Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

Bild:
<< vorherige Seite

Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] verhaltens annehmlich seyn/ und um derselben Wil-
len weitern Gehorsam bezeigen: sonderlich wann
ihnen dasselbe nach der Proportion ihres Gehorsams
zukommet/ in der rechten Zeit und Art/ worinnen sie
sich dessen noch erinnern können.

Hergegen kan ein Pferd mit dessen Entziehung
hart geqvälet und gestraffet werden/ wann in gleicher
Zeit und Ort sambt dem Grad des Verbrechens
Gleichheit zum öfftern in acht genommen wird/ wo-
durch sie ehe gedemüthiget und geschwächet/ als ver-
zweifelt/ rachgierig/ zornig/ oder verwirret werden
können.

Wie vielmehr werden sie eine Liebs-oder Versiche-
rungs-Bezeigung annehmen/ wann ihnen auff jedes
Wolverhalten gleich etwas bessers und wolschmek-
kendes/ als sein gemeines Futter auff der Stell gege-
ben/ wodurch es zu der Hoffnung/ daß es nie unbeloh-
net arbeitet/ gebracht wird/ welches nicht gering en
Nuzzen schaffet.

Wie aber diese Eigenschafft durch allerley Zufälle
bey den Pferden auch erligen/ und den natürlichen
Lust benehmen/ wie man auch solches verbessern kan/
ist bey der Artzney erwehnet.

Daß aber der Unterschied in dem Geschmack eine
natürliche Gabe sey/ die grossen Nutzen schaffe/ ist aus
dem Unterschied abzunehmen/ welchen sie in der
Weyde/ im Futter und im Wasser zumachen wissen/
worinnen sie sich selbst vor vielen schädlichen verwah-
ren/ und dasselbe nicht angreiffen.

Hergegen ist es nicht gar zum besten/ wann sie all-
zu heigel seyn/ und man auff den Reisen/ oder im
Krieg nicht alles haben kan/ so sie gern essen.

Der Geruch.

Von dem subtilen Geruch der Pferde zeuget Gott
selber/ und zwar daher/ daß sie den Streit von fernen
riechen/ woraus denn die hohe Nothwendigkeit des-
selben um so viel mehr erscheinet/ als die Göttliche
Weißheit dessen nicht vergeblich wird erwehnet ha-
ben: derselbe kan zwar bey der Abrichtung das we-
nigste thun.

Weil aber gleichwol aller Gestanck den Pferden
eben so schädlich/ als zuwider ist/ kan es nicht in Zwei-
fel gezogen werden/ daß dieselbe durch lieblichen Ge-
ruch eben so viel erlustiget und erfrischet werden kön-
nen/ welches dann eine grosse Hülffe in der Abrich-
tung seynkan/ als sie im Gegentheil durch bösen Ge-
stanck unlustig gemachet werden/ welches die gantze
Abrichtung hindern und vernichten kan.

Sonst ist bey der Pferde subtilen Geruch dieser
Nutzen/ daß sie aus demselbigen ehe als der Mensch ei-
ne obhabende Gefahr erkennen/ und dessen durch Ge-
bärde/ Brausen und Zeichen können zuverstehen geben.

Hergegen kan dasselbe auch in andere Wege schäd-
lich seyn/ wann sie sich vor demselben scheuen/ entsetzen/
und nicht gern dahin wollen/ da sie dasselbe von ferne
riechen/ unter welchen sie ein todtes Aaß viel ehe ver
nehmen/ als sie dessen ansichtig werden.

Stimm oder Lachen.

Wann GOtt nicht selbst die Stimme oder lachen-
des Ruffen der Pferde unter die vornehmste Haupt-
[Spaltenumbruch] Eigenschafften und höchste Zierde eines edlen Pfer-
des/ und zwar zuerst an die Spitzen gesetzet/ hätte man
solches billich nicht so hoch zu achten. Wie aber
hierdurch des Pferdes gesunder Wolstand und fri-
scher Muth auch einiges Verlangen nach seiner Ge-
sellschafft daraus abzunehmen: so ist es dem mensch-
lichen Gehör/ sonderlich der Liebhaber Ohren eine
sonderliche Erqvickung/ dasselbe offtmahls zuhören/
wie die Pferd gleichsamb dadurch mit einander spre-
chen/ fragen/ grüssen und antworten.

