Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.XXXII. Wie rafft ich mich auf in der Nacht, in der Nacht, Und fühlte mich fürder gezogen, Die Gassen verließ ich, vom Wächter bewacht, Durchwandelte sacht In der Nacht, in der Nacht, Das Thor mit dem gothischen Bogen. Der Mühlbach rauschte durch felsigen Schacht, Ich lehnte mich über die Brücke, Tief unter mir nahm ich der Wogen in Acht Die wallten so sacht In der Nacht, in der Nacht, Doch wallte nicht eine zurücke. Es drehte sich oben, unzählig entfacht, Melodischer Wandel der Sterne, Mit ihnen der Mond in beruhigter Pracht, Sie funkelten sacht In der Nacht, in der Nacht, Durch täuschend entlegene Ferne. Ich blickte hinauf in der Nacht, in der Nacht, Ich blickte hinunter auf's Neue: O wehe, wie hast du die Tage verbracht, Nun stille du sacht In der Nacht, in der Nacht, Im pochenden Herzen die Reue! XXXII. Wie rafft ich mich auf in der Nacht, in der Nacht, Und fuͤhlte mich fuͤrder gezogen, Die Gaſſen verließ ich, vom Waͤchter bewacht, Durchwandelte ſacht In der Nacht, in der Nacht, Das Thor mit dem gothiſchen Bogen. Der Muͤhlbach rauſchte durch felſigen Schacht, Ich lehnte mich uͤber die Bruͤcke, Tief unter mir nahm ich der Wogen in Acht Die wallten ſo ſacht In der Nacht, in der Nacht, Doch wallte nicht eine zuruͤcke. Es drehte ſich oben, unzaͤhlig entfacht, Melodiſcher Wandel der Sterne, Mit ihnen der Mond in beruhigter Pracht, Sie funkelten ſacht In der Nacht, in der Nacht, Durch taͤuſchend entlegene Ferne. Ich blickte hinauf in der Nacht, in der Nacht, Ich blickte hinunter auf's Neue: O wehe, wie haſt du die Tage verbracht, Nun ſtille du ſacht In der Nacht, in der Nacht, Im pochenden Herzen die Reue! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0056" n="46"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">XXXII.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">W</hi>ie rafft ich mich auf in der Nacht, in der Nacht,</l><lb/> <l>Und fuͤhlte mich fuͤrder gezogen,</l><lb/> <l>Die Gaſſen verließ ich, vom Waͤchter bewacht,</l><lb/> <l>Durchwandelte ſacht</l><lb/> <l>In der Nacht, in der Nacht,</l><lb/> <l>Das Thor mit dem gothiſchen Bogen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Der Muͤhlbach rauſchte durch felſigen Schacht,</l><lb/> <l>Ich lehnte mich uͤber die Bruͤcke,</l><lb/> <l>Tief unter mir nahm ich der Wogen in Acht</l><lb/> <l>Die wallten ſo ſacht</l><lb/> <l>In der Nacht, in der Nacht,</l><lb/> <l>Doch wallte nicht eine zuruͤcke.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Es drehte ſich oben, unzaͤhlig entfacht,</l><lb/> <l>Melodiſcher Wandel der Sterne,</l><lb/> <l>Mit ihnen der Mond in beruhigter Pracht,</l><lb/> <l>Sie funkelten ſacht</l><lb/> <l>In der Nacht, in der Nacht,</l><lb/> <l>Durch taͤuſchend entlegene Ferne.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ich blickte hinauf in der Nacht, in der Nacht,</l><lb/> <l>Ich blickte hinunter auf's Neue:</l><lb/> <l>O wehe, wie haſt du die Tage verbracht,</l><lb/> <l>Nun ſtille du ſacht</l><lb/> <l>In der Nacht, in der Nacht,</l><lb/> <l>Im pochenden Herzen die Reue!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0056]
XXXII.
Wie rafft ich mich auf in der Nacht, in der Nacht,
Und fuͤhlte mich fuͤrder gezogen,
Die Gaſſen verließ ich, vom Waͤchter bewacht,
Durchwandelte ſacht
In der Nacht, in der Nacht,
Das Thor mit dem gothiſchen Bogen.
Der Muͤhlbach rauſchte durch felſigen Schacht,
Ich lehnte mich uͤber die Bruͤcke,
Tief unter mir nahm ich der Wogen in Acht
Die wallten ſo ſacht
In der Nacht, in der Nacht,
Doch wallte nicht eine zuruͤcke.
Es drehte ſich oben, unzaͤhlig entfacht,
Melodiſcher Wandel der Sterne,
Mit ihnen der Mond in beruhigter Pracht,
Sie funkelten ſacht
In der Nacht, in der Nacht,
Durch taͤuſchend entlegene Ferne.
Ich blickte hinauf in der Nacht, in der Nacht,
Ich blickte hinunter auf's Neue:
O wehe, wie haſt du die Tage verbracht,
Nun ſtille du ſacht
In der Nacht, in der Nacht,
Im pochenden Herzen die Reue!
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