Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

ganze Natur wird gemeinschaftlich bewirthschaftet, wobei
Jeder das Recht auf Arbeit gewährleistet bekommt. Die
erste, die Vertheilungs-Art war früher, wo die Productions-
mittel fast aus nichts weiter als aus Grund und Boden be-
standen, am Platze. Heutzutage wäre eine solche Ver-
theilung schwer, und jedenfalls theilweise nur indirect
denkbar, da eine grosse Zahl der Productionsmittel in
Fabriken, Minen, Eisenbahnen u. s. w. besteht.

Für unsere moderne Productionsweise in Grossbetrieben
scheint der zweite Modus, die Productionsmittel von Gesell-
schaftswegen zu bewirthschaften und Jedem das gleiche
Recht auf Arbeit und ihren Ertrag zu gewähren, nicht nur
einfacher, sondern auch durch die jetzige Entwickelung
anticipirt. Nur diese zweite, höchstens noch gemischte
Arten werden von den modernen Socialisten vertreten. Für
unsere Forderung ist es im Grunde genommen gleich, auf
welche Art jeder sein Recht an dem gleichen Antheil der
Benutzbarkeit der Productionsmittel bekommt. Voraus-
sichtlich würden die einzelnen Völker verschiedene Wege
einschlagen je nach dem Verhältniss zwischen ihrem
individualistischen Unabhängigkeitssinn und dem Streben,
viele Güter zu produziren. Allein immer müsste das Gemein-
Eigenthum an den Productionsmitteln wirklich bestehen
und diese in irgend einer Art jedem Einzelnen in annähernd
gleicher Weise zugänglich sein, so dass jeder Arbeitsfähige
in den Stand gesetzt würde, sich die Bedingungen seiner
Erhaltung zu schaffen.

Die dritte, die Versicherungs-Forderung, ist nicht minder
eine Consequenz des Princips der Gleichberechtigung.
Was nützt es mir, grollt der Kranke, der Krüppel, das
alte alleinstehende Mütterchen, wenn ich zwar gleichen
Antheil an dem Productiv-Eigenthum habe, allein nicht ge-
nügend Arbeitskraft, um ihn auszunutzen. Sollen sie sich
des Daseins freuen wie die Anderen und die gleiche
Fähigkeit haben, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und sich

ganze Natur wird gemeinschaftlich bewirthschaftet, wobei
Jeder das Recht auf Arbeit gewährleistet bekommt. Die
erste, die Vertheilungs-Art war früher, wo die Productions-
mittel fast aus nichts weiter als aus Grund und Boden be-
standen, am Platze. Heutzutage wäre eine solche Ver-
theilung schwer, und jedenfalls theilweise nur indirect
denkbar, da eine grosse Zahl der Productionsmittel in
Fabriken, Minen, Eisenbahnen u. s. w. besteht.

Für unsere moderne Productionsweise in Grossbetrieben
scheint der zweite Modus, die Productionsmittel von Gesell-
schaftswegen zu bewirthschaften und Jedem das gleiche
Recht auf Arbeit und ihren Ertrag zu gewähren, nicht nur
einfacher, sondern auch durch die jetzige Entwickelung
anticipirt. Nur diese zweite, höchstens noch gemischte
Arten werden von den modernen Socialisten vertreten. Für
unsere Forderung ist es im Grunde genommen gleich, auf
welche Art jeder sein Recht an dem gleichen Antheil der
Benutzbarkeit der Productionsmittel bekommt. Voraus-
sichtlich würden die einzelnen Völker verschiedene Wege
einschlagen je nach dem Verhältniss zwischen ihrem
individualistischen Unabhängigkeitssinn und dem Streben,
viele Güter zu produziren. Allein immer müsste das Gemein-
Eigenthum an den Productionsmitteln wirklich bestehen
und diese in irgend einer Art jedem Einzelnen in annähernd
gleicher Weise zugänglich sein, so dass jeder Arbeitsfähige
in den Stand gesetzt würde, sich die Bedingungen seiner
Erhaltung zu schaffen.

