Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861.
Mann war ein halb Jahr krank und konnte sich nichts verdienen. Steinreich. Das ist nicht meine Schuld. Wenn ich nicht ein so gutes Herz hätte -- o weh wie drückt's mich wieder! -- so hätte ich ihn längst schon auspfän- den lassen. Mein gutes Herz wird mich noch ganz und gar ruiniren. Schreiber (für sich) O du Heuchler! (zu Steinreich) Also wirk- lich Herr Baron? Steinreich. Es bleibt dabei. Apropos! Vergeßen Sie nicht, mir wieder 300 Flaschen Champagner zu bestellen von der Qualität, die ich neulich probirt habe. Schreiber. Jch habe bereits an das Haus Clicot geschrie- ben. Hier ist noch ein kleines Gesuch der Wittwe Müller. Sie hat kein Bett mehr. Eine Lähmung der rechten Hand hindert sie zu nähen, so daß sie keinen Verdienst hat. Um Brod für ihre zwei Kin- der zu kaufen, gab sie ihr Bett her und liegt nun auf dem Stroh. Sie bittet nur um ein paar Tha- ler. Jhre Noth ist groß.
Mann war ein halb Jahr krank und konnte ſich nichts verdienen. Steinreich. Das iſt nicht meine Schuld. Wenn ich nicht ein ſo gutes Herz hätte — o weh wie drückt’s mich wieder! — ſo hätte ich ihn längſt ſchon auspfän- den laſſen. Mein gutes Herz wird mich noch ganz und gar ruiniren. Schreiber (für ſich) O du Heuchler! (zu Steinreich) Alſo wirk- lich Herr Baron? Steinreich. Es bleibt dabei. Apropos! Vergeßen Sie nicht, mir wieder 300 Flaſchen Champagner zu beſtellen von der Qualität, die ich neulich probirt habe. Schreiber. Jch habe bereits an das Haus Clicôt geſchrie- ben. Hier iſt noch ein kleines Geſuch der Wittwe Müller. Sie hat kein Bett mehr. Eine Lähmung der rechten Hand hindert ſie zu nähen, ſo daß ſie keinen Verdienſt hat. Um Brod für ihre zwei Kin- der zu kaufen, gab ſie ihr Bett her und liegt nun auf dem Stroh. Sie bittet nur um ein paar Tha- ler. Jhre Noth iſt groß. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#SCHR"> <p><pb facs="#f0033" n="13"/> Mann war ein halb Jahr krank und konnte ſich<lb/> nichts verdienen.</p> </sp><lb/> <sp who="#STEIN"> <speaker> <hi rendition="#c">Steinreich.</hi> </speaker><lb/> <p>Das iſt nicht <hi rendition="#g">meine</hi> Schuld. Wenn ich nicht<lb/> ein ſo gutes Herz hätte — o weh wie drückt’s mich<lb/> wieder! — ſo hätte ich ihn längſt ſchon auspfän-<lb/> den laſſen. Mein gutes Herz wird mich noch ganz<lb/> und gar ruiniren.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHR"> <speaker> <hi rendition="#c">Schreiber</hi> </speaker><lb/> <stage>(für ſich)</stage> <p>O du Heuchler!</p> <stage>(zu Steinreich)</stage> <p>Alſo wirk-<lb/> lich Herr Baron?</p> </sp><lb/> <sp who="#STEIN"> <speaker> <hi rendition="#c">Steinreich.</hi> </speaker><lb/> <p>Es bleibt dabei. Apropos! Vergeßen Sie nicht,<lb/> mir wieder 300 Flaſchen Champagner zu beſtellen<lb/> von der Qualität, die ich neulich probirt habe.</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHR"> <speaker> <hi rendition="#c">Schreiber.</hi> </speaker><lb/> <p>Jch habe bereits an das Haus Clic<hi rendition="#aq">ô</hi>t geſchrie-<lb/> ben. Hier iſt noch ein kleines Geſuch der Wittwe<lb/> Müller. Sie hat kein Bett mehr. Eine Lähmung<lb/> der rechten Hand hindert ſie zu nähen, ſo daß ſie<lb/> keinen Verdienſt hat. Um Brod für ihre zwei Kin-<lb/> der zu kaufen, gab ſie ihr Bett her und liegt nun<lb/> auf dem Stroh. Sie bittet nur um ein paar Tha-<lb/> ler. Jhre Noth iſt groß.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0033]
Mann war ein halb Jahr krank und konnte ſich
nichts verdienen.
Steinreich.
Das iſt nicht meine Schuld. Wenn ich nicht
ein ſo gutes Herz hätte — o weh wie drückt’s mich
wieder! — ſo hätte ich ihn längſt ſchon auspfän-
den laſſen. Mein gutes Herz wird mich noch ganz
und gar ruiniren.
Schreiber
(für ſich) O du Heuchler! (zu Steinreich) Alſo wirk-
lich Herr Baron?
Steinreich.
Es bleibt dabei. Apropos! Vergeßen Sie nicht,
mir wieder 300 Flaſchen Champagner zu beſtellen
von der Qualität, die ich neulich probirt habe.
Schreiber.
Jch habe bereits an das Haus Clicôt geſchrie-
ben. Hier iſt noch ein kleines Geſuch der Wittwe
Müller. Sie hat kein Bett mehr. Eine Lähmung
der rechten Hand hindert ſie zu nähen, ſo daß ſie
keinen Verdienſt hat. Um Brod für ihre zwei Kin-
der zu kaufen, gab ſie ihr Bett her und liegt nun
auf dem Stroh. Sie bittet nur um ein paar Tha-
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