verfahren/ und wo einig tolles
Pferd/ so keine andere leiden will/ immer auff die an-
dern siehet und zu denselben dringet/ ist es umb so viel
mehr durch gebührliche Mittel nach und nach zu ge-
wehnen/ und in Gegenwart anderer Pferde mit ge-
nungsamer Versicherung desto mehr zu üben/ weil die
Pferde nothwendig bey andern gebrauchet werden
müssen.

Die erste Nothwendigkeit
in der Pferde Abrichtung
ist
Die gute Bestalt/
welche sie zu dem Exer-
citz bringen sollen:

Welche die Pferde nechst und vermittelst ih-
rer guten Proportion/ (welche ihnen die Natur ver-
liehen/) durch die Abrichtungs-Mittel/ in der Ver-
besserung nach und nach an sich nehmen und behalten
sollen; nachdem sie viel oder wenig darzu disponiret/
leicht oder schwer/ bald oder langsam darzu
zubringen seyn.

Wie denn beyderley rechte Gestalt die
fünffte Abbildung eigentlich
vorstellet.

BEsteht 1. in rechter Auffrichtung des Halses/ wel-
cher gantz gerad/ von dem Riß aus über sich ste-
hen/ ein Spann hinter den Ohren aber/ gantz kurtz
gebogen/ (oder wie man sagen möchte/ oder zu sagen
pfleget/ gebrochen/) daß er keinen andern Bug oder
Bruch annimmt oder weiter annehmen kan/ wo er
nicht durch den äussersten gewaltigen Mißbrauch
[Spaltenumbruch] darzu/ wider die Natur und Vernunfft/ bezwun-
gen wird.

Der Kopff aber gleich von den Ohren an/ biß an
die Nasen perpendicular-gleich abwerts haltend/ daß
Nasen und Stirn gantz gleich unter einander stehen
und beständig bleiben.

Diese Gestalt ist das erste und vornehmste Funda-
ment/ woraus die übrige Form oder gute Gestalt zu
gründen/ und vermittelst derselben allein zu erlangen/
ohne dieselbe aber gantz unmüglich/ weder zu erhalten
noch zu behalten ist. Dann auß derselben erfolget
erstlich/ die Union deß vordern und hindern Theils/
daß weder das vordere noch das hintere/ weder zuviel
vorwerts noch ruckwerts hänget/ ziehet/ schiebet/ o-
derträget/ daß also die perpendicular-Lini die Zun-
gen in der Wag ist/ welche der beyden andern Haupt-
Theilen gleiches Gewicht anzeiget/ eintheilet und er-
hält.

2. Unter solcher guten Gestalt deß Kopffs können
auch die Schenckel in ihrer erforderten guten Gestalt
starck/ sicher/ entledigt/ in gleichem Gewicht stehen/
erhoben/ geführet und gesetzet werden/ wie es die
Justezza der Abrichtung erfordert/ daß sie einander in
einer rechten gleichen Zeit/ an einem gewissen gleich
weiten Ort/ in einerley Form ablösen und und entse-
tzen/ wie an seinem Ort mehr erwehnet ist.

Je mehr nun das Pferd zu dieser erforderten Ge-
stalt von seiner natürlichen guten proportion Vor-
thels hat/ wird es weniger Mühe bedürffen/ diese
Vollkommenheit zu erlangen.

Folget Procli Meinung nach/ daß alles gut/ was
an sich selber schön sey: Dann die Schönheit wäre
an sich selbst annehmlich/ welches er mit diesem
Schluß behaupten wil: die äusserliche Schönheit
sey ein Bildnüß der Göttlichen Schönheit/ dahero
der natürlichen Annehmlichkeit eingepflantzet: Weil
aber deren sehr wenig gefunden werden/ welche eini-
ge Verbesserung bedürffen/ so wird auß den Zaum-
mungs-Regeln erhellen/ wie solches am ehesten leich-
testen und besten zuerlangen.

