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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie.
Existenz nur entweder in einer Unrichtigkeit unseres Ausgangs-
punktes: der Unmöglichkeit des perpetuum mobile zweiter Art,
oder in einem Mangel unserer Beweisführung begründet sein
kann. Den ersten Einwand haben wir schon am Anfang der
Beweisführung (§ 116) als berechtigt anerkannt, er lässt sich
durch keine Argumentation beseitigen. Der zweite Einwand aber,
der meistens darauf hinausläuft, dass zwar die praktische Un-
möglichkeit des perpetuum mobile zweiter Art zugegeben wird,
nicht aber die absolute, da wir eben mit unseren beschränkten
experimentellen Hilfsmitteln garnicht immer im Stande seien,
eintretenden Falls die in dem Beweisgang vorausgesetzten idealen
Processe zur wirklichen Construction eines perpetuum mobile
zweiter Art zu verwerthen, erweist sich bei näherer Untersuchung
als unstichhaltig. Denn es wäre ganz ungereimt, anzunehmen,
dass die Gültigkeit des zweiten Hauptsatzes irgendwie mit der
grösseren oder geringeren Ausbildung der Beobachtungs- bez.
Experimentirkunst des Physikers oder Chemikers zusammenhängt.
Der Inhalt des zweiten Hauptsatzes hat ja mit dem Experimen-
tiren gar nichts zu thun, er lautet in nuce: "Es existirt in der
Natur eine Grösse, welche bei allen in der Natur stattfindenden
Veränderungen sich immer nur in demselben Sinne ändert."
Dieser Satz, in dieser Allgemeinheit ausgesprochen, ist entweder
richtig oder falsch; aber er bleibt das, was er ist, ohne Rück-
sicht darauf, ob auf der Erde denkende und messende Wesen
existiren, und ob diese Wesen, wenn sie existiren, die Einzel-
heiten physikalischer oder chemischer Prozesse um eine, zwei
oder um hundert Decimalstellen genauer controliren können, als
wir das heute zu thun vermögen. Die Grenzen des Satzes, falls
sie überhaupt vorhanden sind, können nothwendig nur auf dem-
selben Gebiete liegen, wo auch sein Inhalt liegt: in der be-
obachteten Natur, und nicht im beobachtenden Menschen. Daran
ändert der Umstand nichts, dass wir uns zur Ableitung des Satzes
menschlicher Erfahrungen bedienen; das ist überhaupt der einzige
Weg für uns, um zur Erkenntniss von Naturgesetzen zu gelangen.
Sind sie einmal erkannt, so müssen sie auch als selbstständig
anerkannt werden, soweit wir überhaupt davon reden können,
dass ein Naturgesetz unabhängig vom denkenden Geiste Bestand
hat; und wer dies l[ - 1 Zeichen fehlt]ugnen wollte, müsste die Möglichkeit einer
Naturwissenschaft überhaupt l[ - 1 Zeichen fehlt]ugnen.

Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie.
Existenz nur entweder in einer Unrichtigkeit unseres Ausgangs-
punktes: der Unmöglichkeit des perpetuum mobile zweiter Art,
oder in einem Mangel unserer Beweisführung begründet sein
kann. Den ersten Einwand haben wir schon am Anfang der
Beweisführung (§ 116) als berechtigt anerkannt, er lässt sich
durch keine Argumentation beseitigen. Der zweite Einwand aber,
der meistens darauf hinausläuft, dass zwar die praktische Un-
möglichkeit des perpetuum mobile zweiter Art zugegeben wird,
nicht aber die absolute, da wir eben mit unseren beschränkten
experimentellen Hilfsmitteln garnicht immer im Stande seien,
eintretenden Falls die in dem Beweisgang vorausgesetzten idealen
Processe zur wirklichen Construction eines perpetuum mobile
zweiter Art zu verwerthen, erweist sich bei näherer Untersuchung
als unstichhaltig. Denn es wäre ganz ungereimt, anzunehmen,
dass die Gültigkeit des zweiten Hauptsatzes irgendwie mit der
grösseren oder geringeren Ausbildung der Beobachtungs- bez.
Experimentirkunst des Physikers oder Chemikers zusammenhängt.
Der Inhalt des zweiten Hauptsatzes hat ja mit dem Experimen-
tiren gar nichts zu thun, er lautet in nuce: „Es existirt in der
Natur eine Grösse, welche bei allen in der Natur stattfindenden
Veränderungen sich immer nur in demselben Sinne ändert.“
Dieser Satz, in dieser Allgemeinheit ausgesprochen, ist entweder
richtig oder falsch; aber er bleibt das, was er ist, ohne Rück-
sicht darauf, ob auf der Erde denkende und messende Wesen
existiren, und ob diese Wesen, wenn sie existiren, die Einzel-
heiten physikalischer oder chemischer Prozesse um eine, zwei
oder um hundert Decimalstellen genauer controliren können, als
wir das heute zu thun vermögen. Die Grenzen des Satzes, falls
sie überhaupt vorhanden sind, können nothwendig nur auf dem-
selben Gebiete liegen, wo auch sein Inhalt liegt: in der be-
obachteten Natur, und nicht im beobachtenden Menschen. Daran
ändert der Umstand nichts, dass wir uns zur Ableitung des Satzes
menschlicher Erfahrungen bedienen; das ist überhaupt der einzige
Weg für uns, um zur Erkenntniss von Naturgesetzen zu gelangen.
Sind sie einmal erkannt, so müssen sie auch als selbstständig
anerkannt werden, soweit wir überhaupt davon reden können,
dass ein Naturgesetz unabhängig vom denkenden Geiste Bestand
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Naturwissenschaft überhaupt l[ – 1 Zeichen fehlt]ugnen.

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[96/0112] Der zweite Hauptsatz der Wärmetheorie. Existenz nur entweder in einer Unrichtigkeit unseres Ausgangs- punktes: der Unmöglichkeit des perpetuum mobile zweiter Art, oder in einem Mangel unserer Beweisführung begründet sein kann. Den ersten Einwand haben wir schon am Anfang der Beweisführung (§ 116) als berechtigt anerkannt, er lässt sich durch keine Argumentation beseitigen. Der zweite Einwand aber, der meistens darauf hinausläuft, dass zwar die praktische Un- möglichkeit des perpetuum mobile zweiter Art zugegeben wird, nicht aber die absolute, da wir eben mit unseren beschränkten experimentellen Hilfsmitteln garnicht immer im Stande seien, eintretenden Falls die in dem Beweisgang vorausgesetzten idealen Processe zur wirklichen Construction eines perpetuum mobile zweiter Art zu verwerthen, erweist sich bei näherer Untersuchung als unstichhaltig. Denn es wäre ganz ungereimt, anzunehmen, dass die Gültigkeit des zweiten Hauptsatzes irgendwie mit der grösseren oder geringeren Ausbildung der Beobachtungs- bez. Experimentirkunst des Physikers oder Chemikers zusammenhängt. Der Inhalt des zweiten Hauptsatzes hat ja mit dem Experimen- tiren gar nichts zu thun, er lautet in nuce: „Es existirt in der Natur eine Grösse, welche bei allen in der Natur stattfindenden Veränderungen sich immer nur in demselben Sinne ändert.“ Dieser Satz, in dieser Allgemeinheit ausgesprochen, ist entweder richtig oder falsch; aber er bleibt das, was er ist, ohne Rück- sicht darauf, ob auf der Erde denkende und messende Wesen existiren, und ob diese Wesen, wenn sie existiren, die Einzel- heiten physikalischer oder chemischer Prozesse um eine, zwei oder um hundert Decimalstellen genauer controliren können, als wir das heute zu thun vermögen. Die Grenzen des Satzes, falls sie überhaupt vorhanden sind, können nothwendig nur auf dem- selben Gebiete liegen, wo auch sein Inhalt liegt: in der be- obachteten Natur, und nicht im beobachtenden Menschen. Daran ändert der Umstand nichts, dass wir uns zur Ableitung des Satzes menschlicher Erfahrungen bedienen; das ist überhaupt der einzige Weg für uns, um zur Erkenntniss von Naturgesetzen zu gelangen. Sind sie einmal erkannt, so müssen sie auch als selbstständig anerkannt werden, soweit wir überhaupt davon reden können, dass ein Naturgesetz unabhängig vom denkenden Geiste Bestand hat; und wer dies l_ugnen wollte, müsste die Möglichkeit einer Naturwissenschaft überhaupt l_ugnen.

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/112>, abgerufen am 23.11.2024.