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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände.
Wassermenge in beliebigen Aggregatzuständen bildet z. B. immer
einen einzigen unabhängigen Bestandtheil, mögen noch so viele
und verschiedenartige Associationen und Dissociationen der
H2O-Moleküle, sei es in Knallgas oder in Ionen, vorkommen.
Denn die Masse des Sauerstoffs ist durch die des Wasserstoffs,
oder umgekehrt, in jeder Phase von vorneherein bereits mit-
bestimmt. Nur wenn etwa im Dampfe Sauerstoff oder Wasser-
stoff im Ueberschuss vorhanden ist, tritt ein zweiter unabhängiger
Bestandtheil hinzu.

Eine wässerige Lösung von Schwefelsäure bildet ein System
von drei chemisch einfachen Stoffen: S, H, O, aber nur von
zwei unabhängigen Bestandtheilen, da die Masse des O durch
die von S und von H in jeder Phase (z. B. flüssige Lösung,
Dampf, Eis) von vorneherein mitbestimmt ist, während S und H
sich nicht in jeder Phase von vorneherein gegenseitig bestimmen.
Ob nun in der Lösung sich das Molekül H2SO4 irgendwie dissociirt
oder ob sich Molekülcomplexe oder Hydrate bilden oder nicht,
ändert an der Zahl der unabhängigen Bestandtheile des Systems
nichts.

§ 199. Bezeichnen wir die Zahl der unabhängigen Be-
standtheile eines Systems mit a, so ergibt sich aus der für diese
Zahl aufgestellten Definition unmittelbar, dass jede Phase des
Systems im Gleichgewichtszustand bestimmt ist durch die Masse
eines jeden der a in ihr enthaltenen unabhängigen Bestand-
theile, und ausserdem durch die Temperatur th und den Druck p.
Dabei nehmen wir der Gleichförmigkeit halber an, dass ein
jeder der a unabhängigen Bestandtheile in jede Phase des Systems
mit einer gewissen Menge eingeht, welche in speziellen Fällen
auch verschwindend klein sein kann. Die Wahl der Temperatur
und des Druckes als unabhängige Variable bedingt in der Form
der folgenden Gleichungen eine gewisse Abweichung von denen des
vorigen Capitels, wo neben der Temperatur das spezifische Vo-
lumen als unabhängige Variable diente. Doch ist hier die Ein-
führung des Drucks bequemer, weil derselbe im Gleichgewichts-
zustand allen frei aneinandergrenzenden Phasen des Systems
gemeinsam ist und deshalb auch in der Regel leichter gemessen
werden kann.

§ 200. Wir denken uns nun die Gesammtmassen der a
unabhängigen Bestandtheile des Systems: M1, M2, ... Ma als

Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände.
Wassermenge in beliebigen Aggregatzuständen bildet z. B. immer
einen einzigen unabhängigen Bestandtheil, mögen noch so viele
und verschiedenartige Associationen und Dissociationen der
H2O-Moleküle, sei es in Knallgas oder in Ionen, vorkommen.
Denn die Masse des Sauerstoffs ist durch die des Wasserstoffs,
oder umgekehrt, in jeder Phase von vorneherein bereits mit-
bestimmt. Nur wenn etwa im Dampfe Sauerstoff oder Wasser-
stoff im Ueberschuss vorhanden ist, tritt ein zweiter unabhängiger
Bestandtheil hinzu.

Eine wässerige Lösung von Schwefelsäure bildet ein System
von drei chemisch einfachen Stoffen: S, H, O, aber nur von
zwei unabhängigen Bestandtheilen, da die Masse des O durch
die von S und von H in jeder Phase (z. B. flüssige Lösung,
Dampf, Eis) von vorneherein mitbestimmt ist, während S und H
sich nicht in jeder Phase von vorneherein gegenseitig bestimmen.
Ob nun in der Lösung sich das Molekül H2SO4 irgendwie dissociirt
oder ob sich Molekülcomplexe oder Hydrate bilden oder nicht,
ändert an der Zahl der unabhängigen Bestandtheile des Systems
nichts.

