Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 2. München, 1861.
und Ereignisse vorfallen, welche auch dem außer- ordentlichsten Verstande, wie z. B. dem meinigen, gebieten, still zu stehen oder vielmehr, weil ein vernünftiger Mann, wie der alte Soerates, wenn ich nicht irre, zu sagen pflegte, sagen muß: "Nun "stehen die Ochsen am Berge." Warum stehen aber die Ochsen am Berge? -- -- weil sie nicht hinauf- und hinüberkönnen. Jm vorliegenden Falle des bevorstehenden Weltunterganges steht aber mein Verstand still, weil er die Umwandlungen und Ver- wandlungen, welche in diesem Hause vorgegan- gen sind, nicht begreifen kann, ohne daß ich etwa dabei meiner Begriffscapacität zu nahe treten und meine Bescheidenheit unterschätzen wollte. Erstens: Jst mein Herr, vormals ein harter Mann, in einen weichherzigen Wohlthäter verwandelt worden! o Mirakel! Zweitens: Jst Fräulein Marie, welche seit einiger Zeit in Schmerz und Thränen zerflossen, ja beinah aufgelöst war, seit ein paar Tagen wie umgewandelt und einer Blume sozusagen, zu ver- gleichen, die halbverwelkt den Kopf hing und durch einen Sommerregen erfrischt, von Neuem aufblüht; drittens -- und dieses ist nicht minder außer- ordentlich verwunderlich -- hat der Todtengräber
und Ereigniſſe vorfallen, welche auch dem außer- ordentlichſten Verſtande, wie z. B. dem meinigen, gebieten, ſtill zu ſtehen oder vielmehr, weil ein vernünftiger Mann, wie der alte Soerates, wenn ich nicht irre, zu ſagen pflegte, ſagen muß: „Nun „ſtehen die Ochſen am Berge.‟ Warum ſtehen aber die Ochſen am Berge? — — weil ſie nicht hinauf- und hinüberkönnen. Jm vorliegenden Falle des bevorſtehenden Weltunterganges ſteht aber mein Verſtand ſtill, weil er die Umwandlungen und Ver- wandlungen, welche in dieſem Hauſe vorgegan- gen ſind, nicht begreifen kann, ohne daß ich etwa dabei meiner Begriffscapacität zu nahe treten und meine Beſcheidenheit unterſchätzen wollte. Erſtens: Jſt mein Herr, vormals ein harter Mann, in einen weichherzigen Wohlthäter verwandelt worden! o Mirakel! Zweitens: Jſt Fräulein Marie, welche ſeit einiger Zeit in Schmerz und Thränen zerfloſſen, ja beinah aufgelöst war, ſeit ein paar Tagen wie umgewandelt und einer Blume ſozuſagen, zu ver- gleichen, die halbverwelkt den Kopf hing und durch einen Sommerregen erfriſcht, von Neuem aufblüht; drittens — und dieſes iſt nicht minder außer- ordentlich verwunderlich — hat der Todtengräber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#BED"> <p><pb facs="#f0073" n="53"/> und Ereigniſſe vorfallen, welche auch dem außer-<lb/> ordentlichſten Verſtande, wie z. B. dem meinigen,<lb/> gebieten, ſtill zu ſtehen oder vielmehr, weil ein<lb/> vernünftiger Mann, wie der alte Soerates, wenn<lb/> ich nicht irre, zu ſagen pflegte, ſagen muß: „Nun<lb/> „ſtehen die Ochſen am Berge.‟ <hi rendition="#g">Warum</hi> ſtehen<lb/> aber die Ochſen am Berge? — — weil ſie nicht<lb/> hinauf- und hinüberkönnen. Jm vorliegenden Falle<lb/> des bevorſtehenden Weltunterganges ſteht aber mein<lb/> Verſtand ſtill, weil er die Umwandlungen und Ver-<lb/> wandlungen, welche in <hi rendition="#g">dieſem</hi> Hauſe vorgegan-<lb/> gen ſind, nicht begreifen kann, ohne daß ich etwa<lb/> dabei meiner Begriffscapacität zu nahe treten und<lb/> meine Beſcheidenheit unterſchätzen wollte. <hi rendition="#g">Erſtens:</hi><lb/> Jſt mein Herr, vormals ein harter Mann, in einen<lb/> weichherzigen Wohlthäter verwandelt worden! o<lb/> Mirakel! <hi rendition="#g">Zweitens:</hi> Jſt Fräulein Marie, welche<lb/> ſeit einiger Zeit in Schmerz und Thränen zerfloſſen,<lb/> ja beinah aufgelöst war, ſeit ein paar Tagen wie<lb/> umgewandelt und einer Blume ſozuſagen, zu ver-<lb/> gleichen, die halbverwelkt den Kopf hing und durch<lb/> einen Sommerregen erfriſcht, von Neuem aufblüht;<lb/><hi rendition="#g">drittens</hi> — und <hi rendition="#g">dieſes</hi> iſt nicht minder außer-<lb/> ordentlich verwunderlich — hat der Todtengräber<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0073]
und Ereigniſſe vorfallen, welche auch dem außer-
ordentlichſten Verſtande, wie z. B. dem meinigen,
gebieten, ſtill zu ſtehen oder vielmehr, weil ein
vernünftiger Mann, wie der alte Soerates, wenn
ich nicht irre, zu ſagen pflegte, ſagen muß: „Nun
„ſtehen die Ochſen am Berge.‟ Warum ſtehen
aber die Ochſen am Berge? — — weil ſie nicht
hinauf- und hinüberkönnen. Jm vorliegenden Falle
des bevorſtehenden Weltunterganges ſteht aber mein
Verſtand ſtill, weil er die Umwandlungen und Ver-
wandlungen, welche in dieſem Hauſe vorgegan-
gen ſind, nicht begreifen kann, ohne daß ich etwa
dabei meiner Begriffscapacität zu nahe treten und
meine Beſcheidenheit unterſchätzen wollte. Erſtens:
Jſt mein Herr, vormals ein harter Mann, in einen
weichherzigen Wohlthäter verwandelt worden! o
Mirakel! Zweitens: Jſt Fräulein Marie, welche
ſeit einiger Zeit in Schmerz und Thränen zerfloſſen,
ja beinah aufgelöst war, ſeit ein paar Tagen wie
umgewandelt und einer Blume ſozuſagen, zu ver-
gleichen, die halbverwelkt den Kopf hing und durch
einen Sommerregen erfriſcht, von Neuem aufblüht;
drittens — und dieſes iſt nicht minder außer-
ordentlich verwunderlich — hat der Todtengräber
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