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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Beweis.
in § 121, dass bei umkehrbarer Ausdehnung oder Compression
zweier Körper von gemeinsamer Temperatur, die untereinander,
aber nicht nach Aussen hin Wärme durch Leitung austauschen,
die Summe der Entropieen constant bleibt, und daran knüpfen
sich dann in ganz derselben Weise die entsprechenden Ueber-
legungen, so dass wir uns nun darauf beschränken können, gleich
das allgemeine Resultat auszusprechen: Es ist auf keinerlei
Weise möglich, die Entropie eines Systems von Körpern zu ver-
kleinern, ohne dass in anderen Körpern Aenderungen zurück-
bleiben. Wenn also irgend ein System von Körpern auf irgend
eine Weise, durch beliebige physikalische und chemische Aen-
derungen, in einen anderen Zustand übergegangen ist, ohne in
anderen Körpern Aenderungen zurückzulassen, so ist die Entropie
des Systems im Endzustand entweder grösser, oder, im Grenz-
fall, ebenso gross wie im Anfangszustand. Im ersten Fall ist
der Prozess irreversibel, im zweiten reversibel.

§ 133. Die bisher stets nothwendige Beschränkung, dass
in anderen Körpern keine Veränderungen zurückgeblieben sind,
lässt sich einfach dadurch aufheben, dass man alle von etwaigen
Veränderungen betroffenen Körper mit in das betrachtete System
hineinbezieht. Dann lautet der Satz folgendermassen: Jeder in
der Natur stattfindende physikalische und chemische Prozess
verläuft in der Art, dass die Summe der Entropieen sämmt-
licher an dem Prozess irgendwie betheiligten Körper vergrössert
wird. Im Grenzfall, für reversible Prozesse, bleibt jene Summe
ungeändert. Dies ist der allgemeinste Ausdruck des zweiten
Hauptsatzes der Wärmetheorie.

§ 134. Wie die Unmöglichkeit des perpetuum mobile erster
Art zum ersten Hauptsatz, dem Princip der Erhaltung der
Energie, führt, so hat uns die Unmöglichkeit des perpetuum
mobile zweiter Art zum zweiten Hauptsatz geführt, den wir
daher passend als das Princip der Vermehrung der En-
tropie
bezeichnen. Man kann diesem Princip in speziellen
Fällen noch andere Formen geben, welche für die praktische
Anwendung gewisse Vorzüge besitzen, besonders für isothermische
und isopiestische Prozesse. Wir werden diese Formen im
nächsten Capitel kennen lernen. Doch ist hier ausdrücklich zu
betonen, dass die hier gegebene Form unter allen die einzige
ist, welche sich ohne jede Beschränkung für jeden beliebigen

Beweis.
in § 121, dass bei umkehrbarer Ausdehnung oder Compression
zweier Körper von gemeinsamer Temperatur, die untereinander,
aber nicht nach Aussen hin Wärme durch Leitung austauschen,
die Summe der Entropieen constant bleibt, und daran knüpfen
sich dann in ganz derselben Weise die entsprechenden Ueber-
legungen, so dass wir uns nun darauf beschränken können, gleich
das allgemeine Resultat auszusprechen: Es ist auf keinerlei
Weise möglich, die Entropie eines Systems von Körpern zu ver-
kleinern, ohne dass in anderen Körpern Aenderungen zurück-
bleiben. Wenn also irgend ein System von Körpern auf irgend
eine Weise, durch beliebige physikalische und chemische Aen-
derungen, in einen anderen Zustand übergegangen ist, ohne in
anderen Körpern Aenderungen zurückzulassen, so ist die Entropie
des Systems im Endzustand entweder grösser, oder, im Grenz-
fall, ebenso gross wie im Anfangszustand. Im ersten Fall ist
der Prozess irreversibel, im zweiten reversibel.

§ 133. Die bisher stets nothwendige Beschränkung, dass
in anderen Körpern keine Veränderungen zurückgeblieben sind,
lässt sich einfach dadurch aufheben, dass man alle von etwaigen
Veränderungen betroffenen Körper mit in das betrachtete System
hineinbezieht. Dann lautet der Satz folgendermassen: Jeder in
der Natur stattfindende physikalische und chemische Prozess
verläuft in der Art, dass die Summe der Entropieen sämmt-
licher an dem Prozess irgendwie betheiligten Körper vergrössert
wird. Im Grenzfall, für reversible Prozesse, bleibt jene Summe
ungeändert. Dies ist der allgemeinste Ausdruck des zweiten
Hauptsatzes der Wärmetheorie.

§ 134. Wie die Unmöglichkeit des perpetuum mobile erster
Art zum ersten Hauptsatz, dem Princip der Erhaltung der
Energie, führt, so hat uns die Unmöglichkeit des perpetuum
mobile zweiter Art zum zweiten Hauptsatz geführt, den wir
daher passend als das Princip der Vermehrung der En-
tropie
bezeichnen. Man kann diesem Princip in speziellen
Fällen noch andere Formen geben, welche für die praktische
Anwendung gewisse Vorzüge besitzen, besonders für isothermische
und isopiestische Prozesse. Wir werden diese Formen im
nächsten Capitel kennen lernen. Doch ist hier ausdrücklich zu
betonen, dass die hier gegebene Form unter allen die einzige
ist, welche sich ohne jede Beschränkung für jeden beliebigen

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[93/0109] Beweis. in § 121, dass bei umkehrbarer Ausdehnung oder Compression zweier Körper von gemeinsamer Temperatur, die untereinander, aber nicht nach Aussen hin Wärme durch Leitung austauschen, die Summe der Entropieen constant bleibt, und daran knüpfen sich dann in ganz derselben Weise die entsprechenden Ueber- legungen, so dass wir uns nun darauf beschränken können, gleich das allgemeine Resultat auszusprechen: Es ist auf keinerlei Weise möglich, die Entropie eines Systems von Körpern zu ver- kleinern, ohne dass in anderen Körpern Aenderungen zurück- bleiben. Wenn also irgend ein System von Körpern auf irgend eine Weise, durch beliebige physikalische und chemische Aen- derungen, in einen anderen Zustand übergegangen ist, ohne in anderen Körpern Aenderungen zurückzulassen, so ist die Entropie des Systems im Endzustand entweder grösser, oder, im Grenz- fall, ebenso gross wie im Anfangszustand. Im ersten Fall ist der Prozess irreversibel, im zweiten reversibel. § 133. Die bisher stets nothwendige Beschränkung, dass in anderen Körpern keine Veränderungen zurückgeblieben sind, lässt sich einfach dadurch aufheben, dass man alle von etwaigen Veränderungen betroffenen Körper mit in das betrachtete System hineinbezieht. Dann lautet der Satz folgendermassen: Jeder in der Natur stattfindende physikalische und chemische Prozess verläuft in der Art, dass die Summe der Entropieen sämmt- licher an dem Prozess irgendwie betheiligten Körper vergrössert wird. Im Grenzfall, für reversible Prozesse, bleibt jene Summe ungeändert. Dies ist der allgemeinste Ausdruck des zweiten Hauptsatzes der Wärmetheorie. § 134. Wie die Unmöglichkeit des perpetuum mobile erster Art zum ersten Hauptsatz, dem Princip der Erhaltung der Energie, führt, so hat uns die Unmöglichkeit des perpetuum mobile zweiter Art zum zweiten Hauptsatz geführt, den wir daher passend als das Princip der Vermehrung der En- tropie bezeichnen. Man kann diesem Princip in speziellen Fällen noch andere Formen geben, welche für die praktische Anwendung gewisse Vorzüge besitzen, besonders für isothermische und isopiestische Prozesse. Wir werden diese Formen im nächsten Capitel kennen lernen. Doch ist hier ausdrücklich zu betonen, dass die hier gegebene Form unter allen die einzige ist, welche sich ohne jede Beschränkung für jeden beliebigen

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/109>, abgerufen am 23.11.2024.