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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie.
Das ist die Wärmetönung, welche der Verbindung von Kohlen-
säure und Natronlauge zu doppeltkohlensaurem Natron ent-
spricht, und die durch eine Messung von Berthelot direkt
constatirt wurde.

§ 102. Oft ist von zwei verschiedenen Wegen der Ueber-
führung der eine zur calorimetrischen Verwerthung besser ge-
eignet als der andere. So lässt sich die Wärmeentwicklung bei
der Zersetzung von Wasserstoffsuperoxyd in Wasser und Sauer-
stoff nicht gut direkt messen. Thomsen oxydirte daher eine
salzsaure Lösung von Zinnchlorür einmal mit Wasserstoff-
superoxyd:
(SnCl2 · 2 HCl aq) + (H2O2 aq) -- (SnCl4 aq) = 88800 cal.,
einmal mit Sauerstoffgas:
(SnCl2 · 2 HCl aq) + 1/2 {O2} -- (SnCl4 aq) = 65700 cal.
Die Differenz ergibt:
(H2O2 aq) -- 1/2 {O2} -- (aq) = 23100 cal.
als Wärmetönung bei der Zersetzung von gelöstem Wasserstoff-
superoxyd in gasförmigen Sauerstoff und Wasser.

§ 103. Die Bildungswärme des Kohlenoxydgases aus fester
Kohle und Sauerstoff lässt sich deshalb nicht direkt bestimmen,
weil Kohle niemals ganz zu Kohlenoxyd, sondern immer zum
Theil auch zu Kohlendioxyd verbrennt. Daher bestimmten
Favre und Silbermann erstens die Wärmetönung bei voll-
ständiger Verbrennung der Holzkohle:
[C] + {O2} -- {CO2} = 97000 cal.,
zweitens die Wärmetönung bei Verbrennung von Kohlenoxyd
zu Kohlendioxyd:
{CO} + 1/2 {O2} -- {CO2} = 68000 cal.
Daraus durch Subtraktion:
[C] + 1/2 {O2} -- {CO} = 29000 cal.,
die gesuchte Bildungswärme des Kohlenoxydgases.

§ 104. Hienach führt die Anwendung der Theorie auch
dazu, Wärmetönungen von Prozessen zu berechnen, die garnicht
direkt ausführbar sind. Denn sobald die Wärmefunktion eines
Systems auf irgend einem Wege gefunden worden ist, kann man
sie mit beliebigen anderen Wärmefunktionen in Vergleich
bringen.

Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie.
Das ist die Wärmetönung, welche der Verbindung von Kohlen-
säure und Natronlauge zu doppeltkohlensaurem Natron ent-
spricht, und die durch eine Messung von Berthelot direkt
constatirt wurde.

§ 102. Oft ist von zwei verschiedenen Wegen der Ueber-
führung der eine zur calorimetrischen Verwerthung besser ge-
eignet als der andere. So lässt sich die Wärmeentwicklung bei
der Zersetzung von Wasserstoffsuperoxyd in Wasser und Sauer-
stoff nicht gut direkt messen. Thomsen oxydirte daher eine
salzsaure Lösung von Zinnchlorür einmal mit Wasserstoff-
superoxyd:
(SnCl2 · 2 HCl aq) + (H2O2 aq) — (SnCl4 aq) = 88800 cal.,
einmal mit Sauerstoffgas:
(SnCl2 · 2 HCl aq) + ½ {O2} — (SnCl4 aq) = 65700 cal.
Die Differenz ergibt:
(H2O2 aq) — ½ {O2} — (aq) = 23100 cal.
als Wärmetönung bei der Zersetzung von gelöstem Wasserstoff-
superoxyd in gasförmigen Sauerstoff und Wasser.

§ 103. Die Bildungswärme des Kohlenoxydgases aus fester
Kohle und Sauerstoff lässt sich deshalb nicht direkt bestimmen,
weil Kohle niemals ganz zu Kohlenoxyd, sondern immer zum
Theil auch zu Kohlendioxyd verbrennt. Daher bestimmten
Favre und Silbermann erstens die Wärmetönung bei voll-
ständiger Verbrennung der Holzkohle:
[C] + {O2} — {CO2} = 97000 cal.,
zweitens die Wärmetönung bei Verbrennung von Kohlenoxyd
zu Kohlendioxyd:
{CO} + ½ {O2} — {CO2} = 68000 cal.
Daraus durch Subtraktion:
[C] + ½ {O2} — {CO} = 29000 cal.,
die gesuchte Bildungswärme des Kohlenoxydgases.

§ 104. Hienach führt die Anwendung der Theorie auch
dazu, Wärmetönungen von Prozessen zu berechnen, die garnicht
direkt ausführbar sind. Denn sobald die Wärmefunktion eines
Systems auf irgend einem Wege gefunden worden ist, kann man
sie mit beliebigen anderen Wärmefunktionen in Vergleich
bringen.

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[68/0084] Der erste Hauptsatz der Wärmetheorie. Das ist die Wärmetönung, welche der Verbindung von Kohlen- säure und Natronlauge zu doppeltkohlensaurem Natron ent- spricht, und die durch eine Messung von Berthelot direkt constatirt wurde. § 102. Oft ist von zwei verschiedenen Wegen der Ueber- führung der eine zur calorimetrischen Verwerthung besser ge- eignet als der andere. So lässt sich die Wärmeentwicklung bei der Zersetzung von Wasserstoffsuperoxyd in Wasser und Sauer- stoff nicht gut direkt messen. Thomsen oxydirte daher eine salzsaure Lösung von Zinnchlorür einmal mit Wasserstoff- superoxyd: (SnCl2 · 2 HCl aq) + (H2O2 aq) — (SnCl4 aq) = 88800 cal., einmal mit Sauerstoffgas: (SnCl2 · 2 HCl aq) + ½ {O2} — (SnCl4 aq) = 65700 cal. Die Differenz ergibt: (H2O2 aq) — ½ {O2} — (aq) = 23100 cal. als Wärmetönung bei der Zersetzung von gelöstem Wasserstoff- superoxyd in gasförmigen Sauerstoff und Wasser. § 103. Die Bildungswärme des Kohlenoxydgases aus fester Kohle und Sauerstoff lässt sich deshalb nicht direkt bestimmen, weil Kohle niemals ganz zu Kohlenoxyd, sondern immer zum Theil auch zu Kohlendioxyd verbrennt. Daher bestimmten Favre und Silbermann erstens die Wärmetönung bei voll- ständiger Verbrennung der Holzkohle: [C] + {O2} — {CO2} = 97000 cal., zweitens die Wärmetönung bei Verbrennung von Kohlenoxyd zu Kohlendioxyd: {CO} + ½ {O2} — {CO2} = 68000 cal. Daraus durch Subtraktion: [C] + ½ {O2} — {CO} = 29000 cal., die gesuchte Bildungswärme des Kohlenoxydgases. § 104. Hienach führt die Anwendung der Theorie auch dazu, Wärmetönungen von Prozessen zu berechnen, die garnicht direkt ausführbar sind. Denn sobald die Wärmefunktion eines Systems auf irgend einem Wege gefunden worden ist, kann man sie mit beliebigen anderen Wärmefunktionen in Vergleich bringen.

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/84>, abgerufen am 25.11.2024.