Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.VI. Der Löwin dient des Löwen Mähne nicht; Buntfarbig sonnt sich die Phaläne nicht; Der Schwan befurcht mit stolzem Hals den See, Doch hoch im Aether hausen Schwäne nicht; Die Rieselquelle murmelt angenehm, Doch Schiffe trägt sie nicht und Kähne nicht; An Dauer weicht die Rose dem Rubin, Ihn aber schmückt des Thaues Thräne nicht; Was suchst du mehr, als was du bist, zu seyn, Ein andres je zu werden, wähne nicht! VII. Nach lieblicherm Geschicke sehn' ich mich; Wie nach dem Stab die Wicke sehn' ich mich; Nach deines Mundes Duft, nach deines Haars Geringel am Genicke sehn' ich mich; Ich sehne mich, daß poche mir dein Herz, Daß mich dein Arm umstricke, sehn' ich mich; Du gehst, o Schönheit, mich so stolz vorbey, Nach einem zweyten Blicke sehn' ich mich. VI. Der Loͤwin dient des Loͤwen Maͤhne nicht; Buntfarbig ſonnt ſich die Phalaͤne nicht; Der Schwan befurcht mit ſtolzem Hals den See, Doch hoch im Aether hauſen Schwaͤne nicht; Die Rieſelquelle murmelt angenehm, Doch Schiffe traͤgt ſie nicht und Kaͤhne nicht; An Dauer weicht die Roſe dem Rubin, Ihn aber ſchmuͤckt des Thaues Thraͤne nicht; Was ſuchſt du mehr, als was du biſt, zu ſeyn, Ein andres je zu werden, waͤhne nicht! VII. Nach lieblicherm Geſchicke ſehn' ich mich; Wie nach dem Stab die Wicke ſehn' ich mich; Nach deines Mundes Duft, nach deines Haars Geringel am Genicke ſehn' ich mich; Ich ſehne mich, daß poche mir dein Herz, Daß mich dein Arm umſtricke, ſehn' ich mich; Du gehſt, o Schoͤnheit, mich ſo ſtolz vorbey, Nach einem zweyten Blicke ſehn' ich mich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0100" n="90"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">VI.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">D</hi>er Loͤwin dient des Loͤwen Maͤhne nicht;</l><lb/> <l>Buntfarbig ſonnt ſich die Phalaͤne nicht;</l><lb/> <l>Der Schwan befurcht mit ſtolzem Hals den See,</l><lb/> <l>Doch hoch im Aether hauſen Schwaͤne nicht;</l><lb/> <l>Die Rieſelquelle murmelt angenehm,</l><lb/> <l>Doch Schiffe traͤgt ſie nicht und Kaͤhne nicht;</l><lb/> <l>An Dauer weicht die Roſe dem Rubin,</l><lb/> <l>Ihn aber ſchmuͤckt des Thaues Thraͤne nicht;</l><lb/> <l>Was ſuchſt du mehr, als was du biſt, zu ſeyn,</l><lb/> <l>Ein andres je zu werden, waͤhne nicht!</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">VII.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">N</hi>ach lieblicherm Geſchicke ſehn' ich mich;</l><lb/> <l>Wie nach dem Stab die Wicke ſehn' ich mich;</l><lb/> <l>Nach deines Mundes Duft, nach deines Haars</l><lb/> <l>Geringel am Genicke ſehn' ich mich;</l><lb/> <l>Ich ſehne mich, daß poche mir dein Herz,</l><lb/> <l>Daß mich dein Arm umſtricke, ſehn' ich mich;</l><lb/> <l>Du gehſt, o Schoͤnheit, mich ſo ſtolz vorbey,</l><lb/> <l>Nach einem zweyten Blicke ſehn' ich mich.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0100]
VI.
Der Loͤwin dient des Loͤwen Maͤhne nicht;
Buntfarbig ſonnt ſich die Phalaͤne nicht;
Der Schwan befurcht mit ſtolzem Hals den See,
Doch hoch im Aether hauſen Schwaͤne nicht;
Die Rieſelquelle murmelt angenehm,
Doch Schiffe traͤgt ſie nicht und Kaͤhne nicht;
An Dauer weicht die Roſe dem Rubin,
Ihn aber ſchmuͤckt des Thaues Thraͤne nicht;
Was ſuchſt du mehr, als was du biſt, zu ſeyn,
Ein andres je zu werden, waͤhne nicht!
VII.
Nach lieblicherm Geſchicke ſehn' ich mich;
Wie nach dem Stab die Wicke ſehn' ich mich;
Nach deines Mundes Duft, nach deines Haars
Geringel am Genicke ſehn' ich mich;
Ich ſehne mich, daß poche mir dein Herz,
Daß mich dein Arm umſtricke, ſehn' ich mich;
Du gehſt, o Schoͤnheit, mich ſo ſtolz vorbey,
Nach einem zweyten Blicke ſehn' ich mich.
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/100>, abgerufen am 16.07.2024. |