Wie aber dasselbe mehr mit vortelhaffter Wissen-
schafft/ als in gewaltsamer Strengigkeit zusuchen/
auch ungleich ehe und leichter/ durch gelinde/ als
scharffe Wege und Mittel zuerhalten/ ist gleichsfalß
an demselben Ort bey den Zaumungs-Regeln auß-
führlich angeführet/ welches auch also erfolgen kan/
nachdem solche angewendte Mittel der natürlichen
Eigenschafft oder Beschaffenheit viel oder wenig ver-
wandt ist/ und solche recht angewendet werden.

Mit welcher Meinung auch die alten gäntzlich ein-
stimmen/ als auch Volateranus wil/ daß in der Ab-
richtung die bescheidene Verfahrung mehr/ als die
gewaltsame Tyrannische außrichte/ wird auch in der
Antiquität gefunden/ indem man sonderlich mit kei-
nem edlen Pferd gewaltthätig verfahren solle/ son-
dern die dabey befindliche wilde Art/ durch gelinde
Mittel und deren sanfften Gebrauch/ sänfftigen/ lin-
lindern oder stillen müsse. Denn das offtmalige und
sanffte travagliren/ mache es mehr als das geschwin-
de/ kurtze und gewaltsame tummeln oder herumjagen
zahm und bequem.

Die
Ander Theil. L l

Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] ren/ daß ſie daruͤber wohl auff den hindern Theil zu
ſitzen kommen: Welches zwar ihre ſtarcke Pferde
zum Theil/ ohne Schaden aushalten moͤgen/ ein an-
ders aber/ welches nicht ſo kraͤfftiges Ruckens/ Creutz
und Lenden iſt/ wird dauͤber im Rucken/ Creutz oder
Lenden geſchwaͤchet: Ja mehr langſam und Lenden-
loß als recht uniret werden: koͤnte ſich auch begeben/
daß dieſelbe gar gebrochen und vernichtet wuͤrden.
Davon es ſich zwar jederzeit vor den gewaltſamen
Paraden ſcheuen/ und denſelben lieber vorkommen/
und vor der Zeit/ als zu langſam pariren wird/ wel-
ches aber ſeiner Geſchicklichkeit nicht/ ſondern ſeiner
Schwachheit zuzuſchreiben iſt/ daß es weiter nicht
fortzukommen vermag/ alſo gar willig pariret/ ja wol
zu frieden iſt/ wann ihme daſſelbe zugelaſſen wird.

Es laſſen ſich theils Pferd/ das Anſehen/ Geſchrey
und Ubungen anderer/ an ihren Lectionen leichtlich/
wie die fuͤrwitzigen Schuͤler/ irren und hindern/ auff
welcher thun und laſſen ſie mehr/ als auff ihr eigene
Achtung geben/ die koͤnnen wol allein beſſer angetrie-
ben und zum Auffmercken gebracht werden. Herge-
gen werden wol andere/ von anderer Pferde Wolver-
halten/ ſonderlich die faulen und ſteckenden angerei-
tzet/ daß ſie das ihrige ehe und lieber bey andern Pfer-
den als abgeſondert verrichten. Dahero bey Jnacht-
nehmung ſolches Unterſcheids mit jeglichem nach ſei-
ner Erforderung zu verfahren/ und wo einig tolles
Pferd/ ſo keine andere leiden will/ immer auff die an-
dern ſiehet und zu denſelben dringet/ iſt es umb ſo viel
mehr durch gebuͤhrliche Mittel nach und nach zu ge-
wehnen/ und in Gegenwart anderer Pferde mit ge-
nungſamer Verſicherung deſto mehr zu uͤben/ weil die
Pferde nothwendig bey andern gebrauchet werden
muͤſſen.

Die erſte Nothwendigkeit
in der Pferde Abrichtung
iſt
Die gute Beſtalt/
welche ſie zu dem Exer-
citz bringen ſollen:

Welche die Pferde nechſt und vermittelſt ih-
rer guten Proportion/ (welche ihnen die Natur ver-
liehen/) durch die Abrichtungs-Mittel/ in der Ver-
beſſerung nach und nach an ſich nehmen und behalten
ſollen; nachdem ſie viel oder wenig darzu diſponiret/
leicht oder ſchwer/ bald oder langſam darzu
zubringen ſeyn.

