Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.LII. Wenn ich so viele Kälte dir verzeihe, Geschieht's, indem ich bey mir selber sage: Er weiß ja nicht, wie sehr ich meiner Tage Zufriedenheit an seinen Namen reihe! Er weiß ja nicht, wie sehr ich ihm verleihe, Was Liebevolles ich im Herzen trage, Was gerne theilt des Lebens Lust und Plage, Ja, was dem Leben giebt die höchste Weihe! Du weißt es nicht, und soll ich dir's beschwören? O nein! Ich wage kaum, mit dir zu sprechen, Um nicht den Traum, der mich beglückt, zu stören. Wie sehr mich Schönheit auch und Reiz bestechen, So fürcht' ich doch, sie könnten mich bethören, Es könnte doch an Liebe dir gebrechen! LII. Wenn ich ſo viele Kaͤlte dir verzeihe, Geſchieht's, indem ich bey mir ſelber ſage: Er weiß ja nicht, wie ſehr ich meiner Tage Zufriedenheit an ſeinen Namen reihe! Er weiß ja nicht, wie ſehr ich ihm verleihe, Was Liebevolles ich im Herzen trage, Was gerne theilt des Lebens Luſt und Plage, Ja, was dem Leben giebt die hoͤchſte Weihe! Du weißt es nicht, und ſoll ich dir's beſchwoͤren? O nein! Ich wage kaum, mit dir zu ſprechen, Um nicht den Traum, der mich begluͤckt, zu ſtoͤren. Wie ſehr mich Schoͤnheit auch und Reiz beſtechen, So fuͤrcht' ich doch, ſie koͤnnten mich bethoͤren, Es koͤnnte doch an Liebe dir gebrechen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0230" n="220"/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">LII</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">W</hi>enn ich ſo viele Kaͤlte dir verzeihe,</l><lb/> <l>Geſchieht's, indem ich bey mir ſelber ſage:</l><lb/> <l>Er weiß ja nicht, wie ſehr ich meiner Tage</l><lb/> <l>Zufriedenheit an ſeinen Namen reihe!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Er weiß ja nicht, wie ſehr ich ihm verleihe,</l><lb/> <l>Was Liebevolles ich im Herzen trage,</l><lb/> <l>Was gerne theilt des Lebens Luſt und Plage,</l><lb/> <l>Ja, was dem Leben giebt die hoͤchſte Weihe!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Du weißt es nicht, und ſoll ich dir's beſchwoͤren?</l><lb/> <l>O nein! Ich wage kaum, mit dir zu ſprechen,</l><lb/> <l>Um nicht den Traum, der mich begluͤckt, zu ſtoͤren.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Wie ſehr mich Schoͤnheit auch und Reiz beſtechen,</l><lb/> <l>So fuͤrcht' ich doch, ſie koͤnnten mich bethoͤren,</l><lb/> <l>Es koͤnnte doch an Liebe dir gebrechen!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [220/0230]
LII.
Wenn ich ſo viele Kaͤlte dir verzeihe,
Geſchieht's, indem ich bey mir ſelber ſage:
Er weiß ja nicht, wie ſehr ich meiner Tage
Zufriedenheit an ſeinen Namen reihe!
Er weiß ja nicht, wie ſehr ich ihm verleihe,
Was Liebevolles ich im Herzen trage,
Was gerne theilt des Lebens Luſt und Plage,
Ja, was dem Leben giebt die hoͤchſte Weihe!
Du weißt es nicht, und ſoll ich dir's beſchwoͤren?
O nein! Ich wage kaum, mit dir zu ſprechen,
Um nicht den Traum, der mich begluͤckt, zu ſtoͤren.
Wie ſehr mich Schoͤnheit auch und Reiz beſtechen,
So fuͤrcht' ich doch, ſie koͤnnten mich bethoͤren,
Es koͤnnte doch an Liebe dir gebrechen!
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