Es kan auch ein verlohrnes Pferd durch seine
Stimme am leichtesten gesuchet und gefunden/ wie-
wol auch in heimlichen Geschäfften verrathen werden/
wofür man etliche Künste zu haben vermeinet/ welche
zu Zeiten aber nicht durchgehend/ bey ein oder dem an-
dern/ aber nicht bey allen Pferden etwas helffen mö-
gen/ sonderlich können sich die jungen/ wann sie sich
verirren oder verlauffen/ am besten nach denselben
richten/ auch die Menschen nicht weniger bey der
Nacht dessen grossen Vortel haben/ wann sie ihrer be-
kandten Pferde Stimme von der frembden zu unter-
scheiden wissen/ welches durch langwührige Erfah-
rung und fleissiges Auffmercken wol geschehen kan.

Ob gleich die guten Eigenschafften noch mehr an-
zuführen wären/ wann man sie scharff durchsuchen
wolte/ so wird doch einem Liebhaber dieses verhoffent-
lich ein Gnügen leisten/ oder doch der andern in et-
was erinnern.

Hierauff folgen die Mängel
und Laster/ worunter 1. die Erblichen/

2. die Haupt-Mängel/ 3. gemeinen oder ge-
ringen: Und wiederumb welche doppelt oder mehr-
fältig und schädlich/ denen einfach-schädlichen
vorgehen.

Die äüsserliche Gestalt ist schön/
mittelmässig oder heßlich.

Schönheit.
1. Die Schönheit bestehet in der guten zusammen
stimmenden Proportion des gantzen Leibes.
2. Wann alle sonderliche Theil und Glieder wol
formiret.
3. Recht an einander halten und zusammen gesetzet.
4. Gar keines oder wenig unproportionirte darun-
ter seyn.
5. Welche (nicht von den principalsten/ sondern
von denen/ so man am wenigsten siehet oder achtet/)
vollkommen schön seyn.
6. Wann der meiste Theil gut/ und der wenigste
schlecht ist.
7. Wann die vornehmsten gar schön/ und die ge-
ringere mittelässig.
8. Wann es nicht zu groß ist.
9. Wann es nicht zu klein ist.
sondern recht mittelmässig.
10. Wol gefärbt.
11. Wol gezeichnet.
12. Zart.
13. Rein.
Jn-
Erster Theil. M

Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] verhaltens annehmlich ſeyn/ und um derſelben Wil-
len weitern Gehorſam bezeigen: ſonderlich wann
ihnen daſſelbe nach der Proportion ihres Gehorſams
zukommet/ in der rechten Zeit und Art/ worinnen ſie
ſich deſſen noch erinnern koͤnnen.

Hergegen kan ein Pferd mit deſſen Entziehung
hart geqvaͤlet und geſtraffet werden/ wann in gleicher
Zeit und Ort ſambt dem Grad des Verbrechens
Gleichheit zum oͤfftern in acht genommen wird/ wo-
durch ſie ehe gedemuͤthiget und geſchwaͤchet/ als ver-
zweifelt/ rachgierig/ zornig/ oder verwirret werden
koͤnnen.

Wie vielmehr werden ſie eine Liebs-oder Verſiche-
rungs-Bezeigung annehmen/ wann ihnen auff jedes
Wolverhalten gleich etwas beſſers und wolſchmek-
kendes/ als ſein gemeines Futter auff der Stell gege-
ben/ wodurch es zu der Hoffnung/ daß es nie unbeloh-
net arbeitet/ gebracht wird/ welches nicht gering en
Nuzzen ſchaffet.

Wie aber dieſe Eigenſchafft durch allerley Zufaͤlle
bey den Pferden auch erligen/ und den natuͤrlichen
Luſt benehmen/ wie man auch ſolches verbeſſern kan/
iſt bey der Artzney erwehnet.