Wie denn beyderley rechte Geſtalt die
fuͤnffte Abbildung eigentlich
vorſtellet.

BEſteht 1. in rechter Auffrichtung des Halſes/ wel-
cher gantz gerad/ von dem Riß aus uͤber ſich ſte-
hen/ ein Spann hinter den Ohren aber/ gantz kurtz
gebogen/ (oder wie man ſagen moͤchte/ oder zu ſagen
pfleget/ gebrochen/) daß er keinen andern Bug oder
Bruch annimmt oder weiter annehmen kan/ wo er
nicht durch den aͤuſſerſten gewaltigen Mißbrauch
[Spaltenumbruch] darzu/ wider die Natur und Vernunfft/ bezwun-
gen wird.

Der Kopff aber gleich von den Ohren an/ biß an
die Naſen perpendicular-gleich abwerts haltend/ daß
Naſen und Stirn gantz gleich unter einander ſtehen
und beſtaͤndig bleiben.

Dieſe Geſtalt iſt das erſte und vornehmſte Funda-
ment/ woraus die uͤbrige Form oder gute Geſtalt zu
gruͤnden/ und vermittelſt derſelben allein zu erlangen/
ohne dieſelbe aber gantz unmuͤglich/ weder zu erhalten
noch zu behalten iſt. Dann auß derſelben erfolget
erſtlich/ die Union deß vordern und hindern Theils/
daß weder das vordere noch das hintere/ weder zuviel
vorwerts noch ruckwerts haͤnget/ ziehet/ ſchiebet/ o-
dertraͤget/ daß alſo die perpendicular-Lini die Zun-
gen in der Wag iſt/ welche der beyden andern Haupt-
Theilen gleiches Gewicht anzeiget/ eintheilet und er-
haͤlt.

2. Unter ſolcher guten Geſtalt deß Kopffs koͤnnen
auch die Schenckel in ihrer erforderten guten Geſtalt
ſtarck/ ſicher/ entledigt/ in gleichem Gewicht ſtehen/
erhoben/ gefuͤhret und geſetzet werden/ wie es die
Juſtezza der Abrichtung erfordert/ daß ſie einander in
einer rechten gleichen Zeit/ an einem gewiſſen gleich
weiten Ort/ in einerley Form abloͤſen und und entſe-
tzen/ wie an ſeinem Ort mehr erwehnet iſt.

Je mehr nun das Pferd zu dieſer erforderten Ge-
ſtalt von ſeiner natuͤrlichen guten proportion Vor-
thels hat/ wird es weniger Muͤhe beduͤrffen/ dieſe
Vollkommenheit zu erlangen.

Folget Procli Meinung nach/ daß alles gut/ was
an ſich ſelber ſchoͤn ſey: Dann die Schoͤnheit waͤre
an ſich ſelbſt annehmlich/ welches er mit dieſem
Schluß behaupten wil: die aͤuſſerliche Schoͤnheit
ſey ein Bildnuͤß der Goͤttlichen Schoͤnheit/ dahero
der natuͤrlichen Annehmlichkeit eingepflantzet: Weil
aber deren ſehr wenig gefunden werden/ welche eini-
ge Verbeſſerung beduͤrffen/ ſo wird auß den Zaum-
mungs-Regeln erhellen/ wie ſolches am eheſten leich-
teſten und beſten zuerlangen.

Wie aber daſſelbe mehr mit vortelhaffter Wiſſen-
ſchafft/ als in gewaltſamer Strengigkeit zuſuchen/
auch ungleich ehe und leichter/ durch gelinde/ als
ſcharffe Wege und Mittel zuerhalten/ iſt gleichsfalß
an demſelben Ort bey den Zaumungs-Regeln auß-
fuͤhrlich angefuͤhret/ welches auch alſo erfolgen kan/
nachdem ſolche angewendte Mittel der natuͤrlichen
Eigenſchafft oder Beſchaffenheit viel oder wenig ver-
wandt iſt/ und ſolche recht angewendet werden.

