Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite
Daß aber dieß mein Drama nicht vollendet,
Daß ich am dritten Aufzug steh'n geblieben
Und Alles um mich schläft, betrübt mich tief,
Denn endlich wirkt's sogar auf's Publikum.
Jch bitt Euch: habt Geduld, es kann nicht fehlen,
Daß sich der Stoff vor Euch noch ganz entwirre;
Denn so, wie's jetzt steht, kann und darf's nicht bleiben;
Ein solch Fragment würd' nimmer Euch genügen.
Nicht denkbar ist ein ew'ger Schlaf; Erwachen
Jst jedem Schlummernden gewiß, denn geistig Leben
Verbürgt es durch die inn're Wesenheit:
Dem tiefsten Schlafe folgt einmal Erwachen.

Der Riese Schlafdorn, in Felle gekleidet mit hoher Nachtmütze,
mit einer Keule bewaffnet tritt aus seiner Höhle.
Schlafdorn.
Was predigst du wieder, alter Narr? Jch bin
deines Geleiers satt. Hör' einmal auf, wenn du
willst, daß ich gute Nachbarschaft halte. Entweder
fabelst du unverständlich Zeug oder klimperst auf
deiner alten Leyer. Du änderst ja doch Nichts an
der Geschichte. Dornröslein und Alles, was im
Königsschlosse lebte und webte, schläft ein für alle-
mal bis zum jüngsten Tag.
17
Daß aber dieß mein Drama nicht vollendet,
Daß ich am dritten Aufzug ſteh’n geblieben
Und Alles um mich ſchläft, betrübt mich tief,
Denn endlich wirkt’s ſogar auf’s Publikum.
Jch bitt Euch: habt Geduld, es kann nicht fehlen,
Daß ſich der Stoff vor Euch noch ganz entwirre;
Denn ſo, wie’s jetzt ſteht, kann und darf’s nicht bleiben;
Ein ſolch Fragment würd’ nimmer Euch genügen.
Nicht denkbar iſt ein ew’ger Schlaf; Erwachen
Jſt jedem Schlummernden gewiß, denn geiſtig Leben
Verbürgt es durch die inn’re Weſenheit:
Dem tiefſten Schlafe folgt einmal Erwachen.

Der Rieſe Schlafdorn, in Felle gekleidet mit hoher Nachtmütze,
mit einer Keule bewaffnet tritt aus ſeiner Höhle.
Schlafdorn.
Was predigſt du wieder, alter Narr? Jch bin
deines Geleiers ſatt. Hör’ einmal auf, wenn du
willſt, daß ich gute Nachbarſchaft halte. Entweder
fabelſt du unverſtändlich Zeug oder klimperſt auf
deiner alten Leyer. Du änderſt ja doch Nichts an
der Geſchichte. Dornröslein und Alles, was im
Königsſchloſſe lebte und webte, ſchläft ein für alle-
mal bis zum jüngſten Tag.
17
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#LAU">
            <p><pb facs="#f0263" n="257"/>
Daß aber dieß mein Drama nicht vollendet,<lb/>
Daß ich am dritten Aufzug &#x017F;teh&#x2019;n geblieben<lb/>
Und Alles um mich &#x017F;chläft, betrübt mich tief,<lb/>
Denn endlich wirkt&#x2019;s &#x017F;ogar auf&#x2019;s Publikum.<lb/>
Jch bitt Euch: habt Geduld, es kann nicht fehlen,<lb/>
Daß &#x017F;ich der Stoff vor Euch noch ganz entwirre;<lb/>
Denn &#x017F;o, wie&#x2019;s jetzt &#x017F;teht, kann und darf&#x2019;s nicht bleiben;<lb/>
Ein &#x017F;olch Fragment würd&#x2019; nimmer Euch genügen.<lb/>
Nicht denkbar i&#x017F;t ein ew&#x2019;ger Schlaf; Erwachen<lb/>
J&#x017F;t jedem Schlummernden gewiß, denn gei&#x017F;tig Leben<lb/>
Verbürgt es durch die inn&#x2019;re We&#x017F;enheit:<lb/>
Dem tief&#x017F;ten Schlafe folgt einmal Erwachen.</p><lb/>
            <stage> <hi rendition="#c">Der Rie&#x017F;e <hi rendition="#g">Schlafdorn,</hi> in Felle gekleidet mit hoher Nachtmütze,<lb/>
mit einer Keule bewaffnet tritt aus &#x017F;einer Höhle.</hi> </stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SCHLAF">
            <speaker> <hi rendition="#c">Schlafdorn.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Was predig&#x017F;t du wieder, alter Narr? Jch bin<lb/>
deines Geleiers &#x017F;att. Hör&#x2019; einmal auf, wenn du<lb/>
will&#x017F;t, daß ich gute Nachbar&#x017F;chaft halte. Entweder<lb/>
fabel&#x017F;t du unver&#x017F;tändlich Zeug oder klimper&#x017F;t auf<lb/>
deiner alten Leyer. Du änder&#x017F;t ja doch Nichts an<lb/>
der Ge&#x017F;chichte. Dornröslein und Alles, was im<lb/>
Königs&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;e lebte und webte, &#x017F;chläft ein für alle-<lb/>
mal bis zum jüng&#x017F;ten Tag.</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">17</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0263] Daß aber dieß mein Drama nicht vollendet, Daß ich am dritten Aufzug ſteh’n geblieben Und Alles um mich ſchläft, betrübt mich tief, Denn endlich wirkt’s ſogar auf’s Publikum. Jch bitt Euch: habt Geduld, es kann nicht fehlen, Daß ſich der Stoff vor Euch noch ganz entwirre; Denn ſo, wie’s jetzt ſteht, kann und darf’s nicht bleiben; Ein ſolch Fragment würd’ nimmer Euch genügen. Nicht denkbar iſt ein ew’ger Schlaf; Erwachen Jſt jedem Schlummernden gewiß, denn geiſtig Leben Verbürgt es durch die inn’re Weſenheit: Dem tiefſten Schlafe folgt einmal Erwachen. Der Rieſe Schlafdorn, in Felle gekleidet mit hoher Nachtmütze, mit einer Keule bewaffnet tritt aus ſeiner Höhle. Schlafdorn. Was predigſt du wieder, alter Narr? Jch bin deines Geleiers ſatt. Hör’ einmal auf, wenn du willſt, daß ich gute Nachbarſchaft halte. Entweder fabelſt du unverſtändlich Zeug oder klimperſt auf deiner alten Leyer. Du änderſt ja doch Nichts an der Geſchichte. Dornröslein und Alles, was im Königsſchloſſe lebte und webte, ſchläft ein für alle- mal bis zum jüngſten Tag. 17

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/263
Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/263>, abgerufen am 21.11.2024.