Daß aber der Unterſchied in dem Geſchmack eine
natuͤrliche Gabe ſey/ die groſſen Nutzen ſchaffe/ iſt aus
dem Unterſchied abzunehmen/ welchen ſie in der
Weyde/ im Futter und im Waſſer zumachen wiſſen/
worinnen ſie ſich ſelbſt vor vielen ſchaͤdlichen verwah-
ren/ und daſſelbe nicht angreiffen.

Hergegen iſt es nicht gar zum beſten/ wann ſie all-
zu heigel ſeyn/ und man auff den Reiſen/ oder im
Krieg nicht alles haben kan/ ſo ſie gern eſſen.

Der Geruch.

Von dem ſubtilen Geruch der Pferde zeuget Gott
ſelber/ und zwar daher/ daß ſie den Streit von fernen
riechen/ woraus denn die hohe Nothwendigkeit deſ-
ſelben um ſo viel mehr erſcheinet/ als die Goͤttliche
Weißheit deſſen nicht vergeblich wird erwehnet ha-
ben: derſelbe kan zwar bey der Abrichtung das we-
nigſte thun.

Weil aber gleichwol aller Geſtanck den Pferden
eben ſo ſchaͤdlich/ als zuwider iſt/ kan es nicht in Zwei-
fel gezogen werden/ daß dieſelbe durch lieblichen Ge-
ruch eben ſo viel erluſtiget und erfriſchet werden koͤn-
nen/ welches dann eine groſſe Huͤlffe in der Abrich-
tung ſeynkan/ als ſie im Gegentheil durch boͤſen Ge-
ſtanck unluſtig gemachet werden/ welches die gantze
Abrichtung hindern und vernichten kan.

Sonſt iſt bey der Pferde ſubtilen Geruch dieſer
Nutzen/ daß ſie aus demſelbigen ehe als der Menſch ei-
ne obhabende Gefahr erkennen/ und deſſen durch Ge-
baͤrde/ Brauſen und Zeichen koͤñen zuverſtehen geben.

Hergegen kan daſſelbe auch in andere Wege ſchaͤd-
lich ſeyn/ wann ſie ſich vor demſelben ſcheuen/ entſetzen/
und nicht gern dahin wollen/ da ſie daſſelbe von ferne
riechen/ unter welchen ſie ein todtes Aaß viel ehe ver
nehmen/ als ſie deſſen anſichtig werden.

Stimm oder Lachen.

Wann GOtt nicht ſelbſt die Stimme oder lachen-
des Ruffen der Pferde unter die vornehmſte Haupt-
[Spaltenumbruch] Eigenſchafften und hoͤchſte Zierde eines edlen Pfer-
des/ und zwar zuerſt an die Spitzen geſetzet/ haͤtte man
ſolches billich nicht ſo hoch zu achten. Wie aber
hierdurch des Pferdes geſunder Wolſtand und fri-
ſcher Muth auch einiges Verlangen nach ſeiner Ge-
ſellſchafft daraus abzunehmen: ſo iſt es dem menſch-
lichen Gehoͤr/ ſonderlich der Liebhaber Ohren eine
ſonderliche Erqvickung/ daſſelbe offtmahls zuhoͤren/
wie die Pferd gleichſamb dadurch mit einander ſpre-
chen/ fragen/ gruͤſſen und antworten.

Es kan auch ein verlohrnes Pferd durch ſeine
Stimme am leichteſten geſuchet und gefunden/ wie-
wol auch in heimlichen Geſchaͤfften verrathen werden/
wofuͤr man etliche Kuͤnſte zu haben vermeinet/ welche
zu Zeiten aber nicht durchgehend/ bey ein oder dem an-
dern/ aber nicht bey allen Pferden etwas helffen moͤ-
gen/ ſonderlich koͤnnen ſich die jungen/ wann ſie ſich
verirren oder verlauffen/ am beſten nach denſelben
richten/ auch die Menſchen nicht weniger bey der
Nacht deſſen groſſen Vortel haben/ wann ſie ihrer be-
kandten Pferde Stimme von der frembden zu unter-
ſcheiden wiſſen/ welches durch langwuͤhrige Erfah-
rung und fleiſſiges Auffmercken wol geſchehen kan.