Mit welcher Meinung auch die alten gaͤntzlich ein-
ſtimmen/ als auch Volateranus wil/ daß in der Ab-
richtung die beſcheidene Verfahrung mehr/ als die
gewaltſame Tyranniſche außrichte/ wird auch in der
Antiquitaͤt gefunden/ indem man ſonderlich mit kei-
nem edlen Pferd gewaltthaͤtig verfahren ſolle/ ſon-
dern die dabey befindliche wilde Art/ durch gelinde
Mittel und deren ſanfften Gebrauch/ ſaͤnfftigen/ lin-
lindern oder ſtillen muͤſſe. Denn das offtmalige und
ſanffte travagliren/ mache es mehr als das geſchwin-
de/ kurtze und gewaltſame tummeln oder herumjagen
zahm und bequem.

Die
Ander Theil. L l
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0289" n="265"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Pferde-Schatz.</hi></fw><lb/><cb/>
ren/ daß &#x017F;ie daru&#x0364;ber wohl auff den hindern Theil zu<lb/>
&#x017F;itzen kommen: Welches zwar ihre &#x017F;tarcke Pferde<lb/>
zum Theil/ ohne Schaden aushalten mo&#x0364;gen/ ein an-<lb/>
ders aber/ welches nicht &#x017F;o kra&#x0364;fftiges Ruckens/ Creutz<lb/>
und Lenden i&#x017F;t/ wird dau&#x0364;ber im Rucken/ Creutz oder<lb/>
Lenden ge&#x017F;chwa&#x0364;chet: Ja mehr lang&#x017F;am und Lenden-<lb/>
loß als recht uniret werden: ko&#x0364;nte &#x017F;ich auch begeben/<lb/>
daß die&#x017F;elbe gar gebrochen und vernichtet wu&#x0364;rden.<lb/>
Davon es &#x017F;ich zwar jederzeit vor den gewalt&#x017F;amen<lb/>
Paraden &#x017F;cheuen/ und den&#x017F;elben lieber vorkommen/<lb/>
und vor der Zeit/ als zu lang&#x017F;am pariren wird/ wel-<lb/>
ches aber &#x017F;einer Ge&#x017F;chicklichkeit nicht/ &#x017F;ondern &#x017F;einer<lb/>
Schwachheit zuzu&#x017F;chreiben i&#x017F;t/ daß es weiter nicht<lb/>
fortzukommen vermag/ al&#x017F;o gar willig pariret/ ja wol<lb/>
zu frieden i&#x017F;t/ wann ihme da&#x017F;&#x017F;elbe zugela&#x017F;&#x017F;en wird.</p><lb/>
                <p>Es la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich theils Pferd/ das An&#x017F;ehen/ Ge&#x017F;chrey<lb/>
und Ubungen anderer/ an ihren Lectionen leichtlich/<lb/>
wie die fu&#x0364;rwitzigen Schu&#x0364;ler/ irren und hindern/ auff<lb/>
welcher thun und la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mehr/ als auff ihr eigene<lb/>
Achtung geben/ die ko&#x0364;nnen wol allein be&#x017F;&#x017F;er angetrie-<lb/>
ben und zum Auffmercken gebracht werden. Herge-<lb/>
gen werden wol andere/ von anderer Pferde Wolver-<lb/>
halten/ &#x017F;onderlich die faulen und &#x017F;teckenden angerei-<lb/>
tzet/ daß &#x017F;ie das ihrige ehe und lieber bey andern Pfer-<lb/>
den als abge&#x017F;ondert verrichten. Dahero bey Jnacht-<lb/>
nehmung &#x017F;olches Unter&#x017F;cheids mit jeglichem nach &#x017F;ei-<lb/>
ner Erforderung zu verfahren/ und wo einig tolles<lb/>
Pferd/ &#x017F;o keine andere leiden will/ immer auff die an-<lb/>
dern &#x017F;iehet und zu den&#x017F;elben dringet/ i&#x017F;t es umb &#x017F;o viel<lb/>
mehr durch gebu&#x0364;hrliche Mittel nach und nach zu ge-<lb/>