Die dritte, die Versicherungs-Forderung, ist nicht minder
eine Consequenz des Princips der Gleichberechtigung.
Was nützt es mir, grollt der Kranke, der Krüppel, das
alte alleinstehende Mütterchen, wenn ich zwar gleichen
Antheil an dem Productiv-Eigenthum habe, allein nicht ge-
nügend Arbeitskraft, um ihn auszunutzen. Sollen sie sich
des Daseins freuen wie die Anderen und die gleiche
Fähigkeit haben, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und sich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0226" n="206"/>
ganze Natur wird gemeinschaftlich bewirthschaftet, wobei<lb/>
Jeder das Recht auf Arbeit gewährleistet bekommt. Die<lb/>
erste, die Vertheilungs-Art war früher, wo die Productions-<lb/>
mittel fast aus nichts weiter als aus Grund und Boden be-<lb/>
standen, am Platze. Heutzutage wäre eine solche Ver-<lb/>
theilung schwer, und jedenfalls theilweise nur indirect<lb/>
denkbar, da eine grosse Zahl der Productionsmittel in<lb/>
Fabriken, Minen, Eisenbahnen u. s. w. besteht.</p><lb/>
          <p>Für unsere moderne Productionsweise in Grossbetrieben<lb/>
scheint der zweite Modus, die Productionsmittel von Gesell-<lb/>
schaftswegen zu bewirthschaften und Jedem das gleiche<lb/>
Recht auf Arbeit und ihren Ertrag zu gewähren, nicht nur<lb/>
einfacher, sondern auch durch die jetzige Entwickelung<lb/>
anticipirt. Nur diese zweite, höchstens noch gemischte<lb/>
Arten werden von den modernen Socialisten vertreten. Für<lb/>
unsere Forderung ist es im Grunde genommen gleich, auf<lb/>
welche Art jeder sein Recht an dem gleichen Antheil der<lb/>
Benutzbarkeit der Productionsmittel bekommt. Voraus-<lb/>
sichtlich würden die einzelnen Völker verschiedene Wege<lb/>
einschlagen je nach dem Verhältniss zwischen ihrem<lb/>
individualistischen Unabhängigkeitssinn und dem Streben,<lb/>
viele Güter zu produziren. Allein immer müsste das Gemein-<lb/>
Eigenthum an den Productionsmitteln wirklich bestehen<lb/>
und diese in irgend einer Art jedem Einzelnen in annähernd<lb/>
gleicher Weise zugänglich sein, so dass jeder Arbeitsfähige<lb/>
in den Stand gesetzt würde, sich die Bedingungen seiner<lb/>
Erhaltung zu schaffen.</p><lb/>
          <p>Die dritte, die Versicherungs-Forderung, ist nicht minder<lb/>
eine Consequenz des Princips der Gleichberechtigung.<lb/>
Was nützt es mir, grollt der Kranke, der Krüppel, das<lb/>
alte alleinstehende Mütterchen, wenn ich zwar gleichen<lb/>
Antheil an dem Productiv-Eigenthum habe, allein nicht ge-<lb/>
nügend Arbeitskraft, um ihn auszunutzen. Sollen sie sich<lb/>
des Daseins freuen wie die Anderen und die gleiche<lb/>
Fähigkeit haben, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und sich<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0226] ganze Natur wird gemeinschaftlich bewirthschaftet, wobei Jeder das Recht auf Arbeit gewährleistet bekommt. Die erste, die Vertheilungs-Art war früher, wo die Productions- mittel fast aus nichts weiter als aus Grund und Boden be- standen, am Platze. Heutzutage wäre eine solche Ver- theilung schwer, und jedenfalls theilweise nur indirect denkbar, da eine grosse Zahl der Productionsmittel in Fabriken, Minen, Eisenbahnen u. s. w. besteht. Für unsere moderne Productionsweise in Grossbetrieben scheint der zweite Modus, die Productionsmittel von Gesell- schaftswegen zu bewirthschaften und Jedem das gleiche Recht auf Arbeit und ihren Ertrag zu gewähren, nicht nur einfacher, sondern auch durch die jetzige Entwickelung anticipirt. Nur diese zweite, höchstens noch gemischte Arten werden von den modernen Socialisten vertreten. Für unsere Forderung ist es im Grunde genommen gleich, auf welche Art jeder sein Recht an dem gleichen Antheil der Benutzbarkeit der Productionsmittel bekommt. Voraus- sichtlich würden die einzelnen Völker verschiedene Wege einschlagen je nach dem Verhältniss zwischen ihrem individualistischen Unabhängigkeitssinn und dem Streben, viele Güter zu produziren. Allein immer müsste das Gemein- Eigenthum an den Productionsmitteln wirklich bestehen und diese in irgend einer Art jedem Einzelnen in annähernd gleicher Weise zugänglich sein, so dass jeder Arbeitsfähige in den Stand gesetzt würde, sich die Bedingungen seiner Erhaltung zu schaffen. Die dritte, die Versicherungs-Forderung, ist nicht minder eine Consequenz des Princips der Gleichberechtigung. Was nützt es mir, grollt der Kranke, der Krüppel, das alte alleinstehende Mütterchen, wenn ich zwar gleichen Antheil an dem Productiv-Eigenthum habe, allein nicht ge- nügend Arbeitskraft, um ihn auszunutzen. Sollen sie sich des Daseins freuen wie die Anderen und die gleiche Fähigkeit haben, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und sich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/226
Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/226>, abgerufen am 17.05.2024.