§ 199. Bezeichnen wir die Zahl der unabhängigen Be-
standtheile eines Systems mit α, so ergibt sich aus der für diese
Zahl aufgestellten Definition unmittelbar, dass jede Phase des
Systems im Gleichgewichtszustand bestimmt ist durch die Masse
eines jeden der α in ihr enthaltenen unabhängigen Bestand-
theile, und ausserdem durch die Temperatur ϑ und den Druck p.
Dabei nehmen wir der Gleichförmigkeit halber an, dass ein
jeder der α unabhängigen Bestandtheile in jede Phase des Systems
mit einer gewissen Menge eingeht, welche in speziellen Fällen
auch verschwindend klein sein kann. Die Wahl der Temperatur
und des Druckes als unabhängige Variable bedingt in der Form
der folgenden Gleichungen eine gewisse Abweichung von denen des
vorigen Capitels, wo neben der Temperatur das spezifische Vo-
lumen als unabhängige Variable diente. Doch ist hier die Ein-
führung des Drucks bequemer, weil derselbe im Gleichgewichts-
zustand allen frei aneinandergrenzenden Phasen des Systems
gemeinsam ist und deshalb auch in der Regel leichter gemessen
werden kann.

§ 200. Wir denken uns nun die Gesammtmassen der α
unabhängigen Bestandtheile des Systems: M1, M2, … Mα als

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[164/0180] Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände. Wassermenge in beliebigen Aggregatzuständen bildet z. B. immer einen einzigen unabhängigen Bestandtheil, mögen noch so viele und verschiedenartige Associationen und Dissociationen der H2O-Moleküle, sei es in Knallgas oder in Ionen, vorkommen. Denn die Masse des Sauerstoffs ist durch die des Wasserstoffs, oder umgekehrt, in jeder Phase von vorneherein bereits mit- bestimmt. Nur wenn etwa im Dampfe Sauerstoff oder Wasser- stoff im Ueberschuss vorhanden ist, tritt ein zweiter unabhängiger Bestandtheil hinzu. Eine wässerige Lösung von Schwefelsäure bildet ein System von drei chemisch einfachen Stoffen: S, H, O, aber nur von zwei unabhängigen Bestandtheilen, da die Masse des O durch die von S und von H in jeder Phase (z. B. flüssige Lösung, Dampf, Eis) von vorneherein mitbestimmt ist, während S und H sich nicht in jeder Phase von vorneherein gegenseitig bestimmen. Ob nun in der Lösung sich das Molekül H2SO4 irgendwie dissociirt oder ob sich Molekülcomplexe oder Hydrate bilden oder nicht, ändert an der Zahl der unabhängigen Bestandtheile des Systems nichts. § 199. Bezeichnen wir die Zahl der unabhängigen Be- standtheile eines Systems mit α, so ergibt sich aus der für diese Zahl aufgestellten Definition unmittelbar, dass jede Phase des Systems im Gleichgewichtszustand bestimmt ist durch die Masse eines jeden der α in ihr enthaltenen unabhängigen Bestand- theile, und ausserdem durch die Temperatur ϑ und den Druck p. Dabei nehmen wir der Gleichförmigkeit halber an, dass ein jeder der α unabhängigen Bestandtheile in jede Phase des Systems mit einer gewissen Menge eingeht, welche in speziellen Fällen auch verschwindend klein sein kann. Die Wahl der Temperatur und des Druckes als unabhängige Variable bedingt in der Form der folgenden Gleichungen eine gewisse Abweichung von denen des vorigen Capitels, wo neben der Temperatur das spezifische Vo- lumen als unabhängige Variable diente. Doch ist hier die Ein- führung des Drucks bequemer, weil derselbe im Gleichgewichts- zustand allen frei aneinandergrenzenden Phasen des Systems gemeinsam ist und deshalb auch in der Regel leichter gemessen werden kann. § 200. Wir denken uns nun die Gesammtmassen der α unabhängigen Bestandtheile des Systems: M1, M2, … Mα als

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/180>, abgerufen am 26.11.2024.