wehnen/ und in Gegenwart anderer Pferde mit ge-<lb/>
nung&#x017F;amer Ver&#x017F;icherung de&#x017F;to mehr zu u&#x0364;ben/ weil die<lb/>
Pferde nothwendig bey andern gebrauchet werden<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Die er&#x017F;te Nothwendigkeit<lb/>
in der Pferde Abrichtung<lb/>
i&#x017F;t<lb/><hi rendition="#in">D</hi>ie <hi rendition="#in">g</hi>ute <hi rendition="#in">B</hi>e&#x017F;talt/<lb/>
welche &#x017F;ie zu dem Exer-<lb/>
citz bringen &#x017F;ollen:</hi> </head><lb/>
              <p>Welche die Pferde nech&#x017F;t und vermittel&#x017F;t ih-<lb/>
rer guten Proportion/ (welche ihnen die Natur ver-<lb/>
liehen/) durch die Abrichtungs-Mittel/ in der Ver-<lb/>
be&#x017F;&#x017F;erung nach und nach an &#x017F;ich nehmen und behalten<lb/>
&#x017F;ollen; nachdem &#x017F;ie viel oder wenig darzu di&#x017F;poniret/<lb/><hi rendition="#c">leicht oder &#x017F;chwer/ bald oder lang&#x017F;am darzu<lb/>
zubringen &#x017F;eyn.</hi></p><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">Wie denn beyderley rechte Ge&#x017F;talt die<lb/>
fu&#x0364;nffte Abbildung eigentlich<lb/>
vor&#x017F;tellet.</hi> </head><lb/>
                <p><hi rendition="#in">B</hi>E&#x017F;teht 1. in rechter Auffrichtung des Hal&#x017F;es/ wel-<lb/>
cher gantz gerad/ von dem Riß aus u&#x0364;ber &#x017F;ich &#x017F;te-<lb/>
hen/ ein Spann hinter den Ohren aber/ gantz kurtz<lb/>
gebogen/ (oder wie man &#x017F;agen mo&#x0364;chte/ oder zu &#x017F;agen<lb/>
pfleget/ gebrochen/) daß er keinen andern Bug oder<lb/>
Bruch annimmt oder weiter annehmen kan/ wo er<lb/>
nicht durch den a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten gewaltigen Mißbrauch<lb/><cb/>
darzu/ wider die Natur und Vernunfft/ bezwun-<lb/>
gen wird.</p><lb/>
                <p>Der Kopff aber gleich von den Ohren an/ biß an<lb/>
die Na&#x017F;en <hi rendition="#aq">perpendicular</hi>-gleich abwerts haltend/ daß<lb/>
Na&#x017F;en und Stirn gantz gleich unter einander &#x017F;tehen<lb/>
und be&#x017F;ta&#x0364;ndig bleiben.</p><lb/>
                <p>Die&#x017F;e Ge&#x017F;talt i&#x017F;t das er&#x017F;te und vornehm&#x017F;te Funda-<lb/>
ment/ woraus die u&#x0364;brige Form oder gute Ge&#x017F;talt zu<lb/>
gru&#x0364;nden/ und vermittel&#x017F;t der&#x017F;elben allein zu erlangen/<lb/>
ohne die&#x017F;elbe aber gantz unmu&#x0364;glich/ weder zu erhalten<lb/>
noch zu behalten i&#x017F;t. Dann auß der&#x017F;elben erfolget<lb/>
er&#x017F;tlich/ die Union deß vordern und hindern Theils/<lb/>
daß weder das vordere noch das hintere/ weder zuviel<lb/>
vorwerts noch ruckwerts ha&#x0364;nget/ ziehet/ &#x017F;chiebet/ o-<lb/>
dertra&#x0364;get/ daß al&#x017F;o die <hi rendition="#aq">perpendicular</hi>-Lini die Zun-<lb/>
gen in der Wag i&#x017F;t/ welche der beyden andern Haupt-<lb/>
Theilen gleiches Gewicht anzeiget/ eintheilet und er-<lb/>
ha&#x0364;lt.</p><lb/>
                <p>2. Unter &#x017F;olcher guten Ge&#x017F;talt deß Kopffs ko&#x0364;nnen<lb/>
auch die Schenckel in ihrer erforderten guten Ge&#x017F;talt<lb/>
