Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.V. Sophokles. Dir ist's, o frommer Sophokles, gelungen, Den Punkt zu schau'n, wo Mensch und Gott sich scheidet, Und was in ird'sche Worte du gekleidet, Das ward, vom Himmel aus, dir vorgesungen! Du bist in's Innre dieser Welt gedrungen Und kennst zugleich, was auf der Fläche weidet: Was nur ein Menschenbusen hofft und leidet, Du sprachst es aus mit deinen tausend Zungen! Nie bist du kühl zur Nüchternheit versunken, Du sprühtest in erhabener Verschwendung Der goldnen Flamme lichte, dichte Funken! An dich erging die heil'ge, große Sendung, Du hast den Rausch der Poesie getrunken, Und schimmerst nun in strahlender Vollendung! V. Sophokles. Dir iſt's, o frommer Sophokles, gelungen, Den Punkt zu ſchau'n, wo Menſch und Gott ſich ſcheidet, Und was in ird'ſche Worte du gekleidet, Das ward, vom Himmel aus, dir vorgeſungen! Du biſt in's Innre dieſer Welt gedrungen Und kennſt zugleich, was auf der Flaͤche weidet: Was nur ein Menſchenbuſen hofft und leidet, Du ſprachſt es aus mit deinen tauſend Zungen! Nie biſt du kuͤhl zur Nuͤchternheit verſunken, Du ſpruͤhteſt in erhabener Verſchwendung Der goldnen Flamme lichte, dichte Funken! An dich erging die heil'ge, große Sendung, Du haſt den Rauſch der Poeſie getrunken, Und ſchimmerſt nun in ſtrahlender Vollendung! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0183" n="173"/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">V</hi>.<lb/><hi rendition="#g">Sophokles.</hi><lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>ir iſt's, o frommer Sophokles, gelungen,</l><lb/> <l>Den Punkt zu ſchau'n, wo Menſch und Gott ſich ſcheidet,</l><lb/> <l>Und was in ird'ſche Worte du gekleidet,</l><lb/> <l>Das ward, vom Himmel aus, dir vorgeſungen!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Du biſt in's Innre dieſer Welt gedrungen</l><lb/> <l>Und kennſt zugleich, was auf der Flaͤche weidet:</l><lb/> <l>Was nur ein Menſchenbuſen hofft und leidet,</l><lb/> <l>Du ſprachſt es aus mit deinen tauſend Zungen!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Nie biſt du kuͤhl zur Nuͤchternheit verſunken,</l><lb/> <l>Du ſpruͤhteſt in erhabener Verſchwendung</l><lb/> <l>Der goldnen Flamme lichte, dichte Funken!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>An dich erging die heil'ge, große Sendung,</l><lb/> <l>Du haſt den Rauſch der Poeſie getrunken,</l><lb/> <l>Und ſchimmerſt nun in ſtrahlender Vollendung!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [173/0183]
V.
Sophokles.
Dir iſt's, o frommer Sophokles, gelungen,
Den Punkt zu ſchau'n, wo Menſch und Gott ſich ſcheidet,
Und was in ird'ſche Worte du gekleidet,
Das ward, vom Himmel aus, dir vorgeſungen!
Du biſt in's Innre dieſer Welt gedrungen
Und kennſt zugleich, was auf der Flaͤche weidet:
Was nur ein Menſchenbuſen hofft und leidet,
Du ſprachſt es aus mit deinen tauſend Zungen!
Nie biſt du kuͤhl zur Nuͤchternheit verſunken,
Du ſpruͤhteſt in erhabener Verſchwendung
Der goldnen Flamme lichte, dichte Funken!
An dich erging die heil'ge, große Sendung,
Du haſt den Rauſch der Poeſie getrunken,
Und ſchimmerſt nun in ſtrahlender Vollendung!
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