Ob gleich die guten Eigenſchafften noch mehr an-
zufuͤhren waͤren/ wann man ſie ſcharff durchſuchen
wolte/ ſo wird doch einem Liebhaber dieſes verhoffent-
lich ein Gnuͤgen leiſten/ oder doch der andern in et-
was erinnern.

Hierauff folgen die Maͤngel
und Laſter/ worunter 1. die Erblichen/

2. die Haupt-Maͤngel/ 3. gemeinen oder ge-
ringen: Und wiederumb welche doppelt oder mehr-
faͤltig und ſchaͤdlich/ denen einfach-ſchaͤdlichen
vorgehen.

Die aͤuͤſſerliche Geſtalt iſt ſchoͤn/
mittelmaͤſſig oder heßlich.

Schoͤnheit.
1. Die Schoͤnheit beſtehet in der guten zuſammen
ſtimmenden Proportion des gantzen Leibes.
2. Wann alle ſonderliche Theil und Glieder wol
formiret.
3. Recht an einander halten und zuſammen geſetzet.
4. Gar keines oder wenig unproportionirte darun-
ter ſeyn.
5. Welche (nicht von den principalſten/ ſondern
von denen/ ſo man am wenigſten ſiehet oder achtet/)
vollkommen ſchoͤn ſeyn.
6. Wann der meiſte Theil gut/ und der wenigſte
ſchlecht iſt.
7. Wann die vornehmſten gar ſchoͤn/ und die ge-
ringere mittelaͤſſig.
8. Wann es nicht zu groß iſt.
9. Wann es nicht zu klein iſt.
ſondern recht mittelmaͤſſig.
10. Wol gefaͤrbt.
11. Wol gezeichnet.
12. Zart.
13. Rein.
Jn-
Erſter Theil. M
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0095" n="89"/><fw place="top" type="header">Pferde-Schatz.</fw><lb/><cb/>
verhaltens annehmlich &#x017F;eyn/ und um der&#x017F;elben Wil-<lb/>
len weitern Gehor&#x017F;am bezeigen: &#x017F;onderlich wann<lb/>
ihnen da&#x017F;&#x017F;elbe nach der Proportion ihres Gehor&#x017F;ams<lb/>
zukommet/ in der rechten Zeit und Art/ worinnen &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en noch erinnern ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
                  <p>Hergegen kan ein Pferd mit de&#x017F;&#x017F;en Entziehung<lb/>
hart geqva&#x0364;let und ge&#x017F;traffet werden/ wann in gleicher<lb/>
Zeit und Ort &#x017F;ambt dem Grad des Verbrechens<lb/>
Gleichheit zum o&#x0364;fftern in acht genommen wird/ wo-<lb/>
durch &#x017F;ie ehe gedemu&#x0364;thiget und ge&#x017F;chwa&#x0364;chet/ als ver-<lb/>
zweifelt/ rachgierig/ zornig/ oder verwirret werden<lb/>
ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
                  <p>Wie vielmehr werden &#x017F;ie eine Liebs-oder Ver&#x017F;iche-<lb/>
rungs-Bezeigung annehmen/ wann ihnen auff jedes<lb/>
Wolverhalten gleich etwas be&#x017F;&#x017F;ers und wol&#x017F;chmek-<lb/>
kendes/ als &#x017F;ein gemeines Futter auff der Stell gege-<lb/>
ben/ wodurch es zu der Hoffnung/ daß es nie unbeloh-<lb/>
net arbeitet/ gebracht wird/ welches nicht gering en<lb/>
Nuzzen &#x017F;chaffet.</p><lb/>
                  <p>Wie aber die&#x017F;e Eigen&#x017F;chafft durch allerley Zufa&#x0364;lle<lb/>
bey den Pferden auch erligen/ und den natu&#x0364;rlichen<lb/>
Lu&#x017F;t benehmen/ wie man auch &#x017F;olches verbe&#x017F;&#x017F;ern kan/<lb/>
i&#x017F;t bey der Artzney erwehnet.</p><lb/>
                  <p>Daß aber der Unter&#x017F;chied in dem Ge&#x017F;chmack eine<lb/>
natu&#x0364;rliche Gabe &#x017F;ey/ die gro&#x017F;&#x017F;en Nutzen &#x017F;chaffe/ i&#x017F;t aus<lb/>
dem Unter&#x017F;chied abzunehmen/ welchen &#x017F;ie in der<lb/>