&#x017F;tarck/ &#x017F;icher/ entledigt/ in gleichem Gewicht &#x017F;tehen/<lb/>
erhoben/ gefu&#x0364;hret und ge&#x017F;etzet werden/ wie es die<lb/>
Ju&#x017F;tezza der Abrichtung erfordert/ daß &#x017F;ie einander in<lb/>
einer rechten gleichen Zeit/ an einem gewi&#x017F;&#x017F;en gleich<lb/>
weiten Ort/ in einerley Form ablo&#x0364;&#x017F;en und und ent&#x017F;e-<lb/>
tzen/ wie an &#x017F;einem Ort mehr erwehnet i&#x017F;t.</p><lb/>
                <p>Je mehr nun das Pferd zu die&#x017F;er erforderten Ge-<lb/>
&#x017F;talt von &#x017F;einer natu&#x0364;rlichen guten <hi rendition="#aq">proportion</hi> Vor-<lb/>
thels hat/ wird es weniger Mu&#x0364;he bedu&#x0364;rffen/ die&#x017F;e<lb/>
Vollkommenheit zu erlangen.</p><lb/>
                <p>Folget Procli Meinung nach/ daß alles gut/ was<lb/>
an &#x017F;ich &#x017F;elber &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;ey: Dann die Scho&#x0364;nheit wa&#x0364;re<lb/>
an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t annehmlich/ welches er mit die&#x017F;em<lb/>
Schluß behaupten wil: die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche Scho&#x0364;nheit<lb/>
&#x017F;ey ein Bildnu&#x0364;ß der Go&#x0364;ttlichen Scho&#x0364;nheit/ dahero<lb/>
der natu&#x0364;rlichen Annehmlichkeit eingepflantzet: Weil<lb/>
aber deren &#x017F;ehr wenig gefunden werden/ welche eini-<lb/>
ge Verbe&#x017F;&#x017F;erung bedu&#x0364;rffen/ &#x017F;o wird auß den Zaum-<lb/>
mungs-Regeln erhellen/ wie &#x017F;olches am ehe&#x017F;ten leich-<lb/>
te&#x017F;ten und be&#x017F;ten zuerlangen.</p><lb/>
                <p>Wie aber da&#x017F;&#x017F;elbe mehr mit vortelhaffter Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chafft/ als in gewalt&#x017F;amer Strengigkeit zu&#x017F;uchen/<lb/>
auch ungleich ehe und leichter/ durch gelinde/ als<lb/>
&#x017F;charffe Wege und Mittel zuerhalten/ i&#x017F;t gleichsfalß<lb/>
an dem&#x017F;elben Ort bey den Zaumungs-Regeln auß-<lb/>
fu&#x0364;hrlich angefu&#x0364;hret/ welches auch al&#x017F;o erfolgen kan/<lb/>
nachdem &#x017F;olche angewendte Mittel der natu&#x0364;rlichen<lb/>
Eigen&#x017F;chafft oder Be&#x017F;chaffenheit viel oder wenig ver-<lb/>
wandt i&#x017F;t/ und &#x017F;olche recht angewendet werden.</p><lb/>
                <p>Mit welcher Meinung auch die alten ga&#x0364;ntzlich ein-<lb/>
&#x017F;timmen/ als auch Volateranus wil/ daß in der Ab-<lb/>
richtung die be&#x017F;cheidene Verfahrung mehr/ als die<lb/>
gewalt&#x017F;ame Tyranni&#x017F;che außrichte/ wird auch in der<lb/>
Antiquita&#x0364;t gefunden/ indem man &#x017F;onderlich mit kei-<lb/>
nem edlen Pferd gewalttha&#x0364;tig verfahren &#x017F;olle/ &#x017F;on-<lb/>
dern die dabey befindliche wilde Art/ durch gelinde<lb/>
Mittel und deren &#x017F;anfften Gebrauch/ &#x017F;a&#x0364;nfftigen/ lin-<lb/>
lindern oder &#x017F;tillen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Denn das offtmalige und<lb/>
&#x017F;anffte travagliren/ mache es mehr als das ge&#x017F;chwin-<lb/>
