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Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

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Die gute Constitutionskraft sichert geistige und körper-
liche Arbeitsfähigkeit und Widerstandskraft gegen die Schäd-
lichkeiten der Arbeit. Ihr Intelligenztheil zeigt den Haupt-
punkt bei aller Wirthschaft, das richtige Verhältniss zwischen
Kostenwerth und Gebrauchs-, bezw. Tauschwerth, zwischen
Ausgabe und Einnahme, vergrössert die Ergiebigkeit der
Arbeit und schützt vor dem Strafgesetz und sonstigen allzu
starken Conflicten mit Gesellschaft oder den Individuen.
Die moralischen Hemmungen leisten dieses Letztere eben-
falls, nur auf anderem Wege. Das richtige Verhältniss
altruistischer und egoistischer Neigungen sorgt für ein
günstiges, die Individual-Wirthschaft nicht beeinträchtigendes
Verhältniss zwischen den empfangenen Leistungen, wie sie
den Altruisten vielfach von den Nebenmenschen zu Theil
werden, und den Rückleistungen, die der Egoismus nicht
zu hoch ansteigen lässt. Es giebt natürlich auch genug
Fälle, wo ein ungemischter Egoismus -- auch ohne non-
selectorische Glücksmomente -- den grössten wirthschaft-
lichen Erfolg davonträgt, wie z. B. im Falle Jay Gould's,
allein für die grosse Masse trifft das wohl kaum zu, mindestens
muss ein gewisses Maass von Altruismus geheuchelt werden.
Was die Heuchelei anlangt, so weiss Jeder, dass oft genug,
abgesehen von den directen Lügen aus Habgier, von den
conventionellen Lügen bis zur groben Heuchelei alles auf-
gewandt wird, um den Anschauungsabstand von den Mit-
menschen nicht zu gross erscheinen zu lassen. Sonst würde
für einen Bewerber um wirthschaftliche Gunst die Gefahr
zu gross, von einem Anderen verdrängt zu werden, dessen
zur Schau getragene Meinungen in dem Gehirn des Gunst-
verleihers nicht so viele Reibungen verursachen.

Nebenbei gesagt, liegt hierin eine grosse und allge-
meine Entwürdigung, in die das heutige capitalistische System
die übergrosse Mehrzahl der Menschen hineinzwängt.

Die Ausmerzung nun in diesem wirthschaftlichen Kampf
um's Dasein besteht hauptsächlich aus Folgendem: erstens

Die gute Constitutionskraft sichert geistige und körper-
liche Arbeitsfähigkeit und Widerstandskraft gegen die Schäd-
lichkeiten der Arbeit. Ihr Intelligenztheil zeigt den Haupt-
punkt bei aller Wirthschaft, das richtige Verhältniss zwischen
Kostenwerth und Gebrauchs-, bezw. Tauschwerth, zwischen
Ausgabe und Einnahme, vergrössert die Ergiebigkeit der
Arbeit und schützt vor dem Strafgesetz und sonstigen allzu
starken Conflicten mit Gesellschaft oder den Individuen.
Die moralischen Hemmungen leisten dieses Letztere eben-
falls, nur auf anderem Wege. Das richtige Verhältniss
altruistischer und egoistischer Neigungen sorgt für ein
günstiges, die Individual-Wirthschaft nicht beeinträchtigendes
Verhältniss zwischen den empfangenen Leistungen, wie sie
den Altruisten vielfach von den Nebenmenschen zu Theil
werden, und den Rückleistungen, die der Egoismus nicht
zu hoch ansteigen lässt. Es giebt natürlich auch genug
Fälle, wo ein ungemischter Egoismus — auch ohne non-
selectorische Glücksmomente — den grössten wirthschaft-
lichen Erfolg davonträgt, wie z. B. im Falle Jay Gould’s,
allein für die grosse Masse trifft das wohl kaum zu, mindestens
muss ein gewisses Maass von Altruismus geheuchelt werden.
Was die Heuchelei anlangt, so weiss Jeder, dass oft genug,
abgesehen von den directen Lügen aus Habgier, von den
conventionellen Lügen bis zur groben Heuchelei alles auf-
gewandt wird, um den Anschauungsabstand von den Mit-
menschen nicht zu gross erscheinen zu lassen. Sonst würde
für einen Bewerber um wirthschaftliche Gunst die Gefahr
zu gross, von einem Anderen verdrängt zu werden, dessen
zur Schau getragene Meinungen in dem Gehirn des Gunst-
verleihers nicht so viele Reibungen verursachen.

Nebenbei gesagt, liegt hierin eine grosse und allge-
meine Entwürdigung, in die das heutige capitalistische System
die übergrosse Mehrzahl der Menschen hineinzwängt.

Die Ausmerzung nun in diesem wirthschaftlichen Kampf
um’s Dasein besteht hauptsächlich aus Folgendem: erstens

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[153/0173] Die gute Constitutionskraft sichert geistige und körper- liche Arbeitsfähigkeit und Widerstandskraft gegen die Schäd- lichkeiten der Arbeit. Ihr Intelligenztheil zeigt den Haupt- punkt bei aller Wirthschaft, das richtige Verhältniss zwischen Kostenwerth und Gebrauchs-, bezw. Tauschwerth, zwischen Ausgabe und Einnahme, vergrössert die Ergiebigkeit der Arbeit und schützt vor dem Strafgesetz und sonstigen allzu starken Conflicten mit Gesellschaft oder den Individuen. Die moralischen Hemmungen leisten dieses Letztere eben- falls, nur auf anderem Wege. Das richtige Verhältniss altruistischer und egoistischer Neigungen sorgt für ein günstiges, die Individual-Wirthschaft nicht beeinträchtigendes Verhältniss zwischen den empfangenen Leistungen, wie sie den Altruisten vielfach von den Nebenmenschen zu Theil werden, und den Rückleistungen, die der Egoismus nicht zu hoch ansteigen lässt. Es giebt natürlich auch genug Fälle, wo ein ungemischter Egoismus — auch ohne non- selectorische Glücksmomente — den grössten wirthschaft- lichen Erfolg davonträgt, wie z. B. im Falle Jay Gould’s, allein für die grosse Masse trifft das wohl kaum zu, mindestens muss ein gewisses Maass von Altruismus geheuchelt werden. Was die Heuchelei anlangt, so weiss Jeder, dass oft genug, abgesehen von den directen Lügen aus Habgier, von den conventionellen Lügen bis zur groben Heuchelei alles auf- gewandt wird, um den Anschauungsabstand von den Mit- menschen nicht zu gross erscheinen zu lassen. Sonst würde für einen Bewerber um wirthschaftliche Gunst die Gefahr zu gross, von einem Anderen verdrängt zu werden, dessen zur Schau getragene Meinungen in dem Gehirn des Gunst- verleihers nicht so viele Reibungen verursachen. Nebenbei gesagt, liegt hierin eine grosse und allge- meine Entwürdigung, in die das heutige capitalistische System die übergrosse Mehrzahl der Menschen hineinzwängt. Die Ausmerzung nun in diesem wirthschaftlichen Kampf um’s Dasein besteht hauptsächlich aus Folgendem: erstens

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Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/173>, abgerufen am 21.11.2024.