Weyde/ im Futter und im Wa&#x017F;&#x017F;er zumachen wi&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
worinnen &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t vor vielen &#x017F;cha&#x0364;dlichen verwah-<lb/>
ren/ und da&#x017F;&#x017F;elbe nicht angreiffen.</p><lb/>
                  <p>Hergegen i&#x017F;t es nicht gar zum be&#x017F;ten/ wann &#x017F;ie all-<lb/>
zu heigel &#x017F;eyn/ und man auff den Rei&#x017F;en/ oder im<lb/>
Krieg nicht alles haben kan/ &#x017F;o &#x017F;ie gern e&#x017F;&#x017F;en.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b">Der Geruch.</hi> </head><lb/>
                  <p>Von dem &#x017F;ubtilen Geruch der Pferde zeuget Gott<lb/>
&#x017F;elber/ und zwar daher/ daß &#x017F;ie den Streit von fernen<lb/>
riechen/ woraus denn die hohe Nothwendigkeit de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben um &#x017F;o viel mehr er&#x017F;cheinet/ als die Go&#x0364;ttliche<lb/>
Weißheit de&#x017F;&#x017F;en nicht vergeblich wird erwehnet ha-<lb/>
ben: der&#x017F;elbe kan zwar bey der Abrichtung das we-<lb/>
nig&#x017F;te thun.</p><lb/>
                  <p>Weil aber gleichwol aller Ge&#x017F;tanck den Pferden<lb/>
eben &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;dlich/ als zuwider i&#x017F;t/ kan es nicht in Zwei-<lb/>
fel gezogen werden/ daß die&#x017F;elbe durch lieblichen Ge-<lb/>
ruch eben &#x017F;o viel erlu&#x017F;tiget und erfri&#x017F;chet werden ko&#x0364;n-<lb/>
nen/ welches dann eine gro&#x017F;&#x017F;e Hu&#x0364;lffe in der Abrich-<lb/>
tung &#x017F;eynkan/ als &#x017F;ie im Gegentheil durch bo&#x0364;&#x017F;en Ge-<lb/>
&#x017F;tanck unlu&#x017F;tig gemachet werden/ welches die gantze<lb/>
Abrichtung hindern und vernichten kan.</p><lb/>
                  <p>Son&#x017F;t i&#x017F;t bey der Pferde &#x017F;ubtilen Geruch die&#x017F;er<lb/>
Nutzen/ daß &#x017F;ie aus dem&#x017F;elbigen ehe als der Men&#x017F;ch ei-<lb/>
ne obhabende Gefahr erkennen/ und de&#x017F;&#x017F;en durch Ge-<lb/>
ba&#x0364;rde/ Brau&#x017F;en und Zeichen ko&#x0364;ñen zuver&#x017F;tehen geben.</p><lb/>
                  <p>Hergegen kan da&#x017F;&#x017F;elbe auch in andere Wege &#x017F;cha&#x0364;d-<lb/>
lich &#x017F;eyn/ wann &#x017F;ie &#x017F;ich vor dem&#x017F;elben &#x017F;cheuen/ ent&#x017F;etzen/<lb/>
und nicht gern dahin wollen/ da &#x017F;ie da&#x017F;&#x017F;elbe von ferne<lb/>
riechen/ unter welchen &#x017F;ie ein todtes Aaß viel ehe ver<lb/>
nehmen/ als &#x017F;ie de&#x017F;&#x017F;en an&#x017F;ichtig werden.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b">Stimm oder Lachen.</hi> </head><lb/>
                  <p>Wann GOtt nicht &#x017F;elb&#x017F;t die Stimme oder lachen-<lb/>
des Ruffen der Pferde unter die vornehm&#x017F;te Haupt-<lb/><cb/>
Eigen&#x017F;chafften und ho&#x0364;ch&#x017F;te Zierde eines edlen Pfer-<lb/>
des/ und zwar zuer&#x017F;t an die Spitzen ge&#x017F;etzet/ ha&#x0364;tte man<lb/>
&#x017F;olches billich nicht &#x017F;o hoch zu achten. Wie aber<lb/>
hierdurch des Pferdes ge&#x017F;under Wol&#x017F;tand und fri-<lb/>
&#x017F;cher Muth auch einiges Verlangen nach &#x017F;einer Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chafft daraus abzunehmen: &#x017F;o i&#x017F;t es dem men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Geho&#x0364;r/ &#x017F;onderlich der Liebhaber Ohren eine<lb/>