de/ kurtze und gewalt&#x017F;ame tummeln oder herumjagen<lb/>
zahm und bequem.</p><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">Ander Theil. L l</fw>
                <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0289] Pferde-Schatz. ren/ daß ſie daruͤber wohl auff den hindern Theil zu ſitzen kommen: Welches zwar ihre ſtarcke Pferde zum Theil/ ohne Schaden aushalten moͤgen/ ein an- ders aber/ welches nicht ſo kraͤfftiges Ruckens/ Creutz und Lenden iſt/ wird dauͤber im Rucken/ Creutz oder Lenden geſchwaͤchet: Ja mehr langſam und Lenden- loß als recht uniret werden: koͤnte ſich auch begeben/ daß dieſelbe gar gebrochen und vernichtet wuͤrden. Davon es ſich zwar jederzeit vor den gewaltſamen Paraden ſcheuen/ und denſelben lieber vorkommen/ und vor der Zeit/ als zu langſam pariren wird/ wel- ches aber ſeiner Geſchicklichkeit nicht/ ſondern ſeiner Schwachheit zuzuſchreiben iſt/ daß es weiter nicht fortzukommen vermag/ alſo gar willig pariret/ ja wol zu frieden iſt/ wann ihme daſſelbe zugelaſſen wird. Es laſſen ſich theils Pferd/ das Anſehen/ Geſchrey und Ubungen anderer/ an ihren Lectionen leichtlich/ wie die fuͤrwitzigen Schuͤler/ irren und hindern/ auff welcher thun und laſſen ſie mehr/ als auff ihr eigene Achtung geben/ die koͤnnen wol allein beſſer angetrie- ben und zum Auffmercken gebracht werden. Herge- gen werden wol andere/ von anderer Pferde Wolver- halten/ ſonderlich die faulen und ſteckenden angerei- tzet/ daß ſie das ihrige ehe und lieber bey andern Pfer- den als abgeſondert verrichten. Dahero bey Jnacht- nehmung ſolches Unterſcheids mit jeglichem nach ſei- ner Erforderung zu verfahren/ und wo einig tolles Pferd/ ſo keine andere leiden will/ immer auff die an- dern ſiehet und zu denſelben dringet/ iſt es umb ſo viel mehr durch gebuͤhrliche Mittel nach und nach zu ge- wehnen/ und in Gegenwart anderer Pferde mit ge- nungſamer Verſicherung deſto mehr zu uͤben/ weil die Pferde nothwendig bey andern gebrauchet werden muͤſſen. Die erſte Nothwendigkeit in der Pferde Abrichtung iſt Die gute Beſtalt/ welche ſie zu dem Exer- citz bringen ſollen: Welche die Pferde nechſt und vermittelſt ih- rer guten Proportion/ (welche ihnen die Natur ver- liehen/) durch die Abrichtungs-Mittel/ in der Ver- beſſerung nach und nach an ſich nehmen und behalten ſollen; nachdem ſie viel oder wenig darzu diſponiret/ leicht oder ſchwer/ bald oder langſam darzu zubringen ſeyn. Wie denn beyderley rechte Geſtalt die fuͤnffte Abbildung eigentlich vorſtellet. BEſteht 1. in rechter Auffrichtung des Halſes/ wel- cher gantz gerad/ von dem Riß aus uͤber ſich ſte- hen/ ein Spann hinter den Ohren aber/ gantz kurtz gebogen/ (oder wie man ſagen moͤchte/ oder zu ſagen pfleget/ gebrochen/) daß er keinen andern Bug oder Bruch annimmt oder weiter annehmen kan/ wo er nicht durch den aͤuſſerſten gewaltigen Mißbrauch darzu/ wider die Natur und Vernunfft/ bezwun- gen wird. Der Kopff aber gleich von den Ohren an/ biß an die Naſen perpendicular-gleich abwerts haltend/ daß Naſen und Stirn gantz gleich unter einander ſtehen und beſtaͤndig bleiben. Dieſe Geſtalt iſt das erſte und vornehmſte Funda- ment/ woraus die uͤbrige Form oder gute Geſtalt zu gruͤnden/ und vermittelſt derſelben allein zu erlangen/ ohne dieſelbe aber gantz unmuͤglich/ weder zu erhalten noch zu behalten iſt. Dann auß derſelben erfolget erſtlich/ die Union deß vordern und hindern Theils/ daß weder das vordere noch das hintere/ weder zuviel vorwerts noch ruckwerts haͤnget/ ziehet/ ſchiebet/ o- dertraͤget/ daß alſo die perpendicular-Lini die Zun- gen in der Wag iſt/ welche der beyden andern Haupt- Theilen gleiches Gewicht anzeiget/ eintheilet und er- haͤlt. 2. Unter ſolcher guten Geſtalt deß Kopffs koͤnnen auch die Schenckel in ihrer erforderten guten Geſtalt ſtarck/ ſicher/ entledigt/ in gleichem Gewicht ſtehen/ erhoben/ gefuͤhret und geſetzet werden/ wie es die Juſtezza der Abrichtung erfordert/ daß ſie einander in einer rechten gleichen Zeit/ an einem gewiſſen gleich weiten Ort/ in einerley Form abloͤſen und und entſe- tzen/ wie an ſeinem Ort mehr erwehnet iſt. Je mehr nun das Pferd zu dieſer erforderten Ge- ſtalt von ſeiner natuͤrlichen guten proportion Vor- thels hat/ wird es weniger Muͤhe beduͤrffen/ dieſe Vollkommenheit zu erlangen. Folget Procli Meinung nach/ daß alles gut/ was an ſich ſelber ſchoͤn ſey: Dann die Schoͤnheit waͤre an ſich ſelbſt annehmlich/ welches er mit dieſem Schluß behaupten wil: die aͤuſſerliche Schoͤnheit ſey ein Bildnuͤß der Goͤttlichen Schoͤnheit/ dahero der natuͤrlichen Annehmlichkeit eingepflantzet: Weil aber deren ſehr wenig gefunden werden/ welche eini- ge Verbeſſerung beduͤrffen/ ſo wird auß den Zaum- mungs-Regeln erhellen/ wie ſolches am eheſten leich- teſten und beſten zuerlangen. Wie aber daſſelbe mehr mit vortelhaffter Wiſſen- ſchafft/ als in gewaltſamer Strengigkeit zuſuchen/ auch ungleich ehe und leichter/ durch gelinde/ als ſcharffe Wege und Mittel zuerhalten/ iſt gleichsfalß an demſelben Ort bey den Zaumungs-Regeln auß- fuͤhrlich angefuͤhret/ welches auch alſo erfolgen kan/ nachdem ſolche angewendte Mittel der natuͤrlichen Eigenſchafft oder Beſchaffenheit viel oder wenig ver- wandt iſt/ und ſolche recht angewendet werden. Mit welcher Meinung auch die alten gaͤntzlich ein- ſtimmen/ als auch Volateranus wil/ daß in der Ab- richtung die beſcheidene Verfahrung mehr/ als die gewaltſame Tyranniſche außrichte/ wird auch in der Antiquitaͤt gefunden/ indem man ſonderlich mit kei- nem edlen Pferd gewaltthaͤtig verfahren ſolle/ ſon- dern die dabey befindliche wilde Art/ durch gelinde Mittel und deren ſanfften Gebrauch/ ſaͤnfftigen/ lin- lindern oder ſtillen muͤſſe. Denn das offtmalige und ſanffte travagliren/ mache es mehr als das geſchwin- de/ kurtze und gewaltſame tummeln oder herumjagen zahm und bequem. Die Ander Theil. L l

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/289
Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/289>, abgerufen am 24.11.2024.