&#x017F;onderliche Erqvickung/ da&#x017F;&#x017F;elbe offtmahls zuho&#x0364;ren/<lb/>
wie die Pferd gleich&#x017F;amb dadurch mit einander &#x017F;pre-<lb/>
chen/ fragen/ gru&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und antworten.</p><lb/>
                  <p>Es kan auch ein verlohrnes Pferd durch &#x017F;eine<lb/>
Stimme am leichte&#x017F;ten ge&#x017F;uchet und gefunden/ wie-<lb/>
wol auch in heimlichen Ge&#x017F;cha&#x0364;fften verrathen werden/<lb/>
wofu&#x0364;r man etliche Ku&#x0364;n&#x017F;te zu haben vermeinet/ welche<lb/>
zu Zeiten aber nicht durchgehend/ bey ein oder dem an-<lb/>
dern/ aber nicht bey allen Pferden etwas helffen mo&#x0364;-<lb/>
gen/ &#x017F;onderlich ko&#x0364;nnen &#x017F;ich die jungen/ wann &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
verirren oder verlauffen/ am be&#x017F;ten nach den&#x017F;elben<lb/>
richten/ auch die Men&#x017F;chen nicht weniger bey der<lb/>
Nacht de&#x017F;&#x017F;en gro&#x017F;&#x017F;en Vortel haben/ wann &#x017F;ie ihrer be-<lb/>
kandten Pferde Stimme von der frembden zu unter-<lb/>
&#x017F;cheiden wi&#x017F;&#x017F;en/ welches durch langwu&#x0364;hrige Erfah-<lb/>
rung und flei&#x017F;&#x017F;iges Auffmercken wol ge&#x017F;chehen kan.</p><lb/>
                  <p>Ob gleich die guten Eigen&#x017F;chafften noch mehr an-<lb/>
zufu&#x0364;hren wa&#x0364;ren/ wann man &#x017F;ie &#x017F;charff durch&#x017F;uchen<lb/>
wolte/ &#x017F;o wird doch einem Liebhaber die&#x017F;es verhoffent-<lb/>
lich ein Gnu&#x0364;gen lei&#x017F;ten/ oder doch der andern in et-<lb/>
was erinnern.</p>
                </div>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head><hi rendition="#b">Hierauff folgen die Ma&#x0364;ngel<lb/>
und La&#x017F;ter/ worunter 1. die Erblichen/</hi><lb/>
2. die Haupt-Ma&#x0364;ngel/ 3. gemeinen oder ge-<lb/>
ringen: Und wiederumb welche doppelt oder mehr-<lb/>
fa&#x0364;ltig und &#x017F;cha&#x0364;dlich/ denen einfach-&#x017F;cha&#x0364;dlichen<lb/>
vorgehen.</head><lb/>
                <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Die a&#x0364;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;erliche Ge&#x017F;talt i&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;n/<lb/>
mittelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig oder heßlich.</hi> </hi> </p><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b">Scho&#x0364;nheit.</hi> </head><lb/>
                  <list>
                    <item>1. Die Scho&#x0364;nheit be&#x017F;tehet in der guten zu&#x017F;ammen<lb/>
&#x017F;timmenden Proportion des gantzen Leibes.</item><lb/>
                    <item>2. Wann alle &#x017F;onderliche Theil und Glieder wol<lb/>
formiret.</item><lb/>
                    <item>3. Recht an einander halten und zu&#x017F;ammen ge&#x017F;etzet.</item><lb/>
                    <item>4. Gar keines oder wenig unproportionirte darun-<lb/>
ter &#x017F;eyn.</item><lb/>
                    <item>5. Welche (nicht von den principal&#x017F;ten/ &#x017F;ondern<lb/>
von denen/ &#x017F;o man am wenig&#x017F;ten &#x017F;iehet oder achtet/)<lb/>
vollkommen &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;eyn.</item><lb/>
                    <item>6. Wann der mei&#x017F;te Theil gut/ und der wenig&#x017F;te<lb/>
&#x017F;chlecht i&#x017F;t.</item><lb/>
                    <item>7. Wann die vornehm&#x017F;ten gar &#x017F;cho&#x0364;n/ und die ge-<lb/>
ringere mittela&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig.</item><lb/>
                    <item>8. Wann es nicht zu groß i&#x017F;t.</item><lb/>
                    <item>9. Wann es nicht zu klein i&#x017F;t.<lb/>
&#x017F;ondern recht mittelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig.</item><lb/>
                    <item>10. Wol gefa&#x0364;rbt.</item><lb/>
                    <item>11. Wol gezeichnet.</item><lb/>
                    <item>12. Zart.</item><lb/>
                    <item>13. Rein.</item>
                  </list><lb/>
                  <fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. M</fw>
                  <fw place="bottom" type="catch">Jn-</fw><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0095] Pferde-Schatz. verhaltens annehmlich ſeyn/ und um derſelben Wil- len weitern Gehorſam bezeigen: ſonderlich wann ihnen daſſelbe nach der Proportion ihres Gehorſams zukommet/ in der rechten Zeit und Art/ worinnen ſie ſich deſſen noch erinnern koͤnnen. Hergegen kan ein Pferd mit deſſen Entziehung hart geqvaͤlet und geſtraffet werden/ wann in gleicher Zeit und Ort ſambt dem Grad des Verbrechens Gleichheit zum oͤfftern in acht genommen wird/ wo- durch ſie ehe gedemuͤthiget und geſchwaͤchet/ als ver- zweifelt/ rachgierig/ zornig/ oder verwirret werden koͤnnen. Wie vielmehr werden ſie eine Liebs-oder Verſiche- rungs-Bezeigung annehmen/ wann ihnen auff jedes Wolverhalten gleich etwas beſſers und wolſchmek- kendes/ als ſein gemeines Futter auff der Stell gege- ben/ wodurch es zu der Hoffnung/ daß es nie unbeloh- net arbeitet/ gebracht wird/ welches nicht gering en Nuzzen ſchaffet. Wie aber dieſe Eigenſchafft durch allerley Zufaͤlle bey den Pferden auch erligen/ und den natuͤrlichen Luſt benehmen/ wie man auch ſolches verbeſſern kan/ iſt bey der Artzney erwehnet. Daß aber der Unterſchied in dem Geſchmack eine natuͤrliche Gabe ſey/ die groſſen Nutzen ſchaffe/ iſt aus dem Unterſchied abzunehmen/ welchen ſie in der Weyde/ im Futter und im Waſſer zumachen wiſſen/ worinnen ſie ſich ſelbſt vor vielen ſchaͤdlichen verwah- ren/ und daſſelbe nicht angreiffen. Hergegen iſt es nicht gar zum beſten/ wann ſie all- zu heigel ſeyn/ und man auff den Reiſen/ oder im Krieg nicht alles haben kan/ ſo ſie gern eſſen. Der Geruch. Von dem ſubtilen Geruch der Pferde zeuget Gott ſelber/ und zwar daher/ daß ſie den Streit von fernen riechen/ woraus denn die hohe Nothwendigkeit deſ- ſelben um ſo viel mehr erſcheinet/ als die Goͤttliche Weißheit deſſen nicht vergeblich wird erwehnet ha- ben: derſelbe kan zwar bey der Abrichtung das we- nigſte thun. Weil aber gleichwol aller Geſtanck den Pferden eben ſo ſchaͤdlich/ als zuwider iſt/ kan es nicht in Zwei- fel gezogen werden/ daß dieſelbe durch lieblichen Ge- ruch eben ſo viel erluſtiget und erfriſchet werden koͤn- nen/ welches dann eine groſſe Huͤlffe in der Abrich- tung ſeynkan/ als ſie im Gegentheil durch boͤſen Ge- ſtanck unluſtig gemachet werden/ welches die gantze Abrichtung hindern und vernichten kan. Sonſt iſt bey der Pferde ſubtilen Geruch dieſer Nutzen/ daß ſie aus demſelbigen ehe als der Menſch ei- ne obhabende Gefahr erkennen/ und deſſen durch Ge- baͤrde/ Brauſen und Zeichen koͤñen zuverſtehen geben. Hergegen kan daſſelbe auch in andere Wege ſchaͤd- lich ſeyn/ wann ſie ſich vor demſelben ſcheuen/ entſetzen/ und nicht gern dahin wollen/ da ſie daſſelbe von ferne riechen/ unter welchen ſie ein todtes Aaß viel ehe ver nehmen/ als ſie deſſen anſichtig werden. Stimm oder Lachen. Wann GOtt nicht ſelbſt die Stimme oder lachen- des Ruffen der Pferde unter die vornehmſte Haupt- Eigenſchafften und hoͤchſte Zierde eines edlen Pfer- des/ und zwar zuerſt an die Spitzen geſetzet/ haͤtte man ſolches billich nicht ſo hoch zu achten. Wie aber hierdurch des Pferdes geſunder Wolſtand und fri- ſcher Muth auch einiges Verlangen nach ſeiner Ge- ſellſchafft daraus abzunehmen: ſo iſt es dem menſch- lichen Gehoͤr/ ſonderlich der Liebhaber Ohren eine ſonderliche Erqvickung/ daſſelbe offtmahls zuhoͤren/ wie die Pferd gleichſamb dadurch mit einander ſpre- chen/ fragen/ gruͤſſen und antworten. Es kan auch ein verlohrnes Pferd durch ſeine Stimme am leichteſten geſuchet und gefunden/ wie- wol auch in heimlichen Geſchaͤfften verrathen werden/ wofuͤr man etliche Kuͤnſte zu haben vermeinet/ welche zu Zeiten aber nicht durchgehend/ bey ein oder dem an- dern/ aber nicht bey allen Pferden etwas helffen moͤ- gen/ ſonderlich koͤnnen ſich die jungen/ wann ſie ſich verirren oder verlauffen/ am beſten nach denſelben richten/ auch die Menſchen nicht weniger bey der Nacht deſſen groſſen Vortel haben/ wann ſie ihrer be- kandten Pferde Stimme von der frembden zu unter- ſcheiden wiſſen/ welches durch langwuͤhrige Erfah- rung und fleiſſiges Auffmercken wol geſchehen kan. Ob gleich die guten Eigenſchafften noch mehr an- zufuͤhren waͤren/ wann man ſie ſcharff durchſuchen wolte/ ſo wird doch einem Liebhaber dieſes verhoffent- lich ein Gnuͤgen leiſten/ oder doch der andern in et- was erinnern. Hierauff folgen die Maͤngel und Laſter/ worunter 1. die Erblichen/ 2. die Haupt-Maͤngel/ 3. gemeinen oder ge- ringen: Und wiederumb welche doppelt oder mehr- faͤltig und ſchaͤdlich/ denen einfach-ſchaͤdlichen vorgehen. Die aͤuͤſſerliche Geſtalt iſt ſchoͤn/ mittelmaͤſſig oder heßlich. Schoͤnheit. 1. Die Schoͤnheit beſtehet in der guten zuſammen ſtimmenden Proportion des gantzen Leibes. 2. Wann alle ſonderliche Theil und Glieder wol formiret. 3. Recht an einander halten und zuſammen geſetzet. 4. Gar keines oder wenig unproportionirte darun- ter ſeyn. 5. Welche (nicht von den principalſten/ ſondern von denen/ ſo man am wenigſten ſiehet oder achtet/) vollkommen ſchoͤn ſeyn. 6. Wann der meiſte Theil gut/ und der wenigſte ſchlecht iſt. 7. Wann die vornehmſten gar ſchoͤn/ und die ge- ringere mittelaͤſſig. 8. Wann es nicht zu groß iſt. 9. Wann es nicht zu klein iſt. ſondern recht mittelmaͤſſig. 10. Wol gefaͤrbt. 11. Wol gezeichnet. 12. Zart. 13. Rein. Jn- Erſter Theil. M

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/95
Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/95>, abgerufen am